Den Ex-TA-Vorständen drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Am Wiener Straflandesgericht begann am Montag der Prozess um die Kursmanipulation der Aktie der Telekom Austria (TA) 2004. Angeklagt sind die ehemaligen Vorstände Rudolf Fischer, Heinz Sundt und Stefano Colombo sowie als Beitragstäter Ex-TA-Manager Josef Trimmel und Broker Johann Wanovits. Der Vorwurf lautet auf Untreue, es drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Rudolf Fischer: „Es war ein Fehler, und es tut mir leid“
Konkret geht es darum, dass der Kurs der TA-Aktie am 26. Februar 2004 hinaufgetrieben wurde, damit just zum Stichtag der für ein Manager-Bonusprogramm erforderliche Wert erreicht wurde. Der TA-Vorstand soll Wanovits über Vermittlung von Trimmel und Ex-TA-Mann Rudolf Schieszler den Auftrag dazu erteilt haben. Wanovits erhielt dafür laut Anklage 1,5 Mio. Euro Honorar. „Die Vorstände versprachen Wanovits eine Gegenleistung aus TA-Vermögen, damit sie einen Bonus bekamen – das ist Befugnismissbrauch“, führte Staatsanwalt Hannes Wandl aus. Inklusive der Boni liege der Schaden für die TA bei 10,6 Mio. Euro.
Der Hauptangeklagte Fischer legte am ersten Prozesstag ein Teilgeständnis ab – er habe eine Zahlung von 500.000 Euro an Wanovits freigegeben. „Ich weiß, dass das ein Fehler war, und es tut mir leid“, so Fischer. Die 500.000 Euro habe er zurückgezahlt. Einen formalen Auftrag an Wanovits habe es nicht gegeben. „Es gab ein Einverständnis: Wenn er uns hilft, wird man sich erkenntlich zeigen.“
Um das Geld für Wanovits lockerzumachen, nutzte die TA Scheinaufträge an die Firma Valora des Lobbyisten Peter Hochegger.
Sundt und Colombo bekannten sich nicht schuldig – sie hätten von der Causa Wanovits nichts gewusst, so ihre Verteidiger.A. Sellner
Nächste Seite: Der Liveticker zum Nachlesen
15:31 Uhr: Das war's für heute. Richter Michael Tolstiuk vertagt den Prozess auf morgen 9.15 Uhr.
15:29 Uhr: Staatsanwalt Wandl hält Colombo dessen Aussage vor. Schieszler sei zu Colombo gekommen und ihm gesagt, dass er eine "Lösung" habe. Colombo wollte von der Lösung nichts hören. Er habe Schieszler falsch eingeschätzt und ihm nicht zugetraut, dass dieser eine Bank oder einen Investor bringen könne. Er habe auch, als der Kurs am Stichtag gestiegen sei, nicht gedacht, dass Schieszler involviert gewesen sein könnte, so Colombo. "Niemand ist zu mir gekommen, damit ich etwas unterschreibe."
Colombo habe den TA-Kurs etwa dreimal täglich beobachtet und es sei ihm aufgefallen, dass der Kurs immer am Ende des Tages nach unten gedrückt wurde. Bei seiner ersten Einvernahme hatte Colombo noch ausgesagt, dass ihm nichts aufgefallen wäre. "Es tut mir leid, Herr Staatsanwalt, ich werde nicht so oft von dem Staatsanwalt vernommen", beruft sich Colombo auf ein Missverständnis.
Die Telekom durfte in der sog. "Black Period" vor der Vorlage von Zahlen nicht Aktien in großem Stil selbst kaufen, schildert Colombo. Die TA-Aktie sei auch in den USA notiert und von daher sei dies nicht erlaubt gewesen. Wenn sich ein Investor gefunden hätte, der auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko Aktien kaufe, dann wäre das in Ordnung gewesen.
15:16 Uhr: Eine Firma sollte in der Berichtsperiode den Markt nicht beeinflussen, meint Colombo: "Etwa: Sie werden sehen - die Resultate sind sehr gut."
"Ich habe solche Transaktionen vorher auch schon gesehen - in Italien", so Colombo zum Wanovits-Deal. Bei der Telekom habe er solche Transaktionen allerdings nicht gesehen. Er finde aber nichts dabei - "zu einem marktüblichen Preis". Mit Fischer "habe ich eine Differenz", sagt Colombo und meint damit, dass Wanovits bei einer gemeinsamen Besprechung am Mittwoch nicht genannt wurde. "Es könnte gewesen sein", dass Schieszler erwähnt habe, dass es "jemanden" gebe, allerdings sei Wanovits nicht genannt worden. Noch einmal bekräftigt Colombo, dass er nichts dabei finde, einen Investor "zu marktüblichen Konditionen" anzuheuern, um TA-Aktien zu kaufen. Das sei ein normaler geschäftlicher Vorgang. Er sehe darin kein Problem.
15:06 Uhr: Colombo untermalt seine manchmal schwer verständlichen Darstellungen mit lebhafter Gestik, was Richter Tolstiuk das eine oder andere Lächeln abringt. Wieder gibt es einige Unklarheiten über die Optionen, die die US-Investmentbank Merrill Lynch gehalten hat. Finanzexperte Colombo versucht mittlerweile in drei Sprachen (englisch, italienisch und deutsch) seine Sicht von Marktwirtschaft darzulegen. "Märkte sind perfekt", ist die Kurzversion seiner Ausführungen. Bei den Ausführungen von Colombo kommt immer mehr Heiterkeit auf. Auch Sundt beginnt zu lachen. "Die Leute reden viel - und es ist auch viel in den Zeitungen", so Colombo.
Eine Firma sollte in der Berichtsperiode den Markt nicht beeinflussen, meint Colombo: "Etwa: Sie werden sehen - die Resultate sind sehr gut." Die Telekom habe zu seiner Zeit im Vorstand etwa 60 Millionen Stück an Aktien gekauft, es sei also normal, viel Aktien zu kaufen und zu verkaufen. "Wer uns bei einer Markttransaktion begleitet, wird auch bei künftigen Transaktionen eingebunden. Das ist normal", sagt Colombo in Anspielung auf die Wanovits-Transaktion.
14:47 Uhr: Die Rolle von Manager T. sei ihm nicht bekannt, so Colombo. Mit Schieszler habe es im Rahmen des Controllings täglich Termine gegeben. Schieszler habe ihm eine Lösung angeboten, nämlich: Man könne sich ja an Lieferanten wenden, die Kapital beisteuern. Diese Lösung sei Colombo jedoch nicht recht gewesen, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass Schieszler überhaupt jene nötigen Kontakte zur Finanzwelt haben hätte haben könnte.
Colombo ließ sich jedenfalls seinen Bonus durch das Stock Options Program in bar auszahlen. Er rechtfertigt das damit, dass es seltsam aussehe, wenn ein Vorstand eines Unternehmens während seiner Tätigkeit Aktien des eigenen Unternehmens kaufe - das sehe so aus, als ob man eventuell Insider-Informationen habe und wirke nach außen nicht gut. Deshalb habe er sich in bar auszahlen lassen.
14:36 Uhr: Der Wert der TA-Aktie sei im Februar niedrig gewesen. Der Richter und Colombo tauschen sich kurz über Call Options aus - hier gibt es zahlreiche Missverständnisse zwischen den beiden. Colombo erinnert sich an einen Anruf von Sundt, in dem sich der TA-Chef "sehr erregt" hatte über ein Interview des damaligen ÖIAG-Chefs Michaelis. Dieses Interview - in dem der ÖIAG-Chef ein Kursziel von 16 Euro für die TA-Aktie genannt hatte - drückte auf den Kurs der TA. Man habe in der Folge "die Angst vom Markt nehmen" wollen und eigene Aktien kaufen wollen. 50 Millionen Stück hätte man kaufen können - 2003 gab es einen diesbezüglichen Beschluss der Hauptversammlung, führt Colombo aus.
"Wir haben darüber diskutiert, was wir tun können", so Colombo. Einen Kurs von 11,83 Euro sei die TA-Aktie damals wert gewesen. "Niemand macht etwas für nichts", so Colombo. Er habe Wanovits bis zu diesem Zeitpunkt nicht gekannt. "Wanovits wurde nicht erwähnt", meint Colombo. Aber man habe sich auf die Suche nach Investoren gemacht, die Interesse an TA-Aktien hätten. "Jeder muss seine Partie machen", sagt Colombo und meint damit, dass man sich untereinander (Fischer, Sundt und er) einig war, sich auf die Suche nach Investoren zu machen.
14:17 Uhr: Die Verhandlung geht weiter. Fischer muss noch einmal in den Zeugenstand. Anwalt Mayer will wissen, wie Fischer gemeint habe, dass man "für diese Sache keinen Vorstandsbeschluss" brauche. Das sei einfach nur flapsig formuliert gewesen, meint Fischer. Hintergrund sei, dass es ja keinen Vertrag mit Wanovits gegeben hatte. Andernfalls hätte man sehr wohl einen Vorstandsbeschluss gebraucht. Damit ist Fischer aus dem Zeugenstand entlassen.
Nächster Angeklagter, der befragt wird. Ex-TA-Vorstand Stefano Colombo. Er sei "am Rande" in die Entwicklung des Bonusprogramms eingebunden gewesen. Colombo spricht Deutsch mit italienischem Akzent.
Im Saal haben sich die Reihen der Kiebitze bereits gelichtet. Mittlerweile sind fast nur noch Medienvertreter vor Ort.
Richter Tolstiuk fragt Colombo zum "Stock Options Programm", also dem Aktien-Bonusprogramm. Telekom Italia habe Geld gebraucht und daher im Jänner TA-Aktien verkauft - und das habe auf den TA-Kurs gedrückt, schildert Colombo.
13:42 Uhr: Fischer: "Wanovits hat auf eigenes Risiko gehandelt. Er wusste ja nicht, ob er Geld bekommen würde." Außerdem habe es keinen Auftrag seitens der Telekom gegeben. Wenn der Aktien-Kurs von 11,70 nicht erreicht worden wäre, hätte es auch keine Gegengeschäfte gegeben, bekräftigt Fischer erneut. Es geht nun darum, ob das Wort "Risiko-Prämie" für Wanovits von Fischer kam oder nicht. Dieser verneint das. Wanovits habe sich angeboten, "zu helfen, dass sich der Kurs richtig entwickelt". Die Zahlung an Wanovits sei als "Dankeschön" zu werten, auch wenn die Zahlung "rechtsgrundlos" gewesen sei. Man habe im Vorstandskreis nicht gewusst, ob die Intervention Wanovits' fruchten würde. Es habe sich um "einen letzten Strohhalm" gehandelt. Von verpflichtungen gegenüber Wanovits hätten die beiden anderen Vorstände nichts gewusst, meint Fischer.
"Was für ein Typ ist Schieszler als Mensch?", fragt Fischers Anwalt. "Fachlich sehr gut, aber ehrgeizig", sagt Fischer. Er hätte im Unternehmen weiterkommen wollen.
Sundt würdigt seinen in der Mitte aussagenden und nur wenige Meter von ihm sitzenden Ex-Kollegen Fischer keines Blickes. Sundts Verteidiger arbeitet in einem mühevollen Frage- und Antwort-Spiel heraus, dass bei den Sitzungen Colombo/Sundt/Fischer nichts Konkretes - also kein konkreter Betrag - über einen möglichen Deal mit Wanovits gesprochen wurde.
"Im Endeffekt" habe er Wanovits über Hochegger 500.000 Euro als "Dankeschön" gegeben. Wie Wanovits zu dem Geld kam, habe er nicht gewusst.
13:10 Uhr: Im Gerichtssal werden wieder die Fenster geöffnet. Es ist heiß und stickig. Fischer bekräftigt, dass es "aus unserer Sicht keine Vereinbarung mit Herrn Wanovits gegeben hat. Seine Bank hat auf eigene Rechnung Telekom-Aktien gekauft." Es habe nur informelle Gespräche gegeben, man sei sich im selben Stockwerk öfters uber den Weg gelaufen. "Wer genau?", will der Staatsanwalt wissen. "Na wir", antwortet Fischer leicht gereizt. "Wer ist wir?", hakt der Staatsanwalt nach. "Colombo, Sundt und ich", präzisiert Fischer.
Der Staatsanwalt konfrontiert Fischer mit einer Unterschrift auf einem Hochegger-Angebot. Staatsanwalt, Richter und Fischer blättern im Akt und suchen die Kopie. Fischer bestätigt, dass er Hochegger-Rechnungen unterzeichnet hatte. Es sei darum gegangen, mit ihm "abzurechnen", da Fischer das Unternehmen verlassen würde. Fischer führt aus, worum es bei einer der Hochegger-Rechnungen gegangen ist. Anteilig sollten 400.000 Euro an Wanovits geflossen sein. "Davon weiß ich nichts", so Fischer.
"Können Sie sich erklären, warum ihre beiden Mit-Vorstände Colombo und Sundt sich nicht mehr an die Besprechung am 26.2.2004 erinnern können?", fragt der Staatsanwalt. "Nein, das kann ich nicht", antwortet Fischer. Damit belastet er Colombo und Sundt schwer, denn bei dieser Besprechung soll es um die Beauftragung von Wanovits gegangen sein.
Fischer: "Es war ein Fehler, Wanovits die 500.000 Euro zu zahlen. Er hätte das Geld auch nicht einklagen können." Es habe ja keinen Vertrag gegeben und das Thema seien Gegengeschäfte gewesen.
12:50 Uhr: Mit der eigentlichen Abwicklung der Verträge habe er nichts mehr zu tun gehabt, sagt Fischer. "Es war nicht vorgesehen, dass die Abwicklung in bar erfolgt." Er habe angenommen, dass es einen Sub-Auftrag an Wanovits seitens Hochegger geben würde. Später habe Wanovits Fischer angerufen und von ihm noch ausstehende Honorarteile gefordert. "Ich habe ihn aber hingehalten, weil ich da schon gewusst habe, dass ich das Unternehmen verlasse." Es habe mit Wanovits keine schriftlichen Verträge gegeben und auch keinen Vorstandsbeschluss. Man sei sich der schiefen Optik bewusst gewesen, deshalb habe man das Geschäft mit Wanovits gemacht und nicht auf offiziellem Weg. außerdem sei die Entscheidung in sehr kurzer Zeit gefallen. Unter "Kurspflege" fallen auch Aktivitäten wie etwa Roadshows, diese seien quartalsmäßig durchgeführt worden, schildert Fischer.
Man bewege sich als Vorstand sehr oft "in einer Grauzone", so Fischer. Im Nachhinein müsse man das aus der zeitlichen Sicht sehen. Wanovits habe damals auf eigene Rechnung gekauft, nur ein "Naheverhältnis mit der EuroInvest hat mir damals Kopfzerbrechen gemacht." Man habe sich mit einer Gewinnwarnung im Januar 2004 den Aktienkurs verschlechtert, dabei "praktisch selbst ins Knie geschossen."
12:17 Uhr: Fischer erzählt, dass der Kurs der Aktie "genau und penibel beobachtet" wurde. "Wir waren der Ansicht, dass wir in der Lage sind, die 11,70 (Kurs der Aktie, Anm.) zu erreichen. Es war uns (dem Vorstand, Anm.) bewusst, dass es ein Angebot eines Bankers gab, um den Kurs zu stützen." Schieszler und T. hatten ihm gesagt, dass es über einen Banker zu Aktienkäufen kommen könnte. Schieszler, T. und der Vorstand seien bei diesem Gespräch dabei gewesen. "Ausschließen kann ich den Boris Nemsic; der war in Cannes."
Erst am 26. Februar kam das Thema wieder hoch, weil man gesehen hatte, dass der Schlusskurs tagelang hintereinander unter 11,70 "gedrückt" worden sei. Man habe Merrill Lynch dahinter vermutet, wusste aber nichts Genaues. "Wir waren skeptisch, ab das mit Wanovits funktionieren kann", sagt Fischer. "Es war uns wichtig, die Motivation in Unternehmen aufrecht zu erhalten. Wir haben gesehen, dass der Kurs von außen nach unten gedrückt wurde." Man sei zwar knapp an den 11,70 dran gewesen, und habe den Kurs in seine "richtige Richtung" bringen wollen.
Fischer rechnet vor: "Heruntergebrochen auf die Jahre, die ich für die TA gearbeitet habe, kommen gerade einmal 30.000 Euro Prämie im Jahr heraus." Das sei nicht viel, meint Fischer.
12:03 Uhr: Es geht weiter
Nach einer kurzen Pause - unter anderem, um zu lüften, weil die Luft im kleinen Saal merklich schlechter geworden war. Die Verhandlung geht weiter. Der Richter weist den Antrag der Verteidiger, den Sachverständigen nicht beizuziehen, ab. Kopetzky bleibt also.
Richter Michael Tolstiuk holt Rudolf Fischer in den Zeugenstand. Er bekennt sich teilschuldig. Fischer kam 1998 in den TA-Vorstand. Es habe beim Börsengang großen öffentlichen und politischen Druck gegeben, schildert Fischer. So sei auch der Aktien-Boni-Vertrag zustande gekommen. Was waren die Bedingungen, um an den Bonus zu kommen? Der Schlusskurs der Aktie musste an fünf aufeinanderfolgenden Tagen über dem Schnitt von 11,70 Euro liegen, sagt Fischer. In den Jahren vor 2004 habe es mit den Boni nicht geklappt, da der Kurs die Marke nicht erreicht hatte.
11:30 Uhr: Richter unterbricht die Verhandlung
Wanovits sei ein "bescheidener Mann" und kein Gier-Banker, schildert dessen Anwalt. Er gibt das Wort an seinen Kollegen weiter, einen Wirtschaftsanwalt. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) habe die Vorgänge im Februar 2004 sofort überprüft und dabei nichts gefunden. Ein Honorar von 1 Mio. Euro sei im vorliegenden Fall "durchaus angemessen" für eine Bank, wenn man das Risiko der TA-Transaktion zugrunde lege, so der Anwalt. Um einen "drohenden Schaden" vom Unternehmen abzuwenden, sei es erlaubt, selbst Aktien zu kaufen.
"Herr Wanovits kennt die hier sitzenden Vorstände nicht, er sieht sie hier zum ersten Mal persönlich", setzt der Verteidiger fort. Wanovits habe damals gewusst, dass es zuvor "eine rechtswidrige Kursmanipulation nach unten" gegeben hatte, meint der Anwalt. "Hunderte Angestellte" (genau 95, Anm.) hätten kein Geld gesehen, wenn der Vorstand nicht gehandelt hätte. So wäre doch auch ein Schaden entstanden, so der Anwalt. Ein "Außenstehender" wie Wanovits habe keinen Schädigungs-Vorsatz gehabt und auch keinen Einblick in Unternehmens-Interna. Wanovits habe geglaubt, dass das Boni-Programm durch Optionen bei Merrill Lynch abgesichert war. Noch einmal schildert der Verteidiger den "Angriff" auf den Kurs der TA-Aktie - Wanovits habe mit einer Stützung des Kurses nichts Negatives im Sinn gehabt.
Warum wurde Wanovits in bar bezahlt?
Die Telekom habe Wanovits eine Zahlung ohne Rechnung und in bar angeboten. Das System habe Schieszler aufgezogen, so der Anwalt. "Natürlich sieht eine Bargeld-Annahme am Naschmarkt nicht gut aus", scherzt der Verteidiger. Aber es sei irrelevant, wo die Übergabe erfolge. Wanovits habe bei späteren Geschäften mit Schieszler Rechnungen verlangt, denn "Bargekd macht mir nur Kopfweh". Wanovits' Intervention habe nur dafür gesorgt, dass der Kurs der TA-Aktie auf "ihr natürliches Niveau" zurückkehre, so der Anwalt. Er berichtigt einige Punkte der Anklage.Wanovits sei von der "Berichtigung eines Kursangriffs" ausgegangen, als er an der Börse den TA-Kurs in die Höhe trieb. Der Banker habe nicht gewusst, dass daraus ein Schaden entstehen könnte, zeige auch eine Telefonüberwachung seines Mandanten, so der Anwalt. Deshalb bekenne sich sein Mandant nicht schuldig.
+++ Nach dem etwas lanagtmigen Vortrag des Verteidigers kündigt der Richter eine Pause an +++
11:05 Uhr: Verteidiger von TA- Manager Johann T. am Wort
Nun ist der Verteidiger des mitangeklagten TA-Managers Johann T. am Wort. T. sei mit 16 ins Unternehmen eingestiegen und praktisch "die fleischgewordene Telekom", so der Anwalt. Er sei bei Treffen mit Wanovits dabei gewesen. Das stehe fest, so der Verteidiger. "Aber - ist das schon strafrechtlich relevant? Nein." T. sei "Weisungen" unterlegen und habe nicht gewusst, dass er mit seinen Handlungen einen Schaden anricht. Sein Mandant habe geglaubt, dass er damit einen Schaden von der Telekom abwende, so der Verteidiger. T. zeige sich zwar geständig, im Sinne der Anklage bekenne er sich alldings nicht schuldig.
11:00 Uhr: Sundt-Verteidiger spricht
Der nächste Verteidiger am Wort. Er vertritt Ex-TA-Generalsekretär Heinz Sundt und wirft der Anklage angesichts des Medieninteresses vor, "teilweise populistisch" zu handeln. Der entscheidende Punkt sei, wer von den vereinbarungen mit Wanovits gewusst habe. "Mein Mandant als honoriger Mensch" habe davon nichts gewusst. Kronzeuge Schieszler belaste Sundt überhaupt nicht. Außerdem habe Sundt Wanovits erst heute im Gerichtssaal das erste Mal persönlich gesehen. Das Unternehmen konnte "10 Prozent der eigenen Aktien" selbst halten - also sei damit auch inkludiert, dass man jemand beauftrage, diese Papiere zu kaufen und zu verkaufen - das sei rechtens. Erst die Zahlung von 1,5 Millionen an Wanovits erfülle - "wenn sie geflossen ist" - den Tatbestand der Untreue. Sundt selbst habe mit Hochegger keinen Kontakt gehabt und sei am Stichtag selbst "überrascht gewesen", dass der Kurs auf über 11,70 Euro gestiegen war. Sundt bekenne sich daher nicht schuldig.
10:51 Uhr: Der Colombo-Verteidiger hat prominente Unterstützung bekommen: Anwalt Rudolf Mayer verstärkt ihn. Ex-Vorstand Colombo bekennt sich unschuldig. In den Folgejahren - nach 2004 - sei der Kurs der TA immer weiter gestiegen.
"Wie kann es sein, dass eine Rechnung von 900.000 Euro unbeachtet bleibt", fragt der Verteidiger und spielt damit darauf an, dass die TA alleine im Monat 60.000 Euro für Mineralwasser ausgebe. Die Boni würden im "Promillebereich des Personalaufwands" liegen.
Nach einer "mäßigen Kursentwicklung" der TA-Aktie sei das Papier bereits vor dem Stichtag am 26.2.2004 über 11,70 Euro gelegen. Mitte des Monats habe es jedoch durch ein Interview des ÖIAG-Chefs (der einen Kurs von bis zu 16 Euro als Ziel für die Aktie angab) Druck auf die Papiere gegeben. Man habe dann also "Investoren für die Kurspflege" gesucht, so der Verteidiger. Auf Vorstandsebene habe es "niemals eine Übereinkunft" gegeben, Geld an Wanovits zu bezahlen, so der Verteidiger. Die Mitarbeiter-Motivation mittels eines Bonus-Programmes sei deswegen gemacht worden, um gutes Personal längerfristig an ein Unternehmen zu binden. Sein Argument: Das Hochtreiben des Kurses sei erfolgt, um auch eine Wirkung nach außen zu erzielen: "Wie hätte denn das gewirkt, wenn man gesagt hätte - nicht einmal das bringen sie zusammen? Der Nachteil für die TA wäre viel größer ausgefallen."
Der Richter mahnt den Verteidiger, zum Ende zu kommen: "Es handelt sich noch nicht um das Schlussplädoyer."
10:30 Uhr: Der erste Verteidiger ist am Wort
Er vertritt Ex-Vorstand Rudolf Fischer. Der Verteidiger lobt den Staatsanwalt für dessen "perfekte Aufarbeitung" der Untreue. Die Situation sei so gewesen: Der Kurs sei immer kurz vor dem Stichtag nach unten gerutscht und so sei man auf die fatale Idee gekommen, "nachzuhelfen".
Fischer stehe dazu, sagt sein Verteidiger. Ursprünglich sei an Gegengeschäfte mit Wanovits gedacht gewesen. Das habe jedoch nicht funktioniert. Schieszler sei dann zu Fischer gekommen und habe ihn um Geld für Wanovits ersucht. Das Geld sei über Hochegger gelaufen. Der Verteidiger will darauf hinaus, dass zwar die Zahlungen (1,5 Mio. Euro) an Wanovits einen Schaden für die TA darstellen, nicht aber die ausgezahlten Prämien. Die Auszahlung der Prämien sei ein "mittelbarer Schaden" und kein "unmittelbarer". Der Vermögensschaden bei der Untreue müsse aber aus dem "unmittelbaren Schaden" bemessen werden.
Colombo hat Promi-Verteidiger
Der Colombo-Verteidiger hat prominente Unterstützung bekommen: Anwalt Rudolf Mayer verstärkt ihn. Ex-Vorstand Colombo bekennt sich unschuldig. In den Folgejahren - nach 2004 - sei der Kurs der TA immer weiter gestiegen.
(c) Rudolf Mayer. Der Top-Verteidiger übernahm schon Fälle wie den der "Eis-Lady".
10:14 Uhr: Anwalt der Telekom greift ein
Der Anwalt der TA meldet sich nun zu Wort. Die TA habe sich als Privatbeteiligter dem Prozess angeschlossen. Der "Kernvorwurf" sei der Missbrauch der Erfolgsprämie. Die Prämie sei an 95 Beteiligte ausbezahlt worden. Von Fischer und dem mitangeklagten TA-Manager seien schon mehr als 500.000 Euro zurückgezahlt worden.
10:03 Uhr: Staatsanwalt am Wort
Weil der Kurs am Stichtag höher gelegen sei, seien Boni in Höhe von über 8 Millionen Euro geflossen. Der entscheidende Punkt bei der Untreue-Anklage: Der Vertrag zwischen TA-Vorständen und Managern mit dem Unternehmen. Vermögen aus der Telekom (1,5 Mio. Euro) sei vom Vorstand für Broker Wanovits genommen worden. Ein "redlicher Vorstand" hätte nicht so gehandelt wie die Angeklagten, so Wandl. Die Handlungswiese habe dadurch jegliche Transparenz für Aktionäre verloren. Außerdem sei der Telekom ein Schaden von über 10 Mio. Euro entstanden, darunter über 8 Millionen an Boni - plus das Honorar für Wanovits.
So lief laut Staatsanwalt das Geschäft mit Wanovits: Im Juni 2004 sei ein "Scheingeschäft" mit der Valora AG von Peter Hochegger eingefädelt worden. Für eine Studie, die in der Telekom selbst erstellt worden war, habe Hochegger ein Honorar verrechnet, so Wandl. Der mitangeklagte Telekom-Manager habe das Geld an Wanovits übergeben. Auch Fischer und Schieszler hätten Geld übergeben.
2008 habe Wanovits einen ausstehenden Teil seiner Prämie gefordert; Sundt und Colombo seien zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden. Kurz vor dem Ausscheiden Fischers setzte dieser wieder einen Vertrag mit Hochegger auf - über den das Geld wiederum an Wanovits floss, so Wandl. Die Studien hätten keinen Nutzen für die TA gehabt, so der Staatsanwalt - trotzdem seien die Studien indirekt von der TA bezahlt worden. Wandl schließt sein Eröffnungs-Plädoyer.
09:55 Uhr: Der Vorwurf: Kursmanipulation
Im Jahr 2000 wurde der sogenannte "Stock Option Plan" der TA (das Aktien-Bonus-Programm, Anm.) ins Leben gerufen. Der Plan sah vor, entweder Aktien zum Preis von 9 Euro zu kaufen (obwohl der Kurs bei 11,70 Euro gelegen war) oder die Differenz zwischen den beiden Beträgen zu kassieren. Der Kurs der Aktie musste dafür allerdings über 11,70 Euro am Stichtag liegen.
Am 26.2.2004 überschritt die Aktie den dafür nötigen Kursstand von 11,70 Euro und erreichte einen Wert von 11,73 Euro. Banker Wanovits habe angeboten, den Kurs der Aktie in letzter Minute in die Höhe zu treiben, so der Staatsanwalt. Die Ex-Vorstände Colombo und Fischer erteilten den Kaufvertrag für die Aktien, schildert Wandl. Wanovits habe zugegeben, Aktien gekauft zu haben, bis der Kurs über 11,70 liegt
09:48 Uhr: Rolle von Schieszler nun Thema
Einen "Kronzeugen" gebe es im Gesetz nicht, sagt der Staatsanwalt, als er auf die Rolle von Ex-TA-Manager Gernot Schieszler zu sprechen kommt. Schieszler komme nicht ungeschoren davon, meint der Staatswanwalt, denn es bestehe die Möglichkeit der Diversion (Schadenswiedergutmachung) und es bestünden auch weiterhin zivilrechtliche Ansprüche - etwa kann sich die TA an Schieszler schadlos halten. Die Aussage von Schieszler stand am Anfang der Ermittlungen, schildert der Staatsanwalt. Nach den Aussagen Schieszlers habe es Teilgeständnisse gegeben - von Fischer, Wanovits und Hochegger sowie einem mitangeklagten TA-Manager.
09:41 Uhr: Staatsanwalt am Wort
Staatsanwalt Hannes Wandl beginnt mit seinem Anklagevortrag. Er verwendet eine Präsentation, projiziert die Folien an die Wand hinter dem Richter. Der Staatsanwalt präzisiert seine Vorwürfe der Untreue. Es sei ein Vermögensnachteil von über 10 Mio. Euro entstanden. Der Strafrahmen liegt zwischen einem und zehn Jahren Haft.
09:25 Uhr: Es geht los
Richter Tolstiuk eröffnet die Verhandlung. Die Personalien von Rudolf Fischer werden verlesen.
Etwa 60 Kiebitze haben sich zum Prozess-Start eingefunden, dazu ein gutes Dutzend Journalisten sowie zahlreiche Fotografen und Kameramänner. Zu Beginn gibt es ein minutenlanges Blitzlichtgewitter.
09:03 Uhr: Hochegger und Schieszler sind Zeugen im Prozess
Die Schlüsselfigur im Telekom-Skandal, der Lobbyist Peter Hochegger, spielte auch in der Kursaffäre die Rolle des Geldverteilers über Scheinprojekte. Sein Verfahren wird gesondert abgehandelt, daher ist er hier nur als Zeuge geladen. Ebenfalls als Zeuge wird im Prozess Ex-TA-Vorstand Gernot Schieszler auftreten, er hat den Kronzeugenstatus beantragt. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
Heinz Sundt: Er war damals als Generaldirektor Nummer 1 der Telekom.
09:00 Uhr: Darum geht es heute:
Ex-Chefs sollen Manipulation der Aktie beauftragt haben
Worum es bei der Kursaffäre geht: Der TA-Aktienkurs wurde in der letzten Februarwoche 2004 künstlich in die Höhe getrieben, um rechtzeitig zum Stichtag für ein Manager-Bonusprogramm den dafür erforderlichen Kurs zu erreichen. Diese Manipulation brachte 96 TA-Führungskräften einen Geldregen von insgesamt 9,2 Mio. Euro. Teils haben die
Manager das Geld inzwischen zurückgezahlt.
Staatsanwalt Hannes Wandl wirft den Angeklagten vor, Banker Wanovits beauftragt zu haben, den Kurs mit einer großen Order in letzter Minute hinaufzutreiben. Dafür bekam Wanovits 1,5 Mio. Euro Honorar von der TA, bezahlt über Scheinrechnungen von Hocheggers Firma Valora.
Stefano Colombo: Früherer Finanzvorstand der Telekom ist mitangeklagt.
Nächste Seite: KHG klagt die Republik
Die Amtshaftungsklage von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser gegen die Republik Österreich wird heute vor dem Landesgericht für Zivilsachen in Wien verhandelt. KHG will Schadenersatz vom Staat – er fühlt sich in seinen Persönlichkeitsrechen und seinem Ruf beschädigt, weil die Staatsanwaltschaft während einer Hausdurchsuchung bei ihm Journalisten verständigt hatte. Die daraus folgende Berichterstattung habe Grasser massiv geschadet, heißt es in der Klagsschrift von Anwalt Michael Rami.
Grasser ortet Rufschädigung durch Aktion der Justiz
Ermittlungsverfahren sind – anders als Hauptverfahren – vom Gesetz her nicht öffentlich, daher sei jene Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft rechtswidrig. Die Höhe des geforderten Schadenersatzes wird noch nicht beziffert. Es geht zunächst um die Feststellung, dass die Republik haftet. Grasser selbst kommt zur heutigen Verhandlung nicht persönlich. A. Sellner