Kriselnde CeBIT sucht 2011 den Befreiungsschlag
08.03.2010Nach dem Schrumpfkurs der vergangenen Jahre und einem heftigen Richtungsstreit sind nun die Weichen gestellt für die künftige Struktur der immer noch weltgrößten IT-Messe. Die CeBIT soll übersichtlicher werden. Und: Die Messe-Macher wollen wieder stärker auf die privaten IT-Nutzer zugehen. Mit dem neuen Konzept soll die Talfahrt der CeBIT gestoppt werden.
"Wir greifen an", sagte Messe-Vorstand Ernst Raue in Hannover zum Abschluss der diesjährigen CeBIT, bei der die Zahl der Aussteller erneut gesunken war. Angaben zur Gesamtzahl der Besucher gab es zunächst nicht. Bis zum Freitagabend stiegen die Besucherzahlen zwar um drei Prozent. Allerdings war die Besucherzahl 2009 drastisch um knapp 20 Prozent auf rund 400.000 zurückgegangen.
Kern der neuen CeBIT ab 2011 sind vier Säulen: "CeBIT Pro" für geschäftliche Anwender, "CeBIT Gov" für die öffentliche Hand, "CeBIT Lab" für Forschungseinrichtungen und Institute und "CeBIT Life" für die Internetwelt und Privatkonsumenten. "Wenn es dann noch gelingt, die Toptrends wie das mobile Internet und Cloud Computing frühzeitig aufzugreifen, kommt die CeBIT wieder auf den Wachstumspfad", sagte der Präsident des IT-Verbandes BITKOM, August-Wilhelm Scheer.
Seit Jahren bereits basteln Messe und Aussteller an einem grundlegenden Umbau der CeBIT. Die Kernfrage: Welche Rolle sollen die Privatverbraucher spielen? Die CeBIT solle künftig überwiegend eine "Profimesse" mit Fachbesuchern sein, drängte eine Seite der Aussteller. Die andere Seite dagegen betonte, die Hightech-Branche wachse zunehmend zusammen, die verschiedenen Welten vernetzten sich immer mehr, dazu gehörten auch die Privatkonsumenten. Diese Sichtweise setzte sich dann schließlich durch, wie Brancheninsider berichteten.
Die Verbraucher setzten zunehmend Trends und Themen, sagte Messe-Vorstand Raue. "Wenn wir das nicht aufgreifen würden, würden wir uns die Zukunft abschneiden." BITKOM-Präsident Scheer verwies darauf, dass die Branche ein Drittel des Umsatzes mit Privatkunden macht. Außerdem seien im "Web 2.0" viele Menschen Anwender und Produzenten zugleich - indem sie zum Beispiel neue Anwendungen für Multimedia-Handys entwickeln oder Fotos und Texte ins Netz stellen. "Es ist wichtig, dass die Messe sich wieder neu erfindet."
"Reine Business-Messe funktioniert nicht mehr"
Für den Deutschland-Chef des IT-Giganten Microsoft, Achim Berg, ist das neue Konzept der CeBIT eine Kehrtwende. "Eine reine Business-Messe funktioniert nicht mehr, das hat sich seit zwei, drei Jahren deutlich abgezeichnet." Für viele Innovationen gäben heute die privaten Verbraucher den Anstoß, die erst dann im Geschäftsumfeld Einzug hielten.
Mit der neuen Struktur werde es im nächsten Jahr einen "deutlichen Umschwung" geben, lautet nun die Hoffnung hinter den Kulissen. Denn für die nun gefundene "kombinierte Lösung" - sowohl Fachbesucher als auch Privatkonsumenten - sei die CeBIT die einzige Plattform. Spannend dürfte es vor allem sein, wie sich die neue Sparte "CeBIT Life" darstellt und wie sie vom Publikum angenommen wird. Mit einer "CeBIT Home", einer verbraucherorientierten Multimedia-Messe, hatte die Deutsche Messe AG Ende der 90er Jahre Schiffbruch erlitten - das Besucherinteresse war schwach.
Für eine Trendwende bei der CeBIT im nächsten Jahr wäre es höchste Zeit. Denn in den vergangenen Jahren hat die IT-Messe kontinuierlich an Boden verloren, Aussteller- und Besucherzahlen gingen drastisch zurück. Ein Grund war der Strukturwandel in der Branche. Dazu aber kam, dass sich vor allem Mobilfunk-Unternehmen und Konzerne aus der Unterhaltungselektronik auf der CeBIT nicht mehr richtig aufgehoben fühlten und auf andere Messen setzten.
Von Andreas Hoenig/dpa