Konjunkturausblick
EZB sieht keine Deflationsgefahr
12.06.2014Der Preisdruck wird jedoch für einen längeren Zeitraum gedämpft bleiben.
Mit einem beispiellosen Antikrisenpaket stemmt sich die Europäische Zentralbank (EZB) gegen Mini-Inflation und Konjunkturflaute. Auch deshalb schätzen die Währungshüter das Risiko eines Preisverfalls als sehr gering ein.
Trotz der extrem niedrigen Inflation sieht die EZB weiterhin keine Deflationsgefahren im Euroraum. Zwar werde der Preisdruck für einen längeren Zeitraum gedämpft bleiben, erklärten die Währungshüter in ihrem am Donnerstag in Frankfurt veröffentlichten Monatsbericht. Doch mit der erwarteten allmählichen Erholung der Konjunktur und dem Rückgang der Arbeitslosigkeit werde die Teuerungsrate schrittweise wieder steigen.
Die Inflationsrate in der Eurozone war im Mai auf den außergewöhnlich niedrigen Wert von 0,5 Prozent gesunken. Die EZB sieht Preisstabilität bei einer deutlich höheren Rate von knapp unter 2 Prozent und hat daher Anfang Juni ein historisches Maßnahmenpaket beschlossen. Unter anderem senkten die Währungshüter den Leitzins auf das Rekordtief von 0,15 Prozent. Außerdem müssen Banken erstmals 0,10 Prozent Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, statt Kredite zu vergeben.
Gleichzeitig hatte EZB-Präsident Mario Draghi erklärt: "Wir sind hiermit nicht am Ende, solange wir uns im Rahmen unseres Mandates bewegen." Niedrige Zinsen verbilligen tendenziell Kredite und Investitionen und kurbeln so die Wirtschaft an. Das stärkt in der Regel den Preisauftrieb.
Trotz des beispiellosen Anti-Krisenpakets erwarten die EZB-Experten 2014 nur eine Jahresteuerung von 0,7 Prozent. 2015 werden die Verbraucherpreise um 1,1 Prozent zulegen, 2016 um 1,4 Prozent. "Diese Aussichten entsprechen der Einschätzung, dass die Gefahr einer Deflation im Euroraum zum jetzigen Zeitpunkt gering erscheint", erklärte die EZB. Bei einer Deflation sinken die Preise quer durch alle Warengruppen. Verbraucher kaufen in Erwartung weiter sinkender Preise nicht mehr ein, Unternehmen stellen Investitionen zurück. Das würgt die Konjunktur ab.
In ihrem Monatsbericht betonten die EZB-Experten, dass rund die Hälfte des Rückgangs der Gesamtinflation im Euroraum seit Ende 2011 auf die Entwicklung der Energiepreise zurückzuführen sei. Für ein weiteres Viertel des Rückgangs seien gesunkene Nahrungsmittelpreise verantwortlich. Das ist keineswegs unerwünscht: Denn ein durch niedrigere Rohstoffpreise bedingtes geringes Inflationsniveau erhöhe die Kaufkraft der Verbraucher, schreiben die Notenbanker: Nicht zuletzt dank des mickrigen Preisauftriebs seien die verfügbaren Einkommen im Euroraum im Schlussquartal 2013 erstmals seit Anfang 2010 im Jahresvergleich wieder gestiegen.
Auch der hohe Eurokurs in den vergangenen Monaten sowie Strukturreformen an den Arbeits- und Gütermärkten in einigen Ländern schwächten den Preisdruck. Letzteres hatte in einigen Euro-Ländern zu einem sinkenden Preisniveau geführt. Allerdings könnten negative Inflationsraten in einzelnen Ländern einer Währungsunion normal sein, unterstrichen die Währungshüter. Denn mit ihren Preisanpassungen trügen Unternehmen dazu bei, ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen.