Ex-OMV-Chef Rainer Seele steht vor allem wegen der milliardenschweren Russland-Abschreibungen des Konzerns in der Kritik. Außerdem wegen der jahrzehntelangen Gaslieferverträge mit Russland ohne Ausstiegsklausel
Bei der Hauptversammlung der teilstaatlichen OMV am 3. Juni will der Interessenverband für Anleger (IVA) gegen die Entlastung des 2021 zurückgetretenen Ex-OMV-Chefs Seele stimmen: wegen „Ungereimtheiten der Seele-Ära“.
Diese "Ungereimtheiten" gehörten aufgeklärt, so der IVA in einer Aussendung. Dazu sollten der neue OMV-Chef Alfred Stern sowie der Aufsichtsrat des teilstaatlichen Öl- und Gaskonzerns die GElegenheit bekommen.
Sonderprüfung oder Strafanzeige
„Einige Seele-Aktionen waren in der roten Zone. Erst jetzt erkennt man ihre Tragweite. Hier muss für Transparenz gesorgt werden – wenn nötig mit einer Sonderprüfung oder Strafanzeige“, so IVA-Vorstand Florian Beckermann. Wobei natürlich die Unschuldsvermutung gelte.
Millionenschwere Sondervereinbarung
In der Kritik der Aktionäre stehen eine Vielzahl an Punkten. So soll Seele u. a. „eine millionenschwere Sondervereinbarung zugunsten seines eigenen Ex-Compliance-Chefs Robert Eichler an Aufsichtsrat und Vorstand vorbei erwirkt haben“. „Das ist ein schwerwiegender Verdacht und muss dringend aufgeklärt werden“, so Beckermann und weiter: „unter diesen Umständen gilt es beispielsweise die Erlaubnis von Seeles Privatjet-Trips zu überprüfen“.
Russland-Geschäfte
Zudem fielen Milliardenabschreibungen für Unternehmenskäufe, Nord Stream 2 oder ein russisches Gasfeld in die Führungszeit von Seele, ebenso wie ein jahrzehntelanger Gasliefervertrag mit Russland ohne Ausstiegsklausel und Sponsoring für den russischen Fußballklub Zenit St. Petersburg in Höhe von insgesamt 25 Millionen Euro.
Von 2015 bis 2021 an OMV-Spitze
Der frühere Wintershall-Chef Seele stand von Mitte 2015 – damals war der Manager Siegfried Wolf, selbst mit engen Kontakten nach Russland, Aufsichtsratschef – bis zum Frühjahr 2021 an der Spitze von Österreichs größtem Industriekonzern. Unter seiner Führung hatte die OMV mit der Übernahme des Petrochemiekonzerns Borealis maßgeblich die Weichen Richtung Chemie gestellt und zuletzt ein Rekordergebnis eingefahren. Der gebürtige Deutsche stand aber auch zunehmend unter Druck. Neben internen Machtkämpfen über die Strategie machte ihm Kritik von Umweltschutzorganisationen zu schaffen.
Anlegerverband: ÖBAG soll aufklären
Der IVA fordert die Chefin der Staatsholding ÖBAG, Edith Hlawati, auf, sich für eine Aufklärung der Vorwürfe einzusetzen. "Die ÖBAG hat sich zum Ziel gesetzt, bei ihren Beteiligungsunternehmen einen hohen Standard der Corporate Governance sicherzustellen", begründet der IVA seine Forderung.
Hlawati wird sich bei der HV der Wahl in den Aufsichtsrat stellen. Die ÖBAG hält derzeit einen Anteil von rund einem Drittel (31,5 Prozent) an der OMV.