Kritik

Dumping-Löhne bei Amazon

18.02.2013

Firma Trenkwalder schweigt weiter.

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© Reuters
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Die IG Autoren Autorinnen übt harsche Kritik am Online-Händler Amazon, nachdem in einer ARD-Dokumentation dem Unternehmen in Deutschland vorgeworfen worden war, zumindest Leiharbeiter schlecht zu behandeln und Dumping-Löhne zu bezahlen. "Amazon ist alles andere als ein Buchhändler, der dem Buch gerecht wird", heißt es am Montag in einer Aussendung der IG Autoren.

Amazon beanspruche größere Handelsspannen für sich, als sie sonst im Buchhandel üblich sind, schreibt Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autoren Autorinnen. "Seit einiger Zeit" sei bekannt, dass Amazon Niedrigstpreise auch dadurch ermögliche, dass der Firmensitz in ein Steuerparadies verlegt wurde, "also durch die Nichtentrichtung von Steuern, mit denen andere zur Finanzierung der allgemein notwendigen Aufgaben beitragen". Inklusive dem aktuellen Vorwurf der schlechten Bezahlung von Leiharbeitern meint Ruiss: "Die Preise und Konditionen von Amazon entstehen also genauso durch steuerliche Umgehungen wie durch Lohndumping bzw. modernes Arbeitssklaventum". Und weiter: "Amazon umgeht und unterhöhlt systematisch alle Regeln und Gesetze". Die Anstrengungen von Amazon zur Durchsetzung seines E-Books Kindle habe die IG Autoren Autorinnen "bisher nur für eine besonders aggressive Art des Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit zur Verdrängung der Konkurrenz gehalten, inzwischen wissen wir, hinter dieser Vermarktung und PR steckt eine finstere Realität der Ausbeutung von Menschen und Ressourcen".

Sonderprüfung
Während die deutsche Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf eine Sonderprüfung verweist und "der betroffenen Leiharbeitsfirma" mit Lizenzentzug droht, will sich die in Niederösterreich beheimatete Personalleasing-Firma Trenkwalder, die für Amazon-Leiharbeiter organisiert hat, nicht äußern. Auf APA-Anfrage hieß es auch am Montag von der Firma wieder, "dass wir zum jetzigen Zeitpunkt zu dem Thema 'ARD Reportage Amazon' keinen Kommentar abgeben".

Die deutsche Zeitarbeitsbranche distanziert sich von Dumping-Praktiken. "Immer dort, wo illegale beziehungsweise unethische Machenschaften im Zusammenhang mit Zeitarbeitseinsätzen praktiziert werden, distanzieren wir uns ausdrücklich hiervon", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ), Werner Stolz, am Montag in Münster. Die Mitglieder des Verbands hätten sich einem Ethikkodex verpflichtet und arbeiteten zudem mit einer Schlichtungsstelle zusammen. Rund 90 Prozent der Zeitarbeiter bei den Mitgliedsfirmen hätten einen unbefristeten Arbeitsvertrag, betonte Stolz. Der iGZ ist einer der Arbeitgeberverbände der Branche und vertritt nach eigenen Angaben rund 2.700 mittelständische Unternehmen.

Höhere Löhne
Die Gewerkschaft Verdi nutzt die Aufregung, um zumindest für die fest angestellten Beschäftigten von Amazon höhere Löhne zu erstreiten. An den Standorten Leipzig und Bad Hersfeld in Hessen hätten erste Gespräche mit dem US-Unternehmen stattgefunden, berichtete der Frankfurter Verdi-Sekretär Bernhard Schiederig am Montag laut dpa. Man fühle sich stark genug, einen Tarifvertrag durchzusetzen. Verdi verlangt, dass Amazon den Flächentarifvertrag für den Einzelhandel anerkennt. Daraus würden sich deutlich höhere Stundenlöhne ergeben. Bislang orientiere sich das nicht tarifgebundene Unternehmen am Tarifvertrag für die Logistikbranche.

Amazon beschäftigt nach eigenen Angaben in Deutschland etwa 7.700 fest angestellte Mitarbeiter in den Logistikzentren in Graben bei Augsburg, Bad Hersfeld, Leipzig, Rheinberg, Werne, Pforzheim und Koblenz, schreibt das "Hamburger Abendblatt". Zu Weihnachten werden saisonal weitere Mitarbeiter beschäftigt. Im ersten Jahr verdienten Mitarbeiter einen Bruttostundenlohn von mehr als 9,30 Euro. Danach steige er auf über zehn Euro. Die betroffenen Leiharbeiter sollen jedoch nur 8,52 Euro pro Stunde verdient haben.
 

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