Die beiden Unternehmen vereinbarten eine langfristige strategische Partnerschaft. Der größte europäische Autokonzern wird demnach für umgerechnet 1,7 Mrd. Euro 19,9 % an Suzuki erwerben. Im Gegenzug will der japanische Konzern bis zur Hälfte des erhaltenen Kaufpreises in Volkswagen-Aktien investieren.
Mitten in der weltweiten Branchenkrise setzt der deutsche Volkswagen-Konzern voll auf Angriff. Europas größter Autobauer strebt mit Macht an die Weltspitze. Mit dem Einstieg bei Suzuki baut der Konzern seine Position in den asiatischen Wachstumsmärkten und bei Kleinst- und Kleinwagen massiv aus. Nach der Übernahme von knapp der Hälfte von Porsche am Montag setzt VW seine milliardenschwere Einkaufstour fort. Risiken nimmt die VW-Spitze dabei in Kauf.
1,7 Mrd. Euro zahlt VW, um sich mit knapp 20 % an Suzuki zu beteiligen und bei den Japanern eine beherrschende Stellung zu bekommen. Suzuki wiederum plant, die Hälfte des Kaufpreises in VW-Aktien zu investieren. Der VW-Konzern will durch die Allianz mit Suzuki vor allem seine Präsenz bei günstigen Kleinstwagen stärken, bei denen die Wolfsburger bisher nur schwach vertreten sind. Die Japaner, die auch kleinere Geländewagen und Motorräder bauen, sichern sich mit der Partnerschaft den Zugriff auf VW-Technologien.
Zugang zu lukrativen Wachstumsmärkten
Mit der Allianz verschafft sich VW eine bessere Position in den asiatischen Wachstumsmärkten. Denn Suzuki ist dort stark, wo der VW-Konzern bisher noch "weiße Flecken" auf der Weltkarte hat und schwach vertreten ist: In Indien, Japan und Südostasien. In Indien zum Beispiel ist Maruti Suzuki mit weitem Abstand Marktführer. Der japanische Autobauer hält auf dem boomenden Automarkt des Subkontinents einen Marktanteil von mehr als 50 %. VW dagegen spielt dort bisher so gut wie keine Rolle.
VW macht mit Suzuki einen wichtigen Schritt nach vorne. "Damit haben sie den Schlüssel, weltweit die Marktführerschaft zu erringen", sagte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Bis spätestens 2018 will VW - derzeit die Nummer drei - den japanischen Autoriesen Toyota als weltweiten Branchenprimus ablösen. VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech und Vorstandschef Martin Winterkorn basteln intensiv an einem Autoimperium, das vom Motorrad über den Kleinwagen und die Luxuslimousine bis hin zum 40-Tonner alles im Programm hat.
Porsche wird die zehnte Marke im Konzern, die VW-Spitze peilt aber den Ausbau auf zwölf Marken an. Aus Sicht von Branchenexperten ist der Einstieg mit knapp 20 % bei Suzuki erst der Anfang. Autoexperte Dudenhöffer etwa geht davon aus, dass VW Suzuki in den nächsten 5 bis 10 Jahren komplett übernehmen wird.
Nächste Schritte: Lkw-Allianz und Porsche-Integration
Seit langem arbeitet Piech zudem an einer Lkw-Allianz aus VW, MAN und Scania unter dem Dach des VW-Konzerns. Erwartet wird, dass VW spätestens 2011 seinen Anteil von bisher knapp unter 30 % an MAN aufstockt, um die Kontrolle über die Münchner zu bekommen.
Zunächst aber muss VW die Herkulesaufgabe bewältigen, Porsche zu integrieren - und das nach einer langen und erbitterten Übernahmeschlacht. Damit hat VW eigentlich genug zu tun, nun aber kommt noch die Allianz mit Suzuki dazu. Eine weitere Baustelle ist die spanische Marke Seat, die nach wie vor ein Sorgenkind ist.
Experten warnen, VW könne sich mit den vielen Aufgaben übernehmen: "Problematisch bei der Themenvielfalt erscheint, dass der Fokus gegenwärtig weniger auf das operative Geschäft - den Autobau - gerichtet ist", sagte Nord/LB-Analyst Frank Schwope. Obwohl VW besser aufgestellt sei: Mit Daimler sei vor einigen Jahren ein deutscher Konzern mit den Plänen einer "Welt AG" gescheitert.
Der VW-Deal mit Suzuki treibt auch den internationalen Konzentrationsprozess in der Branche voran - Hintergrund sind weltweite Überkapazitäten und gewaltige Herausforderungen mit Milliardeninvestitionen ins neue Elektro-Zeitalter. Erst vor wenigen Tagen hatte der französische Autokonzern PSA Peugeot Citroen angekündigt, beim japanischen Konkurrenten Mitsubishi einzusteigen. Der krisengeschüttelte US-Autobauer Chrysler hatte sich in die Hände des italienischen Konzerns Fiat begeben - und Daimler und BMW prüfen seit längerem eine engere Zusammenarbeit.
Allianzen der internationalen AutobauerDie Branchenkrise, weltweite Überkapazitäten und hohe Investitionen in neue Technologien haben zu einem Konzentrationsprozess in der internationalen Autobranche geführt. Die Allianz von VW und Suzuki ist dafür nur ein Beispiel. Dabei haben aber nicht nur deutsche Konzerne mit riskanten Fusionen, Übernahmen und Beteiligungen im Ausland viele Milliarden in den Sand gesetzt. Bevor Opel und die General Motors ins Schleudern gerieten, sorgte die Achterbahnfahrt der Allianz von Daimler und Chrysler lange für Schlagzeilen. Auch BMW musste vor Jahren für die Übernahme der britischen Rover Lehrgeld zahlen. Bei Volkswagen und Porsche kam es zu einem erbitterten Übernahme-Machtkampf, bevor VW das Rennen für sich entschied. Im Mai 1998 gaben die Daimler-Benz AG und Chrysler Corporation stolz die Fusion der Giganten zur DaimlerChrysler AG bekannt. Als der frühere Daimler-Chef Jürgen Schrempp Chrysler für knapp 40 Mrd. Dollar übernahm, glaubte er noch an eine "ganz große Erfolgsstory". Doch Chrysler entpuppte sich als milliardenschwerer Sanierungsfall, auch wenn es vorübergehend so schien, als ob Chrysler die Wende geschafft hätte. Im August 2007 wurde das Ende der transatlantischen Auto-Allianz besiegelt. Verluste auf dem Weg zu der von Schrempp ausgerufenen "Welt-AG" produzierten auch die Beteiligungen an den ostasiatischen Automarken Hyundai und Mitsubishi im Jahr 2000. Bis 2005 trennte sich DaimlerChrysler von beiden. Chrysler wird inzwischen vom italienischen Autobauer Fiat kontrolliert. Segensreich für beide Partner war die Liaison des französischen Renault-Konzerns mit dem japanischen Autobauer Nissan. Vor zehn Jahren wurde Renault größter Anteilseigner. Der brasilianisch-französische Manager Carlos Ghosn machte danach aus Nissan ein ertragreiches Unternehmen. Erst vor wenigen Tagen kündigte PSA Peugeot Citroen an, beim japanischen Autobauer Mitsubishi einzusteigen. |