Gruppensteuer

Bisher kaum Auslands-Verluste angerechnet

03.06.2010

Die von SPÖ und Grünen geforderte Reform der Gruppenbesteuerung dürfte weniger Geld bringen als bisher angenommen.

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© Niesner
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Darauf lassen Zahlen schließen, die Finanzminister Josef Pröll (V) in einer Anfragebeantwortung an den Grünen Abgeordneten Werner Kogler veröffentlicht hat. Demnach haben österreichische Konzerne bisher kaum Verluste von Auslandstöchtern steuerlich geltend gemacht. Die von der SPÖ genannten Einnahmen von 150 Mio. Euro durch eine Reform scheinen damit zu hoch angesetzt, wie auch der Finanzrechtler Werner Doralt - ein expliziter Kritiker der Gruppenbesteuerung - anmerkt.

Seit der Steuerreform 2005 können Konzerne die Verluste ihrer Tochterfirmen - auch jene von Auslandstöchtern - steuermindernd anrechnen. Die Verluste werden vom Konzerngewinn abgezogen, erst danach wird die an den Staat zu bezahlende Körperschaftssteuer berechnet. Bei einem Steuersatz von 25 Prozent liegt die maximale Steuerersparnis für die Konzerne daher bei bis zu einem Viertel der zugerechneten Verluste ihrer Töchter - vorausgesetzt, dass den Verlusten auch entsprechende Gewinne der Konzernmutter gegenüberstehen.

In Einzelfällen Ersparnis beachtlich

In Einzelfällen kann die Steuerersparnis durchaus beachtlich ausfallen, wie die (vom Finanzministerium anonymisierten) größten Fälle der letzten Jahre zeigen: Demnach hat sich 2005 eine Unternehmensgruppe 15 Mio. Euro an Körperschaftssteuer erspart, 2006 machte der größte Einzelfall 40 Mio. Euro aus und 2007 waren es 28 Mio. Euro. Den gesamten Steuerausfall beziffert das Finanzministerium mit 450 Mio. Euro.

Allerdings weist das Finanzministerium auch darauf hin, dass eine ersatzlose Streichung der Gruppenbesteuerung nicht möglich wäre. Seit einem einschlägigen Urteil des Europäischen Gerichtshofs von Ende 2005 muss zumindest ein Verlustausgleich innerhalb des EU-Raums möglich sein. Gänzlich gestrichen werden könnte also nur die Berücksichtigung der Verluste von Tochterfirmen in Drittstatten. Wie hoch diese in den letzten Jahren waren, ist aber auch dem Finanzministerium unbekannt.

Klar ist nur, dass der überwiegende Teil der österreichischen Unternehmensgruppen zugerechneten Verluste im EU-Raum angefallen ist. Denn insgesamt haben sich heimische Konzerne von 2005 bis 2007 jährlich zwischen 3,1 und 3,5 Mrd. Euro an Verlusten ihrer Tochterfirmen zurechnen lassen - davon aber nur 200 bis 400 Mio. Euro jährlich aus dem Ausland (inklusive EU-Staaten).

Kosten der "Firmenwertabschiebung"

Stark angestiegen sind in den ersten Jahren auch die Kosten der "Firmenwertabschreibung", also die steuerliche Förderung von Übernahmen: Seit 2005 können Unternehmen bis zu 50 Prozent der Kosten für den Kauf von Tochterfirmen auf 15 Jahre verteilt abschreiben. Im ersten Jahr kostete das zwei Mio. Euro, 2006 waren es schon 20 und 2007 30 Mio. Euro. Weil einmal geltend gemachte Abschreibungen 15 Jahre lang wirksam bleiben, ist für die kommenden Jahre ein weiterer Anstieg zu erwarten, heißt es dazu im Finanzministerium. Eine Prognose gibt es aber nicht.

SPÖ und Grüne bleiben trotz der neuen Zahlen des Finanzministeriums bei ihrer Forderung nach Reform de Gruppenbesteuerung. Auch der Finanzrechtler Werner Doralt plädiert für Beschränkungen sowie für die Abschaffung der ebenfalls 2005 eingeführten "Firmenwertabschreibung" (einer Art Steuerbonus für Firmenübernahmen). Die ÖVP sieht dagegen sowohl Gruppensteuer als auch Firmenwertabschreibung als "Standortfaktor" und will "im Interesse der Arbeitsplätze" daran festhalten.

Doralt stellt bei der Gruppensteuer vor allem die Anrechnung von Verlusten infrage, die bei Töchtern in Nicht-EU-Staaten anfallen. Hier hätten die Behörden kaum Kontrollmöglichkeiten. "Schon innerhalb der EU ist die Ermittlung des verrechenbaren Verlustes ein Problem. Noch schwieriger ist die Verrechnung von Verlusten zum Beispiel aus China", so Doralt. Außerdem sei Österreich auch innerhalb Europas großzügiger als von der EU vorgeschrieben. Die geringen Einnahmen seien daher kein Argument gegen eine Reform: "Kleinvieh macht auch Mist."

Abschaffung der Firmenwertabschreibung wichtiger

Wichtiger als die Reform der Gruppenbesteuerung wäre aus Doralts Sicht aber die Abschaffung der Firmenwertabschreibung. "De facto bedeutet die Firmenwertabschreibung eine Subventionierung des Beteiligungserwerbes durch den Fiskus", kritisiert Doralt. Er verweist auf die stark steigenden Kosten und bemängelt, dass der Staat mit den Firmenfusionen indirekt auch den damit einhergehenden Arbeitsplatzabbau fördere. Eine Streichung wäre freilich nur pro futuro möglich - bereits angemeldete Abschreibungen müssten weiter laufen ("Vertrauensschutz").

Auch die SPÖ verlangt weiterhin eine Reform der Gruppensteuer. Im Kanzleramt hieß es auf APA-Anfrage, man bleibe vorerst bei der Einnahmenschätzung von bis zu 150 Mio. Euro (inklusive Abschaffung der Firmenwertabschreibung). Schließlich habe sich die Zahl der Gruppen seit 2005 stark erhöht (laut Finanzministerium von 1.170 auf 2.789 im Jahr 2009). Außerdem hätten viele Firmen ihre Steuererklärungen noch nicht abgeschlossen. Die Zahlen für 2007 basieren beispielsweise erst auf einem Veranlagungsgrad von 70 Prozent.

Auch der Grüne Budgetsprecher Kogler fordert weiterhin eine Reform - konkret die Streichung der Anrechenbarkeit von Verlusten aus Nicht-EU-Ländern. "Auf Dauer lässt sich damit kein Budget sanieren", gesteht Kogler ein, der sich davon maximal rund 40 Mio. Euro an zusätzlichen Steuern erwartet. Aus "steuerhygienischen Gründen" sei die Reform aber nötig. Außerdem plädiert er angesichts der starken Kostendynamik ebenfalls für eine Streichung der Firmenwertabschreibung.

Finanzminister Josef Pröll (V) lehnt die Einschränkung der Gruppenbesteuerung und die Abschaffung der Firmenwertabschreibung dagegen ab. "Die Gruppenbesteuerung ist ein Standortfaktor, der viele Arbeitsplätze in Österreich erhalten hat oder nach Österreich gebracht hat", sagte Prölls Sprecher der APA. "Das zu ändern kostet auf jeden Fall Arbeitsplätze." Damit würde beispielsweise der Abzug der Osteuropazentrale der Bank-Austria-Mutter UniCredit aus Österreich drohen. Außerdem sei das von der SPÖ genannte Einnahmenvolumen aus der Reform unrealistisch. Angesichts der geringen Auslandsverluste sei klar, "dass das nicht lukrierbar ist".

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