Felderer bezweifelt Reformfähigkeit Griechenlands
13.04.2010
IHS-Chef Bernhard Felderer bezweifelt, ob die Griechen nach der Hilfszusage der Euroländer auch nachhaltige Reformen umsetzen werden. Das geschnürte Notfall-Kreditpaket über 30 Mrd. Euro sei sicher einmal ein nützlicher Schritt gewesen, das Griechenland mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch nützen werde. "Ob die Griechen es schaffen werden, dem gerecht zu werden, was jetzt an Vertrauen in sie gesetzt wurde, bleibt weiter zweifelhaft und offen", sagte Felderer am Rande einer Banken-Fachkonferenz.
Dass die Lage auch für die beiden ebenfalls hochverschuldeten Euroländer Spanien und Portugal kritisch werden könnte, glaubt Felderer nicht. "Spanien und Portugal haben eine relativ geringe Staatsverschuldung, Spanien liegt weit günstiger als Griechenland", so der IHS-Chef.
Allerdings sei die Neuverschuldung Spaniens im letzten Jahr mit über 10 % sehr hoch gewesen und werde auch in diesem Jahr wieder sehr hoch sein. "Sie müssen ihr Defizit kurzfristig in den Griff bekommen. Wenn sie das schaffen, kann die Gefahr auch abgewendet werden", so Felderer. Griechenland sei da ein ganz anderer Fall, dort seien die Staatsschulden schon bei 125 % des BIP. "Dort muss mehr getan werden, als nur das aktuelle Defizit zu korrigieren", so der IHS-Chef. Die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland die Option des Hilfspaketes ziehen wird, ist laut Felderer sehr hoch.
Fehlende Wettbewerbsfähigkeit schuld an hohen Defiziten
Dieser Meinung ist auch der Chefanalyst der RZB, Peter Brezinschek. Er sieht die wesentliche Ursache für die überbordenden Defizite der Mittelmeerländer darin, dass es diese nach dem Beitritt zur Währungsunion versäumt hätten, ihre Wettbewerbsfähigkeit an die Währungsunion anzupassen. "Griechenland hat so weitergelebt wie in der Vergangenheit", so Brezinschek.
Diese Entwicklungen könnten der eigentliche Knackpunkt für die Eurozone werden. Nicht die mehr oder weniger hohe Staatsverschuldung oder Korruption ist laut Brezinschek entscheidend, sondern ob noch griechische Produkte am Markt nachgefragt werden. Deshalb stimme er auch nicht mit der Kritik von Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz überein, der Deutschland eine Mitschuld an dieser Entwicklung gibt, weil es zu viel exportiere und selbst zu wenig konsumiere. "Für diese Argumentation habe ich kein Verständnis mehr", so Brezinschek. Damit würden die "Tüchtigen zu den Bösen" gemacht werden, und nicht die, die die Fehler gemacht hätten.