Die Angst vor einer neuen Finanzkrise lassen die Börsen in den Keller rasseln.
Deja-vu am Aktienmarkt: Aus Furcht vor einem Kollaps des internationalen Finanzsystems trennten sich Anleger am Dienstag in großem Stil von Dividendenpapieren. Unter Verkaufsdruck standen wie Ende 2008 vor allem die Banken, nachdem das belgisch-französische Kreditinstitut Dexia im Strudel der griechischen Schuldenkrise in Schieflage geraten war.
"Was wir sehen, ist, dass sich Investoren die Banken herauspicken", sagte Analyst Justin Urquhart Stewart von Seven Investment Management. "Und Dexia ist die schwächste. Die Politiker müssen jetzt hinter den Banken stehen und das System am Leben halten. Andernfalls droht uns eine neue Finanzkrise."
Dax und EuroStoxx50 fielen um jeweils rund drei Prozent auf 5.186 beziehungsweise 2.077 Punkte - der ATX auf 1.810 Punkte. Im Gegenzug stiegen die entsprechenden Volatilitätsindizes VDax und VStoxx, die die Nervosität der Anleger messen, auf Mehrwochenhochs. Zuvor waren bereits die asiatischen Börsen ins Minus gerutscht: Die Futures auf die US-Indizes deuteten auf eine schwächere Eröffnung der Wall Street hin. Der MSCI-Weltindex fiel auf ein 15-Monats-Tief von 268,54 Punkten.
Börsianer wiesen in diesem Zusammenhang auf eine Kuriosität hin: Am Montag hatte der S&P500-Index bei 1.099,23 Punkten geschlossen - dem exakt gleichen Stand wie am 3. Oktober 2008. Damals war sein Kurs bis zum Jahresende noch um 18 Prozent gefallen. "Das ist natürlich ein kompletter Zufall", betonte Christian Keilland, Chef-Händler des Brokerhauses BTIG in Hongkong. "Aber es sieht danach aus, dass - wo immer die Reise hingeht - es schneller, härter und rauer wird."
Die Nervosität der Investoren setzte den Euro erneut unter Druck. Er fiel auf ein Neun-Monats-Tief von 1,3144 Dollar. Gleichzeitig legte der Bund-Future, der auf der zehnjährigen Bundesanleihe basiert, bis zu 130 Ticks auf 138,74 Punkte zu und lag damit nur noch rund 50 Ticks unter seinem bisherigen Rekordhoch vom September.
Gleichzeitig kratzte die Diskussion um die Rettung Griechenlands am Image Deutschlands als solventem Schuldner. Die Absicherung eines zehn Mio. Euro schweren Pakets von Bundesanleihen per Credit Default Swap (CDS) stieg den zweiten Tag in Folge auf ein Rekordhoch von 121.000 Euro, teilte der Datenanbieter Markit mit. "Es sieht so aus, als trage Deutschland immer mehr die von den Peripherieländern ausgehenden Risiken", sagte Volkswirtin Jennifer McKeown von Capital Economics.
Dexia verbuchten angesichts der Spekulationen um eine Aufspaltung und neue Finanzspritzen einen Rekord-Kurssturz von bis zu 38 Prozent und mit 0,81 Euro waren die Aktien so billig wie noch nie. Parallel dazu verteuerten sich die CDS auf Verbindlichkeiten des Institutes Markit zufolge um 117.000 auf 700.000 Euro.
Angesichts des umfangreichen Bestands an griechischen Staatsanleihen, wäre es nicht verwunderlich, wenn der Staat Dexia unter die Arme greifen müsste, schrieben die Analysten der UBS in einem Kommentar. Das Volumen an Risiko-Anleihen belaufe sich auf 82 Prozent des Grundkapitals. Frankreich und Belgien betonten, sie wollten die Finanzierung von Dexia sicherstellen. Die beiden Staaten und andere Großaktionäre hatten bei dem Institut während der Finanzkrise bereits sechs Mrd. Euro nachgeschossen.
Im Dexia-Sog gab der europäische Bankenindex 4,3 Prozent nach. Gleichzeitig markierte der iTraxx CDS-Index für den Sektor mit 553 Basispunkten ein neues Rekordhoch, teilte Markit mit. Drastische Kursverluste verbuchten auch die griechischen Banken. Alpha Bank fielen auf ein Rekord-Tief von 1,05 Euro. NBG und Piraeus Bank brachen in der Spitze um mehr als zehn Prozent ein und waren so billig wie seit Mitte der 1990er Jahre nicht mehr.
Bei der Deutschen Bank sorgte die Rücknahme des Gewinnziels für zusätzliche Verkäufe. Die Aktie brach um bis zu neun Prozent ein und notierte am Nachmittag 6,2 Prozent schwächer bei 24,15 Euro. Allerdings hätten zuvor bereits etliche Investoren bezweifelt, dass die Deutsche Bank ihr ehrgeiziges Ziel eines Gewinns von zehn Mrd. Euro erreichen werde, betonte ein Börsianer. "Jetzt ist die Katze aus dem Sack und die Anleger wissen was Sache ist."