Neue Regierung

Athen will Defizit um ein Drittel senken

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Die neue griechische Regierung hat Budgetentwurf für 2012 präsentiert.

Mit einem Schuldenschnitt und Privatisierungserlösen in Milliardenhöhe will Griechenland sein Staatsdefizit um mehr als ein Drittel drücken. Die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben soll 2012 nur noch 5,4 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, sieht der am Freitag veröffentlichte Haushaltsentwurf der neuen Regierung von Ministerpräsident Lucas Papademos vor. Heuer werden es demnach 9,0 Prozent sein. Ein neues Sparpaket soll der Bevölkerung nicht zugemutet werden. "Wir brauchen keine weiteren Maßnahmen mehr, die an den Einkommen der Bürger zehren - so lange wir umsetzen, was wir bereits beschlossen haben", sagte Finanzminister Evangelos Venizelos.

Ehrgeizige Ziele
Ob das in einer schweren Rezession steckende Land die ehrgeizigen Ziele erreicht, hängt in erster Linie von seinen Gläubigern ab. Die privaten Geldgeber sollen auf die Hälfte ihrer Ansprüche in Höhe von 200 Milliarden Euro verzichten. Im Gegenzug sollen sie 70 Milliarden Euro an neuen Staatsanleihen plus 30 Milliarden Euro in bar erhalten. Der Schuldentausch müsse auf freiwilliger Basis folgen, sagte Venizelos. Kommt er nicht zustande, wird das Defizit mit 6,7 Prozent deutlich größer ausfallen als geplant.

Der Weltbankenverband IIF zweifelt allerdings, dass es noch in diesem Monat zu der von Griechenland angestrebten raschen Einigung kommt. "Ende November ist ein optimistischer Zeitplan", sagte IIF-Geschäftsführer Charles Dallara der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir wollen so schnell wie möglich vorankommen." Der IIF führt die Verhandlungen für die Banken.

Weniger Schulden
Der Schuldenstand wird dem Budgetentwurf nach im kommenden Jahr auf 309,3 Milliarden Euro oder 145,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes fallen. 2011 wird mit 352 Milliarden Euro oder 161,7 Prozent der Wirtschaftsleistung gerechnet. "Nach einer historischen Epoche mit ständig steigenden Staatsschulden wird sich das nun umkehren", sagte Venizelos. "Wir werden die Schulden abbauen." Erschwert wird das allerdings durch die Konjunkturflaute: Die Wirtschaft wird der Regierungsprognose zufolge 2012 bereits das fünfte Jahr in Folge schrumpfen, mit 2,8 Prozent aber nur noch etwa halb so stark wie 2011.

Zum Schuldenabbau sollen erhebliche Mehreinnahmen aus der Privatisierung von Staatsunternehmen beitragen. 2012 sollen auf diese Weise 9,3 Milliarden Euro in die Kassen gespült werden, nach 1,7 Milliarden Euro im heurigen Jahr. Trennen will sich der schwer angeschlagene Staat unter anderem von Anteilen an der Wettagentur OPAP, der Raffinerie Hellenic Petroleum sowie an Wasserversorgern und Erdgasunternehmen.

Primärüberschuss
Auf diese Weise soll ab 2012 ein Primärüberschuss erreicht werden - die Einnahmen also die Ausgaben übertreffen, wenn die Kosten für den Schuldendienst ausgeklammert werden. Damit kann der Abbau der Schulden beginnen, der ohne den teilweisen Forderungsverzicht im kommenden Jahr auf annähernd das doppelte der jährlichen Wirtschaftsleistung steigen würde. Um das zu erreichen, muss die Regierung Papademos nicht nur unrentable Staatsbeteiligungen abstoßen, sondern auch die massive Steuerflucht eindämmen und Tausende Mitarbeiter im öffentlichen Dienst entlassen. Die Vorgängerregierung hatte das zwar angekündigt, aber nicht umgesetzt.

"Die Erfüllung aller von unserem Land versprochenen Reformen ist von existenzieller Bedeutung", hieß es im Budgetentwurf. Dem Lande bleibe nur noch "wenig Zeit", sich mit Hilfe der Partner in der EU zu retten. Venizelos sprach am Freitag bei der Vorstellung des Etats im Parlament von einem "nationalen Neubeginn". Vor Journalisten machte er keinen Hehl daraus, dass den Griechen weiter schwere Zeiten bevorstehen: "Wir alle wollen reich und gesund und nicht arm und krank sein. Wir müssen aber jetzt an die Zukunft des Landes und unserer Kinder denken." Venizelos forderte alle Griechen auf, in der nächsten Zeit zusammenzuhalten und nicht mit Streiks die Bemühungen der Regierung zu untergraben.

Wichtiges Treffen
Am Freitag reisten die Chefs der sogenannten Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank nach Athen, deren Urteil zu den Sparanstrengungen über weitere Hilfskredite für Griechenland entscheidet. Ohne eine weitere Überweisung in Höhe von acht Milliarden Euro droht dem Land Mitte Dezember die Pleite. Die Troika-Vertreter wollten noch am Freitag mit Papademos und Venizelos zusammenkommen, am Samstag waren Gespräche mit den Spitzen der drei an der Übergangsregierung beteiligten Parteien geplant.

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