Die Kreditvergabe der Banken in der Euro-Zone lässt wegen der Rezession immer mehr nach. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) am 30. Juni in Frankfurt mitteilte, wuchs die Summe der von den Banken an Firmen und Haushalte ausgereichten Kredite im Mai nur noch um 1,8 Prozent - so langsam wie noch nie in der Geschichte der europäischen Währungsunion.
Gleichzeitig parkten die Banken einen dreistelligen Milliardenbetrag bei der EZB. Sie hatten sich vergangene Woche bei der Zentralbank fast 450 Mrd. Euro beim ersten einjährigen Refinanzierungsgeschäft besorgt. Rund die Hälfte des Geldes ruhte in der Nacht von 29. auf 30. Juni auf den Konten der EZB.
Auch das Wachstum der für die Zinspolitik der EZB wichtigen Geldmenge M3 ging im Mai abermals deutlich stärker als erwartet zurück. Das Plus lag nur noch bei 3,7 Prozent nach 4,9 Prozent im April. Analysten hatten im Schnitt mit einer Verlangsamung des Geldmengenwachstums auf lediglich 4,6 Prozent gerechnet. Im gleitenden Dreimonatsdurchschnitt (März bis Mai) wuchs M3 mit einer Jahresrate von 4,5 Prozent. M3 umfasst unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten, kurzfristige Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen bis zu zwei Jahren Laufzeit.
Kein rasches Ende der Rezession
Die Entwicklung von M3 und der Kreditvergabe unterstreicht nach Ansicht von Experten, dass die EZB mit ihren Mahnungen richtig liegt, trotz Anzeichen einer Stabilisierung der Wirtschaft nicht vorschnell ein baldiges Ende der Rezession auszurufen. "Was wir sehen ist die Bestätigung, dass die EZB recht hat, wenn sie bezüglich einer Erholung (in der Euro-Zone) vorsichtig bleibt", sagte Marco Valli von der italienischen Großbank Unicredit: "Die Kreditvergabe wird noch eine ganze Zeit lang unter Druck sein."
Bundesbank-Chef Axel Weber hatte zuletzt vor einer Kreditklemme mit unabsehbaren Folgen für die deutsche Wirtschaft gewarnt. Weber und Finanzminister Peer Steinbrück hatten die Banken deshalb mit deutlichen Worten aufgefordert, die bereitgestellte Extra-Liquidität an Unternehmen und Haushalte weiterzugeben. Das zusätzliche Geld sei nicht dazu da, die Banken zu retten und gehortet zu werden, sondern um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Sollten die Banken nicht entsprechend handeln, werde die EZB eventuell die Banken umgehen und Kredite direkt an Unternehmen geben.
Keine Änderung des Leitzinses erwartet
Der EZB-Rat entscheidet am 2. Juli über den Leitzins in der Euro-Zone. Der Schlüsselzins für die Refinanzierung des Bankensystems liegt auf dem historisch niedrigen Niveau von einem Prozent. Dabei dürfte es nach Ansicht von Ökonomen auch bleiben. Die EZB beginnt zudem im Juli mit dem geplanten Kauf von Pfandbriefen über bis zu 60 Mrd. Euro. Sie hofft dadurch, das von der Krise besonders hart getroffene Marktsegment wieder in Gang zu bringen. Zudem will die Zentralbank mit dem Geld noch mehr Schmierstoff in die Finanzbranche geben, damit keine Kreditklemme eintritt.
Bundesbank-Vizepräsident Franz-Christoph Zeitler sagte bei einem Symposium zur Bankenaufsicht in Frankfurt, die Banken würden seiner Meinung nach durch die Abschreibung toxischer Wertpapiere bei der Auslagerung in eine "Bad Bank" an der Vergabe neuer Kredite gehindert. Die riskanten Papiere müssen auf Druck der EU-Kommission pauschal im Voraus um zehn Prozent wertberichtigt werden. Zeitler: "Das belastet die Eigenkapitalbasis der Institute zusätzlich und wirkt damit dem Ziel des Gesetzes entgegen, den Kreditkanal offen zu halten", kritisierte er. Es gebe aber noch Hoffnung, die Folgen der Zwangsabschreibung etwas abzumildern, indem der Zeitpunkt der Übertragung zurückverlegt werde.