Buwog-Affäre wird zur Schlammschlacht um Grasser
07.10.2009
Die Causa Buwog wird zur Polit-Schlammschlacht. Karl-Heinz Grasser weist jede Schuld von sich. Jetzt rückt ein U-Ausschuss näher.
Der Verkauf der 62.000 Bundeswohnungen an die Immofinanz im Jahr 2004 um fast 1 Mrd. Euro wird zum Krimi. Gestern wehrte sich der massiv unter Druck geratene Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser in einer 90-minütigen Pressekonferenz. Er habe ein "supersauberes, reines Gewissen“ und sieht sich als "Opfer einer schiefen Optik“.
Freunderlwirtschaft bringt massive Vorwürfe
- Vorwurf 1: Grassers Ex-Mitarbeiter Michael Ramprecht behauptet, der Ex-Finanzminister
habe von Anfang an die Immofinanz als Käufer im Auge gehabt. Dieses Ziel
habe Ramprecht vom Immobilienmakler Ernst Karl Plech erfahren. Plech saß im
Buwog-Aufsichtsrat, in der Vergabekommission und spendete zuvor Geld für
Grassers umstrittene Homepage.
Grasser kontert: „Ich habe Plech
höchstens fünfmal im Jahr gesehen. Wenn Ramprecht am Gang des Ministeriums
von Plech, einer finanzministeriumsfremden Person, erfährt, ich würde Lehman
wollen, so stimmt das nicht. Ich hätte mir zumindest erwartet, dass
Ramprecht mit mir darüber spricht, was er nicht getan hat.“ Für Grasser –
der Ramprecht nun klagt – ist sein früherer Mitarbeiter „höchst
unglaubwürdig“. „Vergessen Sie ganz einfach wieder, was Ramprecht da
erzählt“, so Grasser. Ramprecht wiederum sieht der Klage Grassers „gelassen
entgegen“.
Vorwurf 2: Im Juni 2004 gab es, nachdem die CA Immo mit ihrem letzten
Kaufangebot vor der Immofinanz lag, plötzlich eine weitere Frist. Danach lag
die Immofinanz vorne.
Grasser kontert: „Ein Last und Final Offer ist
international üblich. Grund dafür war, dass das Angebot der CA Immo aufgrund
von sechs Besserungsscheinen nicht vergleichbar war.“
Vorwurf 3: Grasser wusste von der nicht versteuerten Provisionszahlung in
Höhe von 9,6 Mio. Euro der Immofinanz an seine Freunde Walter Meischberger
und Peter Hochegger.
Grasser kontert: "Wenn ich das gewusst hätte, hätte
ich die beiden hochkant aus dem Büro geworfen.“ Klar ist: Meischberger soll
noch diese Woche vorm Staatsanwalt aussagen.
Ruf nach U-Ausschuss wird nun immer lauter
Die Grünen pochen nun immer vehementer auf einer Aufklärung in einem Untersuchungsausschuss. Grünen-Chefin Eva Glawischnig sagt: „Der geforderte U-Ausschuss muss sich mit dem System Schwarz-Blau auseinandersetzen.“ Auch SP-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder will nun, dass „Licht ins Dunkel“ der Causa kommt.
ZEUGE RAMPRECHT GERÄT INS ZWIELICHT
Michael Ramprecht bringt
Ex-Minister Grasser unter Druck. Wer ist dieser Mann?
Jener Mann,
der Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser jetzt massiv belastet, zählte einst
zu dessen engsten Vertrauten. Grasser holte den Klagenfurter Controller in
sein erstes Kabinett. Mit 40 ist Ramprecht für das Budget zuständig und darf
sich als Mitverantwortlicher für das bejubelte Nulldefizit feiern lassen.
Grasser befördert seinen Schützling: Im April 2001 wird Ramprecht Aufsichtsrat der Asfinag (bis 2005), im Juni 2001 wechselt er als Geschäftsführer zur Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG). Ramprecht wird von Grasser 2002 auch zum Chef der Vergabekommission gemacht – die Lehman Brothers mit der Abwicklung des Verkaufs der Bundeswohnungen (Buwog) beauftragt.
Doch 2004 stolpert Ramprecht über peinliche Affären:
- Seine
Frau Caroline Ramprecht kauft 2002 ihre Wohnung in der Hietzinger
Hauptstraße 113 – von Ernst Karl Plech, einer der Schlüsselfiguren im
Grasser-Netzwerk und mit Ramprecht im Buwog-Aufsichtsrat. Der Streit um den
Kaufpreis beendet die Freundschaft zwischen Plech und Ramprecht. Die beiden
sind einander mittlerweile spinnefeind.
- l Im Juli 2004 bietet
Ramprecht im noblen Döbling eine Wohnung um 380.000 Euro an, will die
Provision aber „ohne Rechnung“. Skurril: Der renommierte Steuerrechtler
Werner Doralt interessiert sich als Käufer, wird stutzig – der Fall kommt
ins Rollen. Die Grünen decken das in einer parlamentarischen Anfrage auf.
Grasser steht erst hinter Ramprecht, lässt ihn aber fallen, als die Optik zu schief wird, und setzt ihn 2006 als Geschäftsführer bei der BBG ab. Seither sinnt Ramprecht offensichtlich auf Rache und wird zum „unguided missile“. In einem Mail an ehemalige Mitarbeiter im Finanzministerium droht er mit Enthüllungen und warnt: "Ich bin ein angeschossenes Raubtier und kann ganz, ganz unangenehm werden.“
Beruflich geht’s bergab mit Ramprecht, der als einer gilt, der überall verbrannte Erde hinterlässt. Er wird unter der Unternehmerfamilie Soravia Geschäftsführer der Kinderwelt Monopolis und scheitert auch damit. Die Soravias wollen heute nichts mehr von ihm wissen.
CHRONOLOGIE: DAS PROTOKOLL DES BUWOG-DEALS
4. Februar 2000: Karl-Heinz Grasser wird Finanzminister in der schwarz-blauen Koalition. Wichtiges Ziel ist dabei die Privatisierung von Staatsvermögen.
April 2000: Grasser holt Michael Ramprecht von Klagenfurt in sein Kabinett als Budgetexperten. Zu dieser Zeit macht Ramprecht Grasser auch den Vorschlag, die 62.000 Bundeswohnungen des Staates zu verkaufen. Ramprecht: „Er hat das Projekt bald als gut befunden. Dann habe ich das Projekt auf Schiene gebracht.“
Juni 2001: Ramprecht wechselt als Geschäftsführer zur Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG). Er ist bis Juli 2005 auch im Asfinag-Aufsichtsrat.
Jänner 2002: Start des ersten Vergabeverfahrens. Es soll eine Bank ausgewählt werden, die den Käufer aussucht. 19 Interessenten melden sich. Vorsitzender der Vergabekommission ist Ramprecht. Weiters dabei ist auch der Immobilienmakler Karl Plech. Honorare gibt es für die Berater in der Kommission:
21. September 2002: Die Vergabekommission stimmt für die Bank Lehman Brothers zur Auswahl des Käufers der 62.000 Bundeswohnungen. Ramprecht sagt jetzt profil, dass ihm Plech zwei Minuten vor der Sitzung am Gang des Ministeriums ausgerichtet habe, dass Grasser Lehman wolle. Grasser sagt heute: „Mir war es völlig wurscht, wer das wird. Ramprecht hat mit mir darüber nicht gesprochen. Das Ganze ist erstunken und erlogen.“
Oktober 2002: Laut profil sagt Plech zu Ramprecht in einem
Tennisklub: „Bist du naiv? Wir wissen doch, wohin die Reise geht. Es soll
die Immofinanz werden.“
August 2003: Die
Bundeswohnungen werden zum Verkauf ausgeschrieben. Lehman wickelt den
Verkaufsprozess ab, erhält dafür 10,2 Mio. € Beratungshonorar. Für Lehman
ist Grassers Freund Karlheinz Muhr dabei.
Juni 2004: Die
Angebotsfrist endet. Von 29 Interessenten bleiben zwei über: CA Immo (bietet
795 Mio. €) und Immofinanz (bietet 707 Mio. €). Dann gibt es eine
Verlängerung der Angebotsfrist, ein „Last and Final Offer“.
11.
Juni 2004: Immofinanz liegt jetzt vorne.
15. Juni 2004:
Immofinanz kauft um 961 Mio. €.
14. Jänner 2005:
Die Grünen decken in einer parlament. Anfrage eine nicht versteuerte
Provision bei einem Wohnungsverkauf Ramprechts auf.
Februar
2006: Ramprechts Vertrag wird nicht mehr verlängert.
September
2009: Weitere 9,6 Mio. Euro Provisionen an Grassers Freunde Meischberger
& Hochegger werden bekannt.