EU will auf Gaskrisen besser vorbereitet sein

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Die Europäische Kommission verlangt mehr Macht im Fall einer möglichen neuen Gaskrise in Europa. Die Behörde legte am Donnerstag (16. Juli) in Brüssel zwei entsprechende Verordnungen vor, denen die europäischen Energieminister und das Europaparlament noch zustimmen müssen. Demnach will die Kommission künftig bereits bei einem Verlust von zehn Prozent der Gasimporte den Notstand ausrufen. Heute liegt die Schwelle bei 20 Prozent. Auf Antrag eines Mitgliedstaats bei Engpässen soll die Kommission die Möglichkeit - aber nicht die Verpflichtung - haben, den Versorgungsnotstand zu erklären.

Im Fall des Notstands sollen sich die Mitgliedstaaten gegenseitig ihre Vorräte zur Verfügung stellen müssen. "Die Solidarität muss sich verbessern", sagte Energiekommissar Andris Piebalgs.

Zur Vorsorge sollen die EU-Staaten nationale Vorsorge- und Notfallpläne erstellen. Dafür muss jeder Mitgliedstaat eine zuständige Behörde benennen. So soll die Infrastruktur gewährleisten, dass Gas 60 Tage lang selbst bei schlechtem Wetter geliefert wird. Die Gas-Koordinierungsgruppe, in der Vertreter Kommission, Mitgliedstaaten und der Industrie sitzen, soll aufgewertet werden. Außerdem solle Europa gegenüber Drittstaaten künftig "mit einer Stimme sprechen", forderte Piebalgs.

Bessere Datenstruktur

In einer zweiten Verordnung fordert die Kommission die verpflichtende Notifizierung von Investitionen in Energieinfrastruktur. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, regelmäßig - etwa alle zwei Jahre - Daten über Infrastrukturvorhaben zu übermitteln.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso rief Minister und Abgeordnete zur Zustimmung auf. "Wir müssen das Optimum anstreben, aber auch auf das Schlimmste vorbereitet seien", sagte er. "Europa muss die Lehren aus den vorherigen Krisen ziehen und sicherstellen, dass europäische Bürger nie wieder ohne Eigenverschulden frieren müssen."

Der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Europaparlament, Markus Ferber, betonte, eine europäische Verteilung der Gasversorgung im Krisenfall dürfe es nur geben, wenn alle EU-Staaten ausreichend Vorsorge betreiben. "Nur wer selbst seine Hausaufgaben gemacht hat, sollte bei Problemen mit der Gasversorgung auch auf die Solidarität der anderen EU-Länder zählen dürfen."

Bis Ende März 2014 müssen nach dem von der Kommission vorgelegten Gesetzentwurf auch diese Länder den neuen Mindeststandard zur Wahrung der Versorgungssicherheit erfüllen. Dazu können sie Gasspeicher anlegen, aber auch neue Lieferverträge abschließen oder auf andere Brennstoffe umstellen. Zudem sollten die Pipeline-Betreiber dafür sorgen, dass Gas in verschiedenen Richtungen durch die Leitungen gepumpt werden könne, heißt es in dem Entwurf. Dadurch soll ermöglicht werden, bei einem neuerlichen Ausfall der Lieferungen durch die Ukraine Gas von West nach Ost zu pumpen.

Russen vs Ukrainer

Wegen des anhaltenden Streits zwischen dem Produzenten Russland und dem Transitland Ukraine kommt es in der EU immer wieder zu Lieferproblemen. Zuletzt blieben im Jänner zwei Wochen lang vor allem in Mitteleuropa die Wohnungen kalt. Piebalgs wies darauf hin, dass eine weitere solche Krise nicht ausgeschlossen werden könne.

Derzeit verhandeln beide Länder erneut. Es geht darum, dass die Ukraine wegen finanzieller Engpässe Probleme hat, die Gaslager über den Sommer aufzufüllen. Dies ist nötig für eine reibungslose Versorgung während des Winters. "Sobald es zu einem Zahlungsverzug kommt, haben wir ein Problem, das ist ganz klar", räumte Piebalgs ein. Diesen Freitag beraten Vertreter Russlands, der Ukraine, der Kommission sowie internationaler Finanzinstitutionen in Brüssel über die Situation.

Weiter hohe Anfälligkeit

Trotz des 3-Milliarden-Konjunkturprogramms für Investitionen in die Gas- und Elektrizitätsinfrastruktur und neuer geplanter Infrastruktur wie der Nabucco-Pipeline für Gas vom Kaspischen Meer oder dem Projekt "North Stream" sei Europa weiter "anfällig", sagte Piebalgs.

Nach seinen Angaben deckt Erdgas ein Viertel des Primär-Energieverbrauchs in Europa, mit zunehmender Tendenz. 60 Prozent des Erdgases werde importiert, noch 1990 sei es weniger als die Hälfte gewesen. Für 2030 erwarte er Einfuhren von bis zu 80 Prozent des Verbrauchs. "Gleichzeitig ist Europa von Gasproduzenten-Ländern umgeben, aber eigentlich beliefern uns nur drei Länder." Aus Russland stammten 30 Prozent, aus Norwegen 16 Prozent und aus Algerien 10 Prozent.

Treten die neuen Verordnungen in Kraft, kann die Behörde ihre Umsetzung rechtlich durchsetzen. Am besten sei Dänemark auf Engpässe vorbereitet, aber auch Griechenland, sagte Piebalgs. Auch Deutschland und Belgien hätten erhebliche Lagerkapazitäten. Bulgarien, die baltischen Staaten, die Slowakei, Slowenien und Ungarn müssten jedoch nachbessern.

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