Weitere 10 bis 15 Jahre

Erste-Chef erwartet lange Niedrigzinsphase

28.08.2019

Treichl: Wegen fehlenden Investmentalternativen "geht alles in Immobilien".

Zur Vollversion des Artikels
© TZ ÖSTERREICH / Juvan Norbert
Zur Vollversion des Artikels

Die seit knapp zehn Jahre anhaltende Niedrigzinsphase in Europa wird nach Ansicht vom scheidenden Erste-Chef Andreas Treichl  noch lange anhalten. Dies werde noch "die nächsten 10 bis 15 Jahren" weitergehen, sagt der Banker am Dienstagabend bei den Wirtschaftsgesprächen des Forums Alpbach.

Durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sei mit "Zinsen nichts mehr zu verdienen", so der Erste-Group-Chef. Die Österreicher hätten aufgrund der Zinssituation und ihrer Veranlagungsgewohnheiten im vergangenen Jahr weit über 5 Mrd. Euro an Vermögen verloren. Wegen den Niedrigzinsen und eines fehlenden Kapitalmarkts in Österreich - also wegen fehlenden Investmentalternativen - würde "alles in Immobilien gehen", erklärte Treichl. Auch von sehr wohlhabenden Bevölkerungsschichten werde vor allem in Wohnungen und Häuser investiert. "Deswegen wird Wohnraum so teuer, dass Jungfamilien es sich nicht mehr leisten können." Treichl plädierte dafür, für Besserverdiener Investmentalternativen zu finden, damit die Immobilienpreise wieder etwas sinken.

>>>Nachlesen: Andreas Treichl ist Banker des Jahres

Erste-Chef fordert Reform für Forum

Der Banker appellierte, das aktuelle Wirtschaftssystem zu reformieren. "Kapitalismus muss solidarisch werden. Ich bin bekennender Kapitalist", sagte Treichl beim Diskussionspanel "Kapitalismus und Demokratie - Ein Machtkampf?" im Tiroler Bergdorf Alpbach. Die Marktwirtschaft müsse weltweit möglichst vielen Menschen zugänglich sein. "Wenn das nicht stattfindet, hat Kapitalismus endgültig ausgedient." Man müsse jungen Menschen, die Möglichkeit geben, dass sie sich ein kleines Vermögen aufbauen können. Dies sei aber mit Nullzinsen "sehr, sehr schwer zu erreichen".

Die wirtschaftliche Größe und Macht der US-amerikanischen Tech-Konzerne - u.a. Apple, Facebook, Google - bezeichnete der Erste-Group-Chef als "furchterregend" und "unfassbar". "Zu viel Macht in einer Hand ist ungesund." Nachdem Europa den Zug bei Biotech, Fintech, Künstliche Intelligenz und Social Media verpasst habe, müsse die Europäische Union die weltweite Marktführerschaft bei Klimaschutz-Produkte ("Green Tech") erreichen. "Das wird eine massive Industrie werden. Da kann Europa noch die Führerschaft übernehmen", so Treichl.

>>>Nachlesen: Bosek ist neuer Chef der Erste Bank

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel