Der Chef des Stahlkonzerns "sieht rot" wegen Finanztransaktionssteuer.
Der Chef des börsenotierten oberösterreichischen Stahlkonzerns voestalpine, Wolfgang Eder, ist sauer. Zwar sei die rasche Krisenerholung von Österreichs Leitbetrieben den von der heimischen Politik ergriffenen Maßnahmen zu verdanken. Wenn Eder an die europäische Umweltgesetzgebung oder die Pläne für Finanztransaktionssteuer denkt, sieht er aber rot. "So wie sich die legistische Entwicklung in Europa darstellt, ist es sicher nicht vorstellbar, dass neue Hochöfen oder Stahlwerke in Europa entstehen." Für die voest werde ein zweiter Stahlstandort außerhalb der EU erwogen - "das heißt Ergänzung zu Linz".
Infrage kämen der Raum östlich bzw. südlich des Schwarzen Meeres und "der östliche Mittelmeerraum", sagte Eder am Mittwoch bei einer Pressekonferenz der Industriellenvereinigung (IV). "Das ist das, wie es sich heute darstellt", stellte er klar. Konkrete Aussagen dazu würden aber erst Ende 2012 getätigt.
Der oberösterreichische Konzern hegte bereits vor einigen Jahren den Plan, ein weiteres Stahlwerk im Schwarzmeerraum zu bauen, wegen der Krise wurde dies allerdings auf Eis gelegt. Rumänien und Bulgarien stünden nun jedenfalls nicht mehr zur Disposition, "weil die sind jetzt in der EU", so Eder.
Auch ein neues Edelstahlwerk könnten die Oberösterreicher errichten. "Wir diskutieren die Frage eines weiteren Edelstahlstandortes", sagte Eder. Jedoch "sicher nicht in Europa." Derzeit unterhalte der Konzern drei Edelstahlstandorte in Europa, einen in Brasilien.
"Das, was wir in Europa derzeit haben, werden wir versuchen, möglichst lange zu halten", so der Stahl-Boss. Erweiterungen seien aber "aufgrund der immer geringer werdenden Attraktivität des Standortes Europa unwahrscheinlich".
Seit Jahren schon fehle es sowohl in Österreich als auf EU-Ebene an "Lösungskompetenz". Eder ortet "Unsicherheit, was Investitionen betrifft, Unsicherheiten im Bereich der Unternehmensbesteuerung, aber auch von bei der Besteuerung von Finanzinstrumenten". Auch puncto Umweltgesetzgebung und Infrastruktur ("Stichwort Donauausbau") passt dem Voest-Chef so einiges nicht.
Was den Manager aber derzeit besonders erzürnt, sind Lobbying-Vorwürfe. "Wenn der Herr Eder mal ein, zwei Tage im Monat in Brüssel ist, wird das genau registriert. Dass hunderte NGOs in Brüssel Tag und Nacht nur Klinken putzen, weil sie nichts anderes zu tun haben", werde bei weitem nicht so kritisch beäugt, echauffierte er sich. Dabei "geben wir 45.000 Menschen nachhaltig Arbeit", anstatt, wie viele andere, "für irgendwelche möglicherweise utopische Ideale" einzutreten.
"Wenn wir versuchen, unsere Interessen auf politischer Ebene zu deponieren, wir das als unangemessenes Lobbying hingestellt. Manchmal frag ich mich schon: Wo leben wir eigentlich, wovon kommt Beschäftigung?"
Auch einen Seitenhieb Richtung Wiener Börse konnte sich der voestalpine-Boss nicht verkneifen, und zwar wegen des Rauswurfs der Voest aus dem von der Wiener Börse berechneten Nachhaltigkeitsindex Vönix, der mit Lobbying gegen die Klimapolitik sowie Auslagerungsdrohungen begründet wurde. "Wenn man aus dem Nachhaltigkeitsindex eliminiert wird, nur weil man versucht, als eines der umweltfreundlichsten Stahlunternehmen weltweit seinen Standpunkt darzulegen, wenn das als unangemessene Kritik an gewissen gesellschaftspolitischen Entwicklungen gesehen wird, fragt man sich erst recht, ob man über den Standort Europa überhaupt noch nachdenken soll."