Richter sehen Verstoß gegen Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das Facebook-Verbot für den ORF aufgehoben. Das Höchstgericht sah in dem Verbot eine Unverhältnismäßigkeit sowie einen Verstoß gegen das Recht auf Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz reagierte in einer ersten Reaktion erleichtert auf die Entscheidung. "Der Einsatz hat sich gelohnt, wir freuen uns mit unserem Publikum. Es ist erfreulich, dass der Verfassungsgerichtshof unseren Argumenten gefolgt ist und diese europaweit einzigartige Beschränkung in Österreich nicht Platz greift - ein Meilenstein", sagte Wrabetz zur APA.
"Meilenstein"
Wichtig sind für den ORF-Chef vor allem zwei Aussagen im VfGH-Erkenntnis. Das Gericht habe demnach festgehalten, dass es zugunsten des Wettbewerbs sehr wohl Beschränkungen für den ORF geben kann, aber es müsse Verhältnismäßigkeit gegeben sein. "Dieses Verbot war unverhältnismäßig. Das ist wesentlich auch über den Anlassfall hinaus", betonte Wrabetz. Weiters habe der VfGH festgehalten, dass der ORF zwar nicht selbst soziale Netzwerke betreiben darf, "aber dass wir sie nutzen können, um mit unserem Publikum zu kommunizieren". Die ursprüngliche gesetzliche Formulierung hätte diese Interpretation übrigens ermöglicht, von den Medienbehörden sei dies aber in der Folge zu eng interpretiert worden.
Anlass für die Klärung durch den VfGH waren Entscheidungen der Medienbehörde KommAustria sowie des Bundeskommunikationssenats aus dem Frühjahr 2012, wonach die Facebook-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Senders nicht dem ORF-Gesetz entsprächen. Insgesamt 39 ORF-Auftritte im sozialen Netzwerk wurden beanstandet. Der ORF zog gegen diesen Bescheid sowohl vor den VfGH als auch vor den VwGH, jeweils verbunden mit einem Antrag auf aufschiebende Wirkung. Beide gewährten diese auch, der ORF durfte bis zur endgültigen Klärung der Causa durch den Verfassungsgerichtshof (der VwGH wies die Beschwerde als unbegründet ab) auf Facebook aktiv bleiben.
"Wir können damit unsere Facebook-Angebote Ö3 und FM4 weiter betreiben und werden auf dieser Basis weitere Angebote starten. Wir wollen diese Möglichkeit der Kommunikation mit dem Publikum auf Augenhöhe verstärkt auf Unternehmensebene, auf Senderebene und auf Sendungsebene betreiben", skizzierte Wrabetz die Marschrichtung der weiteren Social Media-Aktivitäten des ORF. "Es gilt aber auch, dass wir keine Kommerzialisierung dieser Möglichkeiten ins Auge fassen, und wir werden auch keine kommerziellen Kooperationen eingehen."