EZB legt nach - Zinsen erneut gesenkt
Angesichts der abnehmenden Inflationsgefahr senkt die Europäische Zentralbank den Leitzins nach ihrer geldpolitischen Wende vom Juni erneut. Der für die Finanzmärkte maßgebliche Einlagesatz, zu dem Banken bei der EZB kurzfristig überschüssige Gelder parken, wurde am Donnerstag um einen Viertelprozentpunkt auf 3,50 Prozent gekappt. Die Finanzmärkte hatten damit gerechnet.
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Zugleich lassen die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde nur wenige Wochen vor der nächsten Sitzung im Oktober offen, wie es geldpolitisch weitergeht: "Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest."
Positive Wachstumsimpulse
Die Währungshüter erwarten sich von einer Zinssenkung positive Wachstumsimpulse. Geld ist „billiger“, das heißt: Unternehmen und Privathaushalte können bei günstigeren Krediten leichter investieren und konsumieren. Das bedeutet das konkret für unser Geld:
- Wer ein Haus oder eine Wohnung kaufen will, kann auf günstigere Kredite hoffen.
- Sparer müssen sich auf fallende Zinsen bei ihrer Bank einstellen.
- Bei Festgeld und Tagesgeld sinken die Zinsen - also schnell sein bei der Bank.
Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, sprach mit Blick auf die Zinssenkung von einem positiven und beruhigenden Signal an die Märkte: "Dennoch sollte die EZB weiter Fingerspitzengefühl zeigen. Wir sehen einerseits weiterhin hohe Teuerungsraten im Dienstleistungssektor, sodass sich die Inflationsrate auch zukünftig als hartnäckig erweisen könnte." Andererseits sollte die EZB das richtige Timing der weiteren Zinsschritte nicht verpassen, erklärte das einstige EZB-Direktoriumsmitglied.
Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld für eine Woche von der EZB leihen können, wird mit dem Beschluss um 0,6 Punkte auf 3,65 Prozent verringert. Dass der Schritt nach unten größer ausfällt als beim Einlagesatz, ergibt sich aus bereits im Frühjahr festgezurrten Änderungen der EZB. Damals hatte sie beschlossen, den Abstand zwischen dem Einlage- und dem Hauptrefinanzierungssatz zu verkleinern. Die EZB will damit Anreize zur Teilnahme an ihren wöchentlichen Kreditgeschäften schaffen und zugleich den Umfang von Marktzinsschwankungen begrenzen.
Die Folgen
Schwanken die kurzfristigen Zinsen zu stark, könnte aus Sicht des deutschen Bundesbankchefs Joachim Nagel das Signal zum beabsichtigten geldpolitischen Kurs verzerrt werden, wodurch irgendwann die Wirksamkeit beeinträchtigt würde. Der Einlagesatz bleibt jedoch der zentrale geldpolitische Zins. Denn er setzt die Untergrenze auf dem Geldmarkt - den niedrigsten Zins, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen.
Die Banken im Euroraum verfügen noch über rund drei Billionen Euro an Überschussliquidität, die sie bei der EZB parken können. Mit der Zeit dürfte diese abnehmen, und die Banken könnten dazu übergehen, Geld verstärkt bei der EZB zu leihen. Der engere Zinskorridor soll der EZB dabei helfen, die Marktzinsen besser zu steuern. Mit den Leitzinssenkungen wird die Aufnahme von Krediten für Unternehmen tendenziell günstiger, während Spareinlagen wie Tages- oder Festgeld weniger abwerfen. Vor der Zinswende vom Juni hatte die Zentralbank im Kampf gegen die Inflation die Zinsen lange hoch gehalten, um die Teuerung im Euroraum im Zaum zu halten.
Niedrigster Stand seit gut drei Jahren
Sinkende Energiepreise drückten die Inflationsrate im August auf 2,2 Prozent - den niedrigsten Stand seit gut drei Jahren. Die Fachleute der EZB gehen nun wie bereits in den Projektionen vom Juni davon aus, dass die Gesamtinflation im Euroraum dieses Jahr bei 2,5 Prozent landen und 2025 auf 2,2 Prozent sinken wird. 2026 sollen es 1,9 Prozent sein.
Die EZB-Experten erwarten allerdings, dass die Inflation im letzten Teil des laufenden Jahres wieder ansteigen wird. Dies sei zum Teil darauf zurückzuführen, dass vorangegangene starke Rückgänge der Energiepreise aus den Jahresraten herausfallen: "Die Inflation dürfte dann im Laufe der zweiten Hälfte des nächsten Jahres in Richtung unseres Zielwerts zurückgehen."
Die Notenbank-Ökonomen erwarten zudem für dieses Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone von 0,8 Prozent. 2025 soll beim Bruttoinlandsprodukt ein Plus von 1,3 Prozent und 2026 von 1,5 Prozent herausspringen. Im Juni waren die EZB-Ökonomen noch von Werten von 0,9 Prozent für 2024, 1,4 Prozent für 2025 und 1,6 Prozent für 2026 ausgegangen.