Morgen ist es soweit

CETA kurz vor Zustimmung im EU-Parlament

14.02.2017

Abgeordnete entscheiden morgen über  umstrittenes Handelsabkommen mit Kanada.

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© Reuters
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Morgen, Mittwoch, findet im EU-Parlament die Schlussabstimmung über das umstrittene EU-Kanada-Freihandelsabkommen CETA statt. Abgestimmt wird über alle Teile, die in die Zuständigkeit der EU fallen. Die Zustimmung - es reicht eine einfache Mehrheit - gilt aus heutiger Sicht als sicher. Damit können jene Teile des Abkommens, die unter EU-Verantwortung fallen, vorläufig in Kraft treten.

Bereiche in nationaler Zuständigkeit, wie der umstrittene Investorenschutz, müssen aber noch von den nationalen Parlamenten der 28 EU-Staaten einzeln ratifiziert werden. Das kann Jahre dauern. Erst wenn alle ratifiziert haben, tritt CETA endgültig in Kraft. Eine Frist dafür gibt es nicht. Die EU-Staaten können nur zustimmen oder ablehnen. Nachverhandlungen sind nicht mehr möglich.

In Österreich müssen Nationalrat, Bundesrat und Bundespräsident das Abkommen ratifizieren. Der Bundespräsident könnte ein Veto einlegen, wozu allerdings ein hinreichender Grund notwendig wäre. Falls ein Parlament eines EU-Landes die Ratifizierung verweigert, kann CETA nicht in Kraft treten. Es ist auf EU-Ebene nicht geregelt, was dann passiert. Vermutlich muss dann der EU-Ministerrat darüber entscheiden, ob CETA endgültig gescheitert ist.

Mit dem Freihandelsabkommen wollen die EU und Kanada ihre Wirtschaftsbeziehungen auf eine neue Basis stellen. Durch den Wegfall von 99 Prozent der Zölle und anderen Handelshemmnissen soll es auf beiden Seiten des Atlantiks zu mehr Wirtschaftswachstum kommen. So ist etwa vorgesehen, Zugangsbeschränkungen bei öffentlichen Aufträgen zu beseitigen und Dienstleistungsmärkte zu öffnen. Das Abkommen wird als Meilenstein der EU-Handelspolitik gelobt. CETA sei ein modernes, faires, ausgewogenes und fortschrittliches Abkommen, das die Türe für neue Möglichkeiten öffne und gleichzeitig wichtige Interessen schütze, betonen die Befürworter aus Industrie und Wirtschaft.

Der Handelspakt stand seit dem Abschluss der jahrelangen Verhandlungen im September 2014 aber auch unter andauernder harter Kritik von Globalisierungsgegnern, Landwirten, Umweltschützern und Gewerkschaften. Kritisiert wurde generell, dass CETA nicht nur geheim, sondern auch ohne Beteiligung der nationalen Parlamente verhandelt wurde.

Ein wesentlicher Kritikpunkt bezieht sich noch immer auf die im Zusammenhang mit dem Investorenschutz geplanten internationalen Schiedsgerichte. Befürchtet wird, dass Konzerne bei unliebsamen Entscheidungen vor Schiedsgerichte ziehen, Schadenersatz zulasten der Steuerzahler erstreiten, nationale Gesetze aushebeln oder eine Senkung von Verbraucher- und Umweltstandards durchsetzen könnten.

Ebenfalls kritisiert wird die geplante "Regulatorische Kooperation". Damit räume das Handelsabkommen Industrievertretern vorzeitigen Zugang zu Gesetzesvorhaben ein. Unliebsame Vorhaben könnten vom Handelspartner und von Konzernen ausgebremst werden, heißt es.

Befürchtet werden auch niedrigere Standards bei Gentechnik, Lebensmittelsicherheit oder im Arbeitsrecht. Strengere Auflagen für den Klimaschutz drohten, Profitinteressen einzelner Konzerne zum Opfer zu fallen.

Nicht abgesichert ist laut den Kritikern auch das Vorsorgeprinzip, das als Kernelement in der europäischen Politik gesehen wird. Es bedeutet, dass die Ungefährlichkeit einer neuen Substanz bewiesen werden muss, bevor sie zugelassen wird. Im Gegensatz dazu muss im angloamerikanischen System die Gefährlichkeit nachgewiesen werden, um sie verbieten zu können. Gesundheitsschutz in der Umwelt-, Verbraucher- und Lebensmittelpolitik stützen sich bisher auf dieses Prinzip.

Landwirtschaftsvertreter befürchten zudem, dass durch CETA der Markt für große kanadische Agrarkonzerne geöffnet wird und die bäuerliche Landwirtschaft unter die Räder gerät. Überdies geht den Bauern der Schutz der Herkunftsangaben nicht weit genug.

Die Kritiker warnen auch, dass den Ländern und Kommunen ihre Planungs- und Regelungsrechte eingeschränkt wird, da private und öffentliche Dienstleistungen durch das Abkommens automatisch liberalisiert werden, wenn sie nicht ausdrücklich als Ausnahme genannt werden.

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