Für Fluggesellschaften ist die Krise nicht vorbei
22.12.2009
Billige Tickets, teures Öl und knausrige Passagiere: Für die Fluggesellschaften dürfte die Krise auch 2010 vorerst weitergehen. Immerhin: Das Schlimmste scheint für viele überstanden, die roten Zahlen dürften bei den Airlines erst einmal kleiner werden. Doch das Geschäftsmodell klassischer Linienflieger wie der Lufthansa steht teilweise infrage. Und selbst der Billigflieger Ryanair tritt bei seinem Wachstumskurs auf die Bremse.
Dabei hatte sich gerade die Lufthansa in der Krise als Hort der Stabilität erwiesen. Während Alitalia Insolvenz anmeldete, British Airways frisches Geld benötigte und Air France-KLM den Abbau Tausender Jobs anging, rettete der deutsche Kranich die kriselnde AUA vor dem Untergang - und nahm auch gleich British Midland (BMI) und Brussels Airlines unter seine Fittiche. Die Probleme der "Kleinen" sind damit jedoch nicht gelöst. Die Lufthansa muss sie nun anpacken - und zugleich sich selbst neu erfinden.
Denn die Krise hat in der Luftfahrt der "Geiz ist geil"-Mentalität zu einem neuen Boom verholfen. Geschäftsreisende aus aller Welt, die bislang die teure Business Class füllten und bei den Airlines vor allem auf der Langstrecke für hohe Einnahmen sorgten, begnügen sich in Zeiten knapper Budgets mit der billigeren "Holzklasse", fliegen mit einer Billig-Airline wie Easyjet - oder halten ihre Treffen gleich als Telefonkonferenzen ab.
Längst rechnet British Airways damit, dass sich der Markt für Premium-Reisen nie mehr ganz erholen wird. Zugleich bleiben die Ticketpreise auch für die Economy Class im Keller. Die Lufthansa hat deshalb einen scharfen Sparkurs eingeschlagen - jährliche Einsparungen in Milliardenhöhe sind das Ziel. Air Berlin, Easyjet und Ryanair sieht die Lufthansa nun als ernsthafte Konkurrenten - und will doch nicht ganz so werden wir die Billigheimer.
Die Sitzabstände auf Kurz- und Mittelstreckenflügen sollen schrumpfen, um mehr Menschen auf gleichem Platz unterzubringen. Die Business Class soll allerdings auch auf dem heimischen Kontinent erhalten bleiben: "Wir können nicht einen Amerikaner mit der Business Class nach Deutschland fliegen und ihn dann in einen Billigflieger setzen", stellte Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber neulich klar.
Erfolgreich am Mittelweg
Dass ein Mittelweg zwischen der klassischen Linien-Airline und den "Ohne-Schnickschnack"-Fliegern à la Ryanair erfolgreich sein kann, zeigte inzwischen Air Berlin. Nachdem die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft in der Krise zunächst ins Trudeln geraten war, schaffte sie es im Sommer nach einem entschiedenen Sparkurs wieder in die Gewinnzone. Vor allem aber konnte sie in vielen Monaten steigende Ticketpreise durchsetzen - für viele Fluglinien derzeit ein Wunschtraum.
Dabei ist auch bei den Billigfliegern das Wachstum begrenzt. Die irische Ryanair, die mit einem massiven Flottenausbau und neuen Strecken in die Spitzengruppe der europäischen Fluggesellschaften vorgestoßen ist, stellte zum Jahresende auf Umkehrschub: Die geplante Bestellung von 200 neuen Boeing-Jets blies Ryanair-Chef O'Leary Mitte Dezember ab, nachdem der Flugzeugbauer den Iren bei den Vertragsbedingungen nicht weiter entgegenkommen wollte. Nun will Ryanair nicht etwa Flieger der EADS -Tochter Airbus ordern, sondern das nun überschüssige Geld an die Aktionäre ausschütten.
Damit gehören die Ryanair-Aktionäre zu den Glücklichen in der Krise, denn die Fluggesellschaften weltweit werden voraussichtlich auch 2010 kräftige Verluste einfliegen. Nach Einschätzung des internationalen Luftfahrtverbandes IATA dürfte sich das Minus der Branche 2010 immerhin auf 5,6 Mrd. Dollar halbieren - für 2009 erwartet die Organisation noch Verluste von 11 Mrd. Dollar.
"Das Schlimmste haben wir wahrscheinlich überstanden", schätzt IATA- Chef Giovanni Bisignani und erwartet, dass sich die Nachfrage weiter erholt. Auch die deutschen Flughäfen rechnen 2010 wieder mit mehr Passagieren. Angesichts steigender Treibstoffkosten und "katastrophaler Erträge", wie Bisignani sagt, dürfte der Jubel darüber allerdings gedämpft bleiben.