Rezession
Deutsche Wirtschaft 2024 erneut geschrumpft
15.01.2025Laut erster Frühschätzung ging das Bruttoinlandsprodukt im Jahresabstand um 0,2 Prozent zurück
Die deutsche Wirtschaft ist 2024 das zweite Jahr in Folge geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) fiel um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Berlin mitteilte. 2023 hatte es einen Rückgang von 0,3 Prozent gegeben. Zwei Rezessionsjahre in Folge gab es zuletzt 2002/03. Die meisten Ökonomen rechnen für das laufende Jahr bestenfalls mit einem leichten Wachstum.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht davon aus, dass Europas größte Volkswirtschaft 2025 so langsam wachsen wird wie keine andere Industrienation.
BIP wächst so langsam wie nie zuvor in den letzten 60 Jahren
"Schaut man auf die letzten 60 Jahre zurück, ist Deutschland auf dem Weg, in diesem Jahrzehnt so langsam wie nie zuvor zu wachsen", kommentierte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia, die Entwicklung. "Von 2020 bis 2024 steht lediglich eine Expansion der Wirtschaftsleistung von rund einem halben Prozent zu Buche."
Ausgebremst wurde die deutsche Konjunktur im abgelaufenen Jahr gleich von mehreren Seiten. Der angesichts steigender Reallöhne erwartete Konsumboom der Verbraucher blieb aus, weil die Kaufkrafteinbußen während der Vorjahre noch nicht wieder wettgemacht wurden. Zudem nimmt die Arbeitsplatzsorge vieler Deutscher wieder zu, die deshalb nach wie vor oft sparen. Auch die Baubranche kämpft noch immer mit einer schwachen Nachfrage, da für viele potenzielle Häuslbauer der Traum von den eigenen vier Wänden wegen der hohen Finanzierungs- und Materialkosten platzte. Den Exporteuren wiederum macht die schwache Nachfrage aus China zu schaffen.
Politische Unsicherheiten
Hinzu gesellten sich politische Unsicherheiten - vom russischen Krieg gegen die Ukraine bis hin zu den haushaltspolitischen Turbulenzen in der deutschen Regierung. Die Ampel-Regierung platzte schließlich, was zu Neuwahlen am 23. Februar führt. Der ungewisse Ausgang der Bundestagswahl lässt viele Firmen mit Investitionen zögern, weil die künftigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen unklar sind.
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft fiel zum Jahreswechsel so schlecht aus wie seit der Coronakrise nicht mehr, wie das Ifo-Institut bei seiner Dezember-Umfrage unter rund 9.000 Führungskräften herausfand. "Die Schwäche der deutschen Wirtschaft ist chronisch geworden", meinte Ifo-Präsident Clemens Fuest.
Auch im vierten Quartal im Minus
Im Schlussquartal 2024 (Oktober bis Dezember) sank das deutsche BIP laut Frühschätzung um 0,1 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt weiters mitteilte. Diese "erste sehr frühe Schätzung" basiere aber noch auf einer "unvollständigen Datenbasis" und sei daher noch mit höherer Unsicherheit behaftet. Details sollen am 30. Jänner bekanntgegeben werden.
Die Konjunkturschwäche könnte nach Prognose vieler Ökonomen zu Jahresbeginn anhalten. Dafür sprechen die Auftragsflaute in der Industrie und in der Bauwirtschaft, aber auch die schlechte Konsumstimmung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Erst im Jahresverlauf dürfte Europas größte Volkswirtschaft etwas Fahrt aufnehmen, erwarten Analysten.