EU-Kontrollen in Griechenland beginnen

22.02.2010

Finanzexperten der EU haben damit begonnen, das schwer angeschlagene Euro-Mitgliedsland unter die Lupe zu nehmen. Experten der EZB und des IWF prüfen, ob durch die angekündigten Sparmaßnahmen das enorme Defizit von knapp 13 % bis 2012 unter die vom Stabilitätspakt geforderte 3-Prozent-Marke verringert werden kann. Ihre Berichte wollen sie der EU-Kommission Anfang März vorlegen. Dann will die EU möglicherweise weitere Sparmaßnahmen für Griechenland beschließen.

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Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou erklärte, sein Land erwarte keine Schuldenübernahme. Man hoffe auf politische Unterstützung, um sich günstige Kredite zu verschaffen. Papandreou sagte der BBC: "Wir wollen kein "Bail-Out" (Schuldenübernahme). Was wir erwarten ist, dass wir uns zu den gleichen Bedingungen Geld leihen können (wie finanziell starke EU-Staaten)."

Griechenland, das zurzeit für Kredite etwa dreimal mehr Zinsen zahlen muss als Deutschland, könnte ohne Unterstützung dieser Art seine Schulden nicht drücken, hieß es. Ob es sich um bilaterale Kredite oder Bürgschaften finanzstarker Länder handeln soll, sagte Papandreou nicht. Gemeint sind möglicherweise Kredite zu günstigen Bedingungen, die EU-Staaten garantieren, die aber Athen zurückzahlen wird. "Wir wollen alles zurückzahlen", sagte Papandreou weiter.

Die griechischen Regierungen hatten in den vergangenen zehn Jahren die Staatsfinanzen derart schöngerechnet, dass das Land jetzt mehr als 300 Mrd. Euro schuldet. Mit dem "Schock-Sparplan" will die Regierung die drohende Zahlungsunfähigkeit des Landes abwenden.

Es sind Lohnkürzungen im staatlichen Bereich, eine Erhöhung des Rentenalters, Einsparungen bei Sozialleistungen und möglicherweise auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer vorgesehen. Steuern auf Tabak, Treibstoffe und Spirituosen wurden bereits bis zu 20 % erhöht.

Griechenland verpasst Frist zur Übermittlung von Finanzdaten an EU

Das hochverschuldete Griechenland hat eine Frist der EU-Kommission verpasst und Brüssel nicht wie vorgeschrieben Einblick in seine Haushaltspolitik verschafft. Das EU-Statistikamt Eurostat habe bis vergangenen Freitag (19.2.) nicht wie gefordert sämtliche Angaben über Transaktionen erhalten, mit denen Athen das Ausmaß seines Haushaltsdefizits verschleiert haben soll, sagte ein Kommissionssprecher.
Griechenland müsse "im Interesse aller Beteiligten" die fehlenden Dokument so schnell wie möglich nachreichen. Athen machte einen Streik im Finanzministerium für die Überschreitung der Frist verantwortlich.

Athen wirft EU Mitverantwortung an Haushaltskrise vor!

Es wird immer absuder: Jetzt hat die Regierung in Athen Brüssel vorgeworfen, eine Mitverantwortung für Griechenlands schwere Haushaltskrise zu tragen. Die EU habe die Augen vor Griechenlands finanziellen Schwierigkeiten verschlossen, sagte Regierungssprecher Giorgos Petalotis dem Radiosender Kanali 1.
"Die EU-Kommission hatte die Aufgabe, Bescheid zu wissen, ihre Kontrollen zu machen, und ich bin überzeugt, dass sie die Fakten kannte", so Petalotis. Die Kommission habe sicher einschätzen können, was "tatsächlich" mit der griechischen Wirtschaft los gewesen sei.

"Deutschland hat uns nach Krieg nicht entschädigt"

Und es geht noch deftiger: Am Tag eines Generalstreiks hat Griechenland schwere Vorwürfe gegen Deutschland erhoben. Sein Land sei niemals für die Folgen der nationalsozialistischen Besatzung im Zweiten Weltkrieg entschädigt worden, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Theodoros Pangalos der BBC. "Sie haben das griechische Gold weggenommen, das bei der griechischen Zentralbank lag, sie haben das griechische Geld weggenommen und es nie zurückgezahlt." Deutschland müsse das Geld nicht unbedingt zurückzahlen, aber "sie sollten sich wenigstens bedanken", fügte er hinzu.

EU-Hilfe für Griechenland unter 20 Mrd. Euro

Das finanziell angeschlagene Griechenland kann nach den Worten von EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi auf EU-Gelder bauen. "Europa wird Griechenland helfen, sich selbst zu helfen", sagte Bini Smaghi und fügte hinzu: "Es ist möglich, dass dafür Geld benötigt wird." Die Summe werde aber unter den vom "Spiegel" genannten 20 bis 25 Mrd. Euro liegen.
Bini Smaghi sprach sich zugleich für schärfere Kontrollen des Finanzgebarens der Euro-Länder aus. Die Kontroll- und Disziplinierungsmechanismen hätten nicht so funktioniert wie sie sollten. "Der Stabilitätspakt sollte vielleicht etwas verschärft werden", sagte der Währungshüter. "Besonders für Länder, die schnell wachsen und ihre Defizite dennoch nicht senken."

Eine Gefahr für den Euro durch die hohe Schuldenlast in Griechenland und anderen Euro-Staaten wie Portugal, Italien, Spanien und Irland sieht Bini Smaghi nicht. "Ich bin absolut überzeugt davon, dass der Euro nicht gefährdet ist. Die Spareinlagen sind sicher."
Griechenland muss in diesem Jahr rund 53 Mrd. Euro neue Schulden am Kapitalmarkt aufnehmen, mehr als 20 Mrd. Euro davon im April und Mai. Die Investoren verlangen aus Angst vor einer Staatspleite derzeit kräftige Risikoaufschläge für griechische Anleihen. Die Sorgen über die Zahlungsfähigkeit Griechenlands haben auch das Vertrauen in den Euro erschüttert.

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