Computerbranche schwankt zwischen Krise und Boom

19.02.2010

Die globale Krise haben die meisten großen Computerhersteller erstaunlich schnell überwunden. Doch obwohl die Zahlen nach oben weisen, ist der nächste Boom noch längst nicht gewiss: Die Preise für PCs und Server sind weiter unter Druck. Und ob sich die Weltwirtschaft bald berappelt und damit die Nachfrage global steigt, ist auch noch nicht ausgemacht.

Zur Vollversion des Artikels
Zur Vollversion des Artikels

Blendende Geschäfte machen vor allem Firmen, die früh auf das stabile und oft profitable Geschäft mit IT-Dienstleistungen setzten. Das wird auch an den Quartalszahlen der beiden PC-Giganten Dell und Hewlett-Packard deutlich.

Im wichtigen Weihnachtsquartal hat das Marktforschungsunternehmen Gartner 90 Mio. PC-Verkäufe gezählt, 22 Prozent mehr als im krisengeprägten Vorjahreszeitraum. Doch das Motto lautete "Masse statt Klasse": Die Renner waren kleine und günstige Notebooks, vor allem die handlichen Netbooks. Die gehen zu Tiefstpreisen über die Ladentheke und werfen entsprechend wenig ab.

Die billigen Winzlinge sind sowohl bei Privatkunden als auch bei Geschäftsleuten beliebt, hat IDC-Analyst Rüdiger Spies beobachtet: "Mobilität spielt auch in Unternehmen eine immer größere Rolle." Neue Konkurrenz erwächst den klassischen Computern zudem durch die vielen neuen Geräte, die irgendwo zwischen Notebook und Handy angesiedelt sind - beispielsweise die Tablet-Computer im Stile des iPad, mit dem Apple bald den Markt aufmischen will.

Besser sieht es im Geschäft mit IT-Dienstleistungen aus. "Für die großen Player hat das Servicegeschäft in der Krise stabilisierend gewirkt", sagt Markus Ehret vom Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers. Langfristige Verträge hätten für stabile Umsätze gesorgt, erklärt der Branchenexperte.

Die beiden Trends lassen sich an den Zahlen von Dell und Hewlett-Packard ablesen. Dell hat den Preisdruck bei Hardware zu spüren bekommen. Obgleich das Unternehmen von Anfang November bis Ende Jänner deutlich mehr Umsatz erzielte, musste es unterm Strich einen Gewinnrückgang hinnehmen. Besser sah es für Hewlett-Packard aus: Der Branchenprimus hatte frühzeitig auf das profitable Servicegeschäft mit Firmenkunden gesetzt. Der Lohn war ein Gewinnsprung von einem Viertel auf 2,3 Mrd. Dollar. Und IBM glänzt dank seines starken Servicegeschäfts mit Milliardengewinnen.

Sonderkonjunktur erwartet

In den kommenden Monaten könnten die Computerbauer von einer Sonderkonjunktur profitieren: Viele Unternehmen haben zuletzt vor fünf Jahren in ihre IT-Ausrüstung investiert. "Sie müssen ihre Geräte austauschen", sagt der Europachef des Speichersystemherstellers NetApp, Andreas König. Mancher Rechner läuft noch auf Microsofts Uralt-Betriebssystem Windows XP, nun erfolgt der Sprung auf die neue Version der Software. "Windows 7 tut allen Computerherstellern gut", sagt IDC-Experte Spies.

Vor allem Banken und Autobauer hatten in der Krise Anschaffungen aufgeschoben, nun sind sie in Zugzwang. "Da gibt es eine regelrechte Welle", sagt König. Die Nachfrage sei so groß, dass manche Zulieferer nicht mit der Produktion hinterherkämen, etwa bei Speicherchips. "Das vergangenen Quartal war das beste, dass wir jemals hatten", sagt König. Und das laufende Vierteljahr soll noch besser werden.

In die gleiche Kerbe hauen andere Technologie-Schwergewichte: Die Chiphersteller Intel und AMD fahren ihre Werke am Anschlag. Und der Netzwerk-Spezialist Cisco stellt schon wieder neue Leute ein, weil so viel zu tun ist.

Doch nicht alle Experten sind davon überzeugt, dass die Computerhersteller die Krise vollends überwunden haben. Es gibt auch mahnende Stimmen. "Das Hardwaregeschäft ist sehr zyklisch und geht mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einher", sagt Markus Ehret von Pricewaterhouse Coopers.

Die Aussichten bewertet er daher zurückhaltend: Manches Unternehmen habe zwar Investitionen in seine IT-Systeme hinausgezögert und sehe nun Nachholbedarf. Allerdings erholt sich die globale Wirtschaft nur langsam - und das merkt auch die Computerbranche. "Viele Industrievertreter sind noch vorsichtig", betont Ehret.

Zur Vollversion des Artikels