Auch bei der Windenergie läuft es nicht ganz rund.
Mit Sonnenenergie hat sich Siemens-Chef Löscher die Finger verbrannt. Drei Jahre nach dem Einstieg zieht er sich aus dem verlustreichen Geschäft wieder zurück. Bei der Windkraft dagegen läuft es gut - im Prinzip zumindest.
"Die Solarthermie ist eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts", verkündet Siemens auf seiner Homepage. Aber für Europas größten Elektrokonzern ist jetzt Schluss damit. Siemens hat in diesem Bereich nur rote Zahlen eingefahren - nun wird das gesamte Solargeschäft verkauft. Ein weiterer Rückschlag für Vorstandschef Peter Löscher, der das Unternehmen zum "grünen Riesen" machen und mit der Energiewende viel Geld verdienen will.
Gerade mal drei Jahre ist es her, dass Löscher um 284 Mio. Euro das israelische Solarthermie-Unternehmen Solel gekauft und selbstbewusst verkündet hatte, Siemens wolle zum Marktführer in diesem Bereich aufsteigen. Sonnenstrahlen mit großen Spiegeln bündeln und die Hitze über eine Dampfturbine in Strom umwandeln - die Wüstenstrom-Initiative Desertec beflügelte damals die Fantasie, und Löscher rechnete mit jährlichen Zuwachsraten von 20 Prozent.
Aber das Geschäft kam nie auf Touren. Sechs Großaufträge bekam Solel in Spanien und Indien - das war's. Vor einem Jahr musste Siemens 231 Mio. Euro abschreiben. Der Jahresumsatz des gesamten Solargeschäfts, zu dem auch noch der Bau großer Photovoltaik-Anlagen gehört, blieb unter 300 Mio. Euro. Der Verlust sei höher als der Umsatz, hatte Finanzchef Joe Kaeser erklärt.
Siemens steht damit nicht allein. Im Preiskampf gegen Billiganbieter aus China haben schon mehrere deutsche Solarunternehmen Insolvenz anmelden müssen. Soeben hat Bosch seine Solarsparte wegen fortgesetzt tiefroter Zahlen grundsätzlich in Frage gestellt. In der Konkurrenz gegen Photovoltaik zog Solarthermie den Kürzeren, sogar auf dem großen US-Markt. "Der globale Markt für Solarthermie ist von vier Gigawatt auf zuletzt etwas über ein Gigawatt zurückgegangen", erklärte Siemens-Energievorstand Michael Süß am Montag.
Jetzt zog Löscher die Notbremse. Im Zuge des soeben beschlossenen Sparprogramms 2014 kommen alle schwächelnden Geschäftsbereiche auf den Prüfstand - und da war das verlustreiche Solargeschäft natürlich der heißeste Kandidat.
Bei erneuerbaren Energien will sich Siemens künftig auf Wind- und Wasserkraftwerke konzentrieren - beides profitabel. Allerdings läuft es auch bei der Windenergie nicht ganz rund. Bei der Anbindung von Nordsee-Windparks vor Borkum und Helgoland ans Stromnetz auf dem Festland hinkt Siemens ein Jahr hinter dem Zeitplan her und musste im ersten Halbjahr bereits 481 Mio. Euro abschreiben. Deshalb hat Löscher die Gewinnprognose für dieses Jahr bereits kräftig gesenkt. In den USA streicht Siemens gerade 600 Arbeitsplätze in der Rotorblatt-Fertigung für Windräder - die Steuervorteile für Windenergie dort laufen zum Jahresende aus, die Nachfrage ist eingebrochen.
Und auch aus Deutschland kommt jetzt ein Rückschlag: Der dänische Stromanbieter Dong legt seine Pläne für den Windpark Riffgrund 2 vor Borkum auf Eis. Siemens hatte 77 Windturbinen für Riffgrund 1 geliefert und auf den Auftrag für 97 weitere gehofft - ein Geschäft in einer Größenordnung von annähernd einer Milliarde Euro.
Das Energiegeschäft ist der größte und profitabelste Sektor von Siemens - dank der Gas- und Dampfkraftwerke. Der Bereich "Fossil Power Generation" hat allein in den ersten neun Monaten 8,2 Milliarden Euro Umsatz und ein Ergebnis von 1,56 Milliarden Euro erwirtschaftet. Der Anteil dieses Bereichs könnte in Kürze noch steigen - Siemens verhandelt gerade über den Kauf des italienischen Gaskraftwerkbauers Ansaldo. Bis Anfang November soll die Entscheidung fallen.