Um die Übernahme des Server-Spezialisten Sun Microsystems ist ein handfester Streit zwischen dem Software-Riesen Oracle und der EU-Kommission entbrannt. Brüssel sperrt sich gegen den 7,4 Mrd. Dollar schweren Kauf wegen Wettbewerbs-Bedenken, Oracle warf der Behörde im Gegenzug Inkompetenz vor. Die Kommission prüft derzeit die geplante Übernahme und hat nun ihre Bedenken offiziell geäußert. Oracle hat bis Mitte Jänner Zeit, die Einwände auszuräumen.
Oracle und die Kommission griffen heute zu scharfen Worten. Der US-Konzern kritisierte, die EU-Wettbewerbshüter demonstrierten ein "profundes Missverständnis" des Marktes für Datenbanken und für die Dynamik im Markt quelloffener Software.
Die Brüsseler Behörde sieht den Wettbewerb vor allem dadurch bedroht, dass Oracle mit der Übernahme auch die Datenbanken-Software MySQL bekäme. Oracle betont, dass MySQL eine quelloffene Software sei und deshalb von niemandem kontrolliert werden könne. Zudem gebe es im Datenbanken-Markt weltweit mindestens 8 starke Wettbewerber, darunter auch IBM und Microsoft. Seit Jahrzehnten seien Fusionen wie diese weder in den USA noch in Europa unterbunden worden.
Ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes wies Oracles Vorwürfe, die Behörde verstünde nichts von dem Markt für Computer-Datenbanken, als "oberflächlich und vordergründig" zurück. "Wir haben eine Reihe von Beschwerden von Kunden bekommen und müssen diesen nachgehen", sagte er in Brüssel. "Oracle ist Marktführer bei Computer-Datenbanken und MySQL bei der quelloffenen Software." Dadurch könne es zu starken Einschränkungen beim Wettbewerb kommen. So wäre Oracle der alleinige Markeninhaber des Quellcodes.
Die Einwände der EU-Kommission bedeuten noch nicht das endgültige Aus für die geplante Übernahme, verzögern aber die Umsetzung weiter erheblich. Oracle-Chef Larry Ellison hatte bereits mehrfach vor einem weiteren Aufschub gewarnt, da dieser für die Unternehmen Verluste in Höhe von 100 Mio. Dollar monatlich bedeute. Die Kommission will bis zum 19. Jänner eine Entscheidung vorlegen.
Eine mögliche negative Entscheidung könnte Oracle zwar anfechten, das Verfahren würde die Übernahme allerdings weiter um Monate, wenn nicht Jahre hinauszögern, sagte Bert Foer, Präsident des gemeinnützigen American Antitrust Institute dem "Wall Street Journal" (WSJ).
Vom US-Finanzministerium sind die Pläne von Oracle und Sun inzwischen gebilligt worden. In vielen Bereichen ergänzen sich die Produktpaletten von Oracle und Sun zwar, bei Datenbanken bieten beide Unternehmen allerdings konkurrierende Produkte an.
Sun vertreibt die Datenbanksoftware MySQL seit Anfang 2008. Sie gehört zu den weltweit populärsten Open-Source-Datenbanken und wird häufig für den Betrieb von Websites eingesetzt. Oracles Datenbanken werden dagegen vorwiegend innerhalb von Unternehmen betrieben. Befürchtet wird allerdings dennoch, dass Oracle das Geschäft mit MySQL aus eigenem Interesse zugunsten der eigenen Software schwächen könnte.