Die Europäische Reiseversicherung (ERV AG) hat ihre Gewinne im Krisenjahr 2009 verdoppelt. Dabei zeigten die Indikatoren im Tourismus insgesamt nach unten: Die Buchungen im Outgoing-Bereich der Reisebüros gingen um etwa 2,5 % zurück; im Incoming-Reiseverkehr verringerten sich die Nächtigungen um 1,9 % und die Gästeankünfte um 1 %.
Der Geschäftsreisemarkt brach mit einem Minus von 30 % am extremsten ein. Von der allgemeinen Verunsicherung profitierte die ERV: "Die Kunden zeigten noch mehr Risikobewusstsein", erklärte Vorstandschef Martin Sturzlbaum.
Prämienumsatz erstmals über 50 Mio. Euro
Das EGT des Unternehmens verbesserte sich gegenüber dem Jahr davor von 1,46 auf 2,86 Mio. Euro. Der Jahresüberschuss verdoppelte sich von 872.000 auf 1,86 Mio. Euro. Der Prämienumsatz des Reiseversicherers erhöhte sich um 9,3 Prozent auf 50,69 Mio. Euro und überschritt damit erstmals die 50-Millionen-Grenze.
Gleichzeitig war der Schadensaufwand laut Finanzchef Wolfgang Lackner mit einem leichten Plus von 0,4 % auf 23,4 Mio. Euro stabil. Besonders deutlich zugenommen hätten die Stornoschäden, die um 7,7 % auf 12,99 Mio. Euro stiegen. Dafür gingen die Leistungen aus Krankenversicherungen um fast 20 % auf 6,8 Mio. Euro zurück und auch die Reisegepäckschäden verringerten sich um 16 % auf 1,7 Mio. Euro.
Marktanteil von 60 Prozent in Österreich
"Wir haben 2 Mio. Menschen versichert, das bedeutet einen Marktanteil von 60 % in Österreich", sagte Sturzlbaum. Die Tochter der Generali-Gruppe erledigte im Vorjahr 33.700 Leistungsfälle. Die "Schweinegrippe" hatte 2009 keine spürbaren Auswirkungen auf den Schadenverlauf. Für 556 Österreicher hat die Assekuranz die Rückholung in ihre Heimat bezahlt. Dafür seien 1,9 Mio. Euro aufgewendet worden.
"Die Unsicherheit ist gestiegen - zu Zeiten der unsicheren Wirtschaftslage wurde im Stornobereich verstärkt abgesichert", so Sturzlbaum. Die 1,5 Mio. Touristen in Österreich, die über Reisebüro buchen, seien zu gut 60 % reiseversichert. Doch rund 4 Mio. Menschen organisieren sich ihre Reisen selbst - und höchstens 15 % davon sichern ihre Reisen mit einer Versicherung ab.
Vielen meinten, eine Kreditkarte biete automatisch ausreichend Versicherungsschutz. Auch eine e-Card reiche als Urlaubsreiseversicherung oft nicht aus. In diesem hohen "Unterversicherungsgrad" sieht die ERV "großes Potenzial". Auch in den Reisebüros ist das Geschäft noch nicht gesättigt: In Holland erreiche die Durchdringung mit Versicherungen im Reisebüro beispielsweise 85 %, weiß Sturzlbaum.
Expansionen eigenfinanziert
Der Reiseversicherer baut auch seine Geschäfte im CEE-Raum Zug um Zug aus: Die Expansion in der Slowakei, der Ukraine und in Russland habe komplett eigenfinanziert werden können. "In der Ukraine haben wir 2009 5.000 Reisende versichert, obwohl der Tourismus dort um 50 % eingebrochen ist", berichtete der ERV-Chef.
Der Prämienumsatz stieg dort um 80 %. Damit sei der Break-even nach drei Jahren erreicht worden. In Russland, wo die Reisebranche Einbrüche von 30 % beklagte, erhöhten sich die Prämienumsätze um 17 %. In beiden Ländern ist der Abschluss einer Kranken- bzw. Unfallversicherung bei Auslandsreisen obligatorisch.
Die dort aufgebauten Aktivitäten wird die ERV heuer innerhalb des Generali-Konzerns veräußern und sich verstärkt auf Zentraleuropa konzentrieren. In Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Slowenien und Südtirol ist das Unternehmen bereits aktiv. Kroatien wird als nächstes angesteuert.
Für das Tourismusjahr 2010 ist Sturzlbaum optimistisch. Die ersten beiden Monate seien - vor allem bei den Buchungen im Outgoing-Bereich - "gut gelaufen". "Die Familien sind nach langer Zeit der Zurückhaltung wieder zurück." Doch der Trend müsse sich bis Ende Juni noch verfestigen. Die ERV hat in Österreich 3.200 Hotels als Partner. 300.000 Reisende waren bei dem Versicherungsunternehmen im Vorjahr im Incoming-Bereich versichert.