Einspeisetarife: Zwischen Zufriedenheit und Unmut
02.02.2010Betreiber von Windkraftanlagen erhalten mit der heute (2. Februar) in Kraft tretenden neuen Ökostrom-Verordnung für den von ihnen produzierten Strom deutlich mehr Geld. Die Einspeisetarife für Windkraft steigen um 29 Prozent von bisher 7,53 Cent/kWh auf 9,7 Cent. Dies geht aus der neuen Ökostrom-Tarifverordnung hervor, auf die sich Wirtschaftsministerium und Umweltministerium geeinigt haben. Die Reaktionen fallen aber gemischt aus.
"Mit den neuen Tarifen liefern wir wichtige Anreize für Investitionen in Ökostrom-Technologien", sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in einer Pressemitteilung. Im Vergleich zum Begutachtungsentwurf haben sich demnach nur die Windkraft-Tarife geändert. Die deutliche Erhöhung wird damit begründet, dass Wind in Österreich nach der Wasserkraft das größte Potenzial für erneuerbare Stromproduktion aufweise.
Bei der Photovoltaik werde erstmals ein Schwerpunkt auf gebäudeintegrierte Projekte gelegt, die energiewirtschaftlich sinnvoller seien als Anlagen auf Freiflächen, heißt es weiter. Bei solchen Solarstrom-Projekten mit einer Spitzenleistung zwischen 5 und 20 Kilowatt wird die Kilowattstunde mit 38 Cent gefördert, für größere Anlagen gibt es 33 Cent pro kWh. Für die Abnahme elektrischer Energie aus Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen mit einer Leistung zwischen 5 und 20 Kilowatt liegt der Tarif bei 35 Cent pro kWh, darüber gibt es 25 Cent pro kWh. Die Tarifvorschläge wurden wegen des starken Preisverfalls bei Solarzellen leicht reduziert.
Neue Klassen bei Biomasse
Bei der Biomasse (z.B. Hackschnitzel- und Pellets-Anlagen) gibt es künftig sieben statt vier Klassen, um die vielen verschiedenen Leistungsstärken der Anlagen stärker zu berücksichtigen. Die Einspeisetarife liegen je nach Anlagengröße zwischen zehn und 14,98 Cent pro kWh. Hier werden aber noch weitere Verbesserungen für Investoren im Rahmen der neuen Energiestrategie diskutiert, so das Ministerium.
Bei Biogas werden die Tarifklassen von 5 auf 3 reduziert. Künftig liegen die Tarife je nach Anlagengröße zwischen 13 und 18,5 Cent pro kWh. Zudem wird aber ein beträchtlicher Teil der neuen Biogas-Anlagen von einem Bonus von zwei Cent pro kWh für die Nutzung von Abwärme profitieren, der schon im Ökostromgesetz festgelegt ist. Zusätzlich erhalten bestehende Biogas-Anlagen einen Rohstoffzuschlag von drei Cent je kWh, der inzwischen über die neue Rohstoffzuschlags-Verordnung des Wirtschaftsministeriums geregelt wurde.
Für neue Projekte gilt der deutlich erhöhte Ökostrom-Förderdeckel. Statt bisher 17 stehen heuer 21 Mio. Euro bereit, die nach dem Prinzip "first come, first serve" von der Ökostrom-Abwicklungsstelle ÖMAG vergeben werden. Die Tarifverordnung tritt rückwirkend mit 20. Oktober 2009 in Kraft.
Berlakovich ist zufrieden
Zufrieden mit dem Wurf ist Umweltminister Niki Berlakovich. "Die neuen Einspeisetarife sind ein klares Bekenntnis zu erneuerbaren, umweltfreundlichen Energieformen. Wir haben in den Verhandlungen erreicht, dass regionale Wertschöpfung sowie sichere und saubere Energie vor Ort möglich wird und wieder in den Ausbau erneuerbarer Energie investiert werden kann", so Berlakovich in einer Aussendung.
Die Windenergiebranche ist froh, dass die neue Verordnung endlich umgesetzt wird. "Wir sind erleichtert, dass das lange Ringen um neue Einspeisetarife endlich ein positives Ende gefunden hat. Mit 9,7 Cent/kWh liegt der neue Tarif für Windkraft zwar unter unserer Forderung von 9,8 Cent/kWh zuzüglich Netzgebühren, was in etwa dem europäischen Schnitt von 10,2 Cent/kWh entspricht. Mit dem neuen Tarif wird es nun aber endlich wieder möglich sein, zumindest an den effizientesten Standorten Österreichs Windkraftanlagen zu errichten. Es wurde also ein tragbarer Kompromiss gefunden", kommentiert Stefan Hantsch, Geschäftsführer der IG Windkraft.
Positiv wird angemerkt, dass sich sowohl Wirtschaftsministerium, Umweltministerium und auch Konsumentenschutzminister Rudolf Hundstorfer ausführlich mit den tatsächlichen Gestehungskosten von Windkraft auseinandergesetzt haben. Zudem sei endlich die Rolle als Impulsgeber für den heimischen Arbeitsmarkt erkannt worden, so Hantsch.
VEÖ für "flexiblen Mix"
Auch Österreichs E-Wirtschaft begrüßt die neuen Einspeisetarife. "Die nun gefundenen Förderhöhen dürften ausreichend sein, um Potenziale zu mobilisieren, die wir auch im Rahmen der Energiestrategie dringend heben müssen", erklärte die Generalsekretärin des Verbands der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ), Barbara Schmidt in einer ersten Stellungnahme.
Geförderter Ökostrom allein könne künftigen Bedarf nicht abdecken. Der nun wieder anlaufende Ausbau der Stromproduktion aus Erneuerbaren ist aus Sicht des VEÖ zwar ein wichtiger Schritt, dürfe aber nicht als singuläre Lösung für die künftige Stromversorgung gesehen werden. Es brauche eine Fortsetzung des österreichischen Wegs des "flexiblen Mix aus Wasserkraft und sauberen thermischen Kraftwerken." Mehr Ökostrom im Netz erfordert laut Schmidt einen zusätzlichen Ausbau der Netze und der Pumpspeicherkapazitäten, um einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten und Schwankungen im Stromangebot auszugleichen.
Zu viel zum Sterben, zu wenig zum Leben
Mit wenig Begeisterung reagieren die Grünen und sprechen von "Babysteps". "Eine minimal verbesserte Verordnung zu den Ökostrom-Einspeisetarifen wird derzeit im Umwelt- und Wirtschaftsministerium als Türöffner für den Ausbau erneuerbarer Energien abgefeiert. Das ist einfach lachhaft," kritisiert Christiane Brunner, Umweltsprecherin der Grünen. Österreichs Förderregime sei das schlechteste in Europa und haben zu einem Totalstillstand beim Ausbau der Erneuerbaren geführt. Dass die Tarife jetzt minimal angehoben worden seien, sei ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der katastrophalen Rahmenbedingungen, "die mit der letzten Ökostromgesetzesnovelle geschaffen wurden", meint Brunner.
Die Freude der österreichischen Photovoltaikanbieter über die endlich erlassene Tarifverordnung für Ökostrom hält sich ebenfalls in Grenzen. "Der mit 2,1 Mio. Euro dotierte Topf für das Jahr 2010 ist schon längst ausgeräumt", erklärt Hans Kronberger von Photovoltaic Austria (PVA). "Wer heute um PV-Tarifförderung ansucht, muss froh sein, wenn er noch vor 2012 sein Projekt umsetzen kann."
AK: Reine Landwirtschaftsförderung
Kritik kommt auch von der Arbeiterkammer. Die neue Regelung gehe auf Kosten der Konsumenten und sei eine versteckte Landwirtschaftsförderung. Aufgrund des besonders attraktiven Tarifs für kleine Biogasanlagen befürchtet die AK, dass die begrenzten Gelder für den Ökostromausbau überproportional in ineffiziente Anlagen fließen werden. Obwohl die Tarife für kleine Biogasanlagen eigentlich sinken sollten, seien sie seit 2008 aber um zwölf Prozent gestiegen.
Wenig überraschend klingt das bei Landwirtschaftsvertretern ganz anders. "Nach zähen Verhandlungen ist ein politischer Schulterschluss geglückt", begrüßt Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch die neuen Einspeisetarifen. Somit sei ein Schritt in die richtige Richtung getan, der regionale Arbeitsplätze sichere und der Landwirtschaft ein zusätzliches Standbein in der Energieproduktion eröffne - vorausgesetzt, dass es zu weiteren Anreizen im Rahmen der "Energiestrategie Österreich" komme.
Ähnlich äußert sich Gerhard Wlodkowski, Präsident der Landwirtschaftskammer
Österreich. Besonders wichtig sei, dass nicht nur für Neuanlagen ein
positives Ergebnis vorliege, sondern gleichzeitig auch der Rohstoffzuschlag
für bestehende Biogasanlagen im Jahr 2009 mit 3 Cent/kWh nach langem
Tauziehen realsiert worden sei.
Bei der Wirtschaftskammer begrüßt
man das Ende des Stillstands. Es sei ein "goldener Mittelweg"
gefunden worden.