Neue Steuer
"Aktien-KESt" betrifft auch Fonds
27.10.2010
Steuer trifft auch Investmentfondsanteile und Anleihen.
Die neue 25-prozentige Aktienkursgewinnsteuer betrifft auch Inhaber von Investmentfondsanteilen, Anleihen und anderen Wertpapieren. Entsprechende Berichte von "Presse" und "Standard" bestätigte am Mittwoch ein Sprecher des Finanzministeriums: Bei den Fonds soll die Steuer auf beiden Ebenen greifen, zunächst laufend intern und später beim Inhaber, sobald er seinen Fondsanteil verkauft. Eine doppelte Besteuerung soll dabei aber vermieden werden. Die Fondsindustrie kritisiert, dass die ausgeweitete Besteuerung dem Vorsorge-Gedanken zuwiderläuft und befürchtet außer hohen IT-Kosten auch eine gebremste Investitionsfreude durch verunsicherte Kunden. Es könnte dafür aber heuer noch einen Run geben, da die Steuer erst ab Anfang 2011 greift.
Kursgewinne werden versteuert
"Die KESt wird ausgeweitet auf Veräußerungsgewinne für Wertpapiere", sagte Harald Waiglein, Sprecher von Finanzminister Josef Pröll, am Mittwoch. Zunächst würden auf fondsinterner Ebene wie bisher die Zinsausschüttungen und Dividenden verkestet, aber - neu - auch Kursgewinne von Aktien, die in einem Fonds gehalten werden. Die zweite Besteuerungsebene greife dann, sobald ein Fondsinhaber sich von Anteilen trennt. Jedoch wird dann beobachtet, ob der Wert des Fondsanteils zum Zeitpunkt der Veräußerung überhaupt höher war als zu einem früheren Stichtag, zu dem Verluste und Gewinne in einem Fonds bereits gegengerechnet wurden. Der Stichtag sei
einmal im Jahr und müsse nicht unbedingt ident sein mit dem Jahresultimo.
KESt "nicht förderlich"
Manfred Stagl, Chef der Volksbank Invest KAG, versteht grundsätzlich "die budgetären Handlungszwänge der Regierung" und auch die Zielsetzung, bei der KESt eine Gleichbehandlung zu Zinspapieren anzustreben, "das wirkt sich aber an den Börsen und bei den Firmen, die sich Eigenkapital besorgen wollen, nicht förderlich aus". Den Menschen sollte eine private Vorsorge zum Schließen der in Zukunft größer werdenden "Pensionslücke" nicht erschwert werden, argumentierte Stagl am Mittwoch.
Branche hofft auf "Vorzieh"-Effekt
Stagl, der auch Vizepräsident der VÖIG (Verband österreichischer Investmentgesellschaften) ist, sieht die "Gefahr einer Verunsicherung wegen der neuen Steuer". Dabei seien die Kunden ohnedies schon durch die Finanzkrise verunsichert worden. Ähnlich wie es in Deutschland vor der Einführung einer ähnlichen Steuer der Fall war, "könnte es aber auch bei uns heuer noch einen Run geben", also einen Vorzieheffekt. Schließlich greift die neue Kursgewinn-"KESt" ja erst bei Wertpapieren, die ab 1. Jänner 2011 angeschafft werden - auch wenn das Gesetz selbst, wie Waiglein sagt, erst mit 1. Juli in Kraft treten soll, um den Finanzinstituten eine Vorlaufzeit für die Einführung geeigneter EDV-Lösungen zu geben.
Noch heuer investieren?
Noch heuer in Aktien zu investieren, rät übrigens auch Karl Bruckner - Vizepräsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) und Vorsitzender des Fachsenats für Steuerrecht der KWT - jenen Anlegern, die an weitere Kurssteigerungen glauben, wie der heutigen "Presse" zu entnehmen ist. Denn dann kann man etwaige Gewinne auch in den folgenden Jahren noch steuerfrei einstreifen.
Banken wollen Kostenersatz
Die Kreditinstitute wollen für die Abwicklung der "Wertpapier-KESt" vollen Kostenersatz vom Bund - und wenn dieser nicht gewährt wird, wollen sie vor Gericht ziehen, schreibt das "WirtschaftsBlatt" (Mittwoch). "Den Banken entstehen dadurch hohe Investitionskosten, die der Staat voll abgelten muss", wird Herbert Pichler von der WKÖ-Sparte Bank und Versicherung zitiert. Er verweist dabei auf eine Klage der Banken, die beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Jahr 2000 erfolgreich war. Ob es auch diesmal zu einer Klage kommen werde, hänge vom Finanzministerium ab: "Werden die Kosten nicht ersetzt, müssen wir zwangsläufig diesen Weg beschreiben", sagt Erwin Hameseder, Chef der RLB NÖ-Wien der Zeitung. Er beziffert die zusätzlichen Kosten für alle heimischen Institute auf mehr als 100 Mio. Euro, andere Banker gehen von rund 30 Mio. Euro aus.
Rückgang befürchtet
Der Chef der direktanlage.at - des heimischen Marktführers im Online-Brokerage - rechnet mit einem Einbruch der Transaktionsumsätze um bis zu einem Fünftel. "Einen Rückgang um 15 bis 20 % halte ich für realistisch", sagte Vorstandschef Ernst Huber zur APA. Aufs Ergebnis soll sich das bei der UniCredit-Tochter aber nur wenig durchschlagen: "Ich hoffe, dass wir das durch Zugewinne woanders kompensieren können oder spätestens nach einem Jahr wieder ausgeglichen haben". Nur die Hälfte des Geschäfts entfalle auf das Brokerage. Huber sieht auch die Gefahr, dass Kunden ihre Depots ins Ausland, etwa nach Deutschland, verlagern.
Steuer treffe Kleinanleger
"Zu 95 Prozent wird die neue Steuer den Kleinanleger treffen", ist der direktanlage.at-Chef überzeugt und erwartet daher, dass der eine oder andere Kunde eine "Flucht" ins Ausland überlegen wird - nämlich dann, wenn Verluste aus Wertpapierverkäufen erst mit Verspätung über die Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht werden können, wovon er ausgehe.