Am 3.9. ist nach tagelangen Diskussionen und Protesten im Vorfeld der zweistündige Festakt zum 30-jährigen Jubiläum des Ambulatoriums "pro:woman" in Wien begangen worden. Zahlreiche Vertreter aus der Politik fanden im Rathauskeller Worte des Dankes für Mitarbeiter und Wegbegleiter der Klinik am Fleischmarkt, die auch Abtreibungen durchführt.
Unter den Gratulanten fand sich nicht nur die Gastgeberin, Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (S), sondern unter anderem auch Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S), die via Videobotschaft Glückwünsche übermittelte. Insgesamt wohnten rund 230 geladene Gäste dem Empfang bei. Prammer sowie Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (S) betonten mittels Videobotschaften die Wichtigkeit des Rechts der Frauen auf Selbstbestimmung und einer guten Aufklärungsarbeit. Ihre Statements wurden mit großem Beifall goutiert.
Wehsely betonte: "Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Fristenlösung, die es seit fast 35 Jahren in Österreich gibt, noch immer nicht akzeptiert wird." Die Geschäftsführerin der gewürdigten Klinik, Elke Graf, wies darauf hin, dass jene, die nicht kapierten, dass Abtreibung ein Frauenrecht sei, an der Realität vorbeigingen.
700 Demonstranten
Stunden vor der Abendveranstaltung hatten zahlreiche Gruppierungen zu Kundgebungen für bzw. gegen Abtreibung aufgerufen. Insgesamt fanden sich schließlich rund 700 Demonstranten im Umkreis des Rathauses ein, um friedlich ihre jeweilige Position zum Ausdruck zu bringen. Beide Lager konnten laut Polizei etwa gleich viele Sympathisanten mobilisieren.
Politisch hochrangige Teilnehmerinnen fanden sich nach 18.00 Uhr bei der Solidaritätskundgebung der SPÖ-Frauen ein. An dieser nahmen unter anderem Frauenministerin Heinisch-Hosek sowie ihre pensionierte Amtskollegin Johanna Dohnal teil.
Heinisch-Hosek wiederholte ihre Ankündigung, Äußerungen von Abtreibungsgegnern, die entsprechende Ambulatorien mit Konzentrationslagern vergleichen würden, rechtlich prüfen lassen zu wollen. Sie habe mit Innenministerin Maria Fekter (V) darüber hinaus bereits erste Gespräche bezüglich der Einrichtung bundesweiter Schutzzonen vor Kliniken geführt, um künftig Patientinnen vor "Psychoterror" zu schützen.
Fristenlösung muss bleiben
Dohnal forderte, dass künftig in allen öffentlichen Krankenhäusern Abtreibungen durchgeführt werden. Sie erinnerte an frühere Zeiten der Frauenbewegung und versicherte, "dass uns die Fristenlösung niemand mehr wegnehmen kann". Auch die Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner und Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (beide S) erklärten ihre Solidarität gegenüber Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Entsprechende Plakate und Sprechchöre bekräftigten die Äußerungen der Politikerinnen.
Zeitgleich hatten entschiedene Abtreibungsgegner, die vorrangig von der Partei "Die Christen" mobilisiert worden waren, Stellung vor dem Rathaus bezogen. Sie kritisierten den Feierakt für das Ambulatorium mittels Transparenten wie "Im Rathaus werden Abtreiber für das Töten geehrt". Rudolf Gehring, Koordinator der Demo, bezeichnete den Empfang als Provokation und forderte, dass eine derartige Veranstaltung nie wieder stattfinden dürfe. Abbildungen von toten Föten, die zum Teil einem Foto von Bürgermeister Michael Häupl (S) gegenübergestellt waren, illustrierten die Position der Gegner. Abgesehen von einigen Wasserbomben verliefen die Proteste beidseitig friedlich.
"Abtreibung ist Frauenrecht"
Bereits um 17.00 Uhr hielten die Wiener Grünen sowie einige linke Fraktionen eine Kundgebung unter dem Motto "Abtreibung ist Frauenrecht" ab. Frauensprecherin Monika Vana sprach von einem "Protest gegen radikale Abtreibungsgegner", denen es weniger um den "angeblichen Schutz des Lebens", sondern vielmehr um "Gewalt gegen Frauen" gehe.
Christian Fiala, Leiter des Gynmed-Ambulatoriums, betonte, dass die einzige Person, die verantwortungsvoll über ihre Schwangerschaft entscheiden könne, die schwangere Frau selbst sei. Er berichtete von anderen Teilen der Welt, in denen Frauen aufgrund illegaler Abtreibungen zugrunde gingen. Dies sei hier dank der Legalisierung nicht so, es brauche aber entsprechende Einrichtungen und Fachleute, die derartige Eingriffe korrekt durchführen.
Der heutige Festakt war bereits seit Tagen von heftigen Diskussionen begleitet worden. Der Auftakt zur Debatte erfolgte vergangene Woche, als Kardinal Christoph Schönborn Bürgermeister Häupl öffentlich aufforderte, die Veranstaltung abzusagen.
Die Stadt lehnte dies ab, verlegte den Empfang jedoch vom Stadtsenatssitzungssaal in den Rathauskeller, was ihr wiederum scharfe Kritik von den Grünen einbrachte. Argumentiert wurde dies mit technischen Gründen. Häupl und Schönborn wollen sich demnächst zu einem Gespräch treffen, Ort und Datum wurden bisher jedoch nicht verraten.