Bahnfahren zu billig?
WestBahn fordert Debatte über Tickets
09.11.2011
WestBahn-Chef Wehinger fordert: Ein Fahrschein für alle Öffis.
Am 11. Dezember 2011, mit Beginn des Winterfahrplans der ÖBB, geht der neue Bahnbetreiber Westbahn an den Start. Westbahn-Geschäftsführer Stefan Wehinger ist überzeugt, dass der Termin, der schon bei der Gründung des neuen Unternehmens vor drei Jahren im Oktober 2008 festgelegt wurde, eingehalten wird. Die Fahrzeugzulassung werde am 22. November kommen, "damit liegen wir genau im Zeitplan", versichert der Vorarlberger im Gespräch mit der APA.
WestBahn-Chef Wehinger will Debatte über Finanzierung der Öffis
Der frühere ÖBB-Personenverkehrsmanager hat nach seinem Abgang aus der Staatsbahn die Westbahn zu seinem Lebensprojekt gemacht und will den öffentlichen Verkehr reformieren. "Wir wollen eine Diskussion über die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs". Der Vorarlberger verweist auf Deutschland und die Schweiz, wo die Ticketpreise im Vergleich höher sind als in Österreich, dafür aber auch deutlich mehr Leistung geboten werde. "Ist es gut, dass die ÖBB so hohe Subventionen für den Fahrbetrieb erhält, nämlich 600 Mio. Euro pro Jahr, Tendenz steigend?" Die Deutsche Bahn und die Schweizer SBB stünden deutlich besser da als die ÖBB. "Wir wollen die Bahn schweizerischer machen."
Halbpreis-Pass und Netzkarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel
Das Ticketsystem müsse in Österreich dringend reformiert werden, fordert Wehinger, der auf der Westbahn zum halben Normalpreis der ÖBB-Fahrkarten seine Tickets anbietet. Von Wien-Westbahnhof nach Salzburg kostet das Westbahn-Ticket 23,80 Euro - exakt der Preis für ein ÖBB-Ticket mit Vorteilscard für dieselbe Strecke. Nach dem Vorbild der Schweiz müsse es in Österreich endlich auch ein Ticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel geben, fordert er. Neben einer Jahresnetzkarte sollte auch eine überall gültige Halbpreiskarte eingeführt werden. Dadurch würde die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs steigen. Widerstände gegen ein derartiges Ticketsystem ortet Wehinger bei den ÖBB. Die Bundesbahnen würden damit ihre Hoheit über die Vorteilscard verlieren, meint er.
Streit um elektronische Fahrplanauskunft Scotty
Die ÖBB müssten die Westbahn auch in ihre Fahrplaninformation "Scotty" aufnehmen, drängt Wehinger. Die ÖBB hätten eine marktbeherrschende Stellung, daher müssten sie andere Mitbewerber in das System hineinlassen. Alle anderen Verkehrsunternehmen seien im Scotty aufgenommen worden. Der Ausschluss der Westbahn sei daher ein "willkürlicher Akt" gegen ein Unternehmen, wettert er. In anderen Ländern, etwa in Tschechien, wird die landesweite Fahrplan-Auskunft unter der Schirmherrschaft des Verkehrsministeriums betrieben. Dort sind die öffentlichen Verkehrsmittel aller Anbieter gleichberechtigt vertreten, von der Straßenbahn über den Nah- und Fernverkehr von Bus und Bahn bis zum kompletten Flugplan.
Trotz der Konkurrenzsituation will Wehinger aber die ÖBB nicht verdammen: "Unser Feind sind nicht die ÖBB" - sondern der Individualverkehr.
Wehinger: "WestBahn bleibt ein österreichisches Unternehmen"
Die WestBahn ist ein Projekt von Wehinger mit dem Baulöwen Hans-Peter Haselsteiner. Der Strabag-Chef hält über seine Familien-Privatstiftung 25,93 Prozent an der Muttergesellschaft Rail Holding AG, ebenso hoch ist der Anteil der Stefan Wehinger Beteiligungs- und Beratungs GmbH und der französischen Staatsbahn SNCF. Mit 22,21 Prozent ist die Schweizer Augusta Holding AG beteiligt, laut Wehinger eine Gruppe von Schweizer Finanzinvestoren, die von Erhard Grossnig vertreten werde. Falls die französische Staatsbahn ihren Anteil je aufstocken wolle, würde sie dies wohl über die Augusta machen. Denn die Westbahn werde auf jeden Fall ein österreichisches Unternehmen bleiben, versichert Wehinger: 50 Prozent und eine Aktie würden jedenfalls bei den österreichischen Eigentümern, also Haselsteiner und ihm, bleiben.
(S E R V I C E: Fotos von Stefan Wehinger sind im AOM abrufbar)