Die weltweit wichtigsten Bankenaufseher und Notenbanken haben ein neues Regelwerk erarbeitet, das die Banken in der nächsten Krise wetterfester machen und sie daran hindern soll, zu große Risiken einzugehen. Die Anforderungen an Kapital und Liquidität sollen konkret aber erst in einem Jahr festgelegt werden, nach Abschluss einer Studie, in der die neuen Vorschriften auf ihre Auswirkungen auf die Banken abgeklopft werden.
DER ZEITPLAN:
- Ende Jänner 2010: Die Banken erhalten die
Fragebögen für die Auswirkungsstudie. Damit werden quantitative Daten
abgefragt, aber auch die Präferenzen der Banken zu Alternativen bei
einzelnen Regeln.
- Ende April: Die Fragebögen müssen an die
Aufsicht zurückgesandt werden. Dort werden die Daten zusammengefasst und
analysiert.
- Mitte Juli: Der Baseler Ausschuss diskutiert über die
Ergebnisse der Studie.
- September: Vorschläge zu den zahlenmäßigen
Anforderungen an Kapital und Liquidität (Kalibrierung), beispielweise zur
Mindest-Kernkapitalquote, sollen vorgelegt werden.
- Dezember 2010:
Der Baseler Ausschuss entscheidet über die Vorschläge. Der Zeitplan wird von
Mitgliedern des Ausschusses als ambitioniert bewertet.
- Ende 2012:
Die neuen Regeln sollen schrittweise eingeführt werden, sofern sich die
Konjunktur ausreichend erholt hat.
- Für die Umsetzung der Regeln
soll es aber "angemessene Übergangsfristen" und
Bestandsschutz für vorhandenes Kapital geben.
- Der Baseler
Ausschuss prüft die Frage, ob systemrelevante Banken höhere
Kapitalanforderungen erfüllen müssen als andere.
EIGENKAPITAL:
-
Von den Aufsichtsbehörden anerkannt werden künftig nur noch Kernkapital
(Tier-1) und Ergänzungskapital (Tier-2). Damit müssen Marktpreisrisiken mit
härterem Kapital unterlegt werden. Das dafür bisher verwendete
Drittrangkapital (Tier-3) wird abgeschafft. Es soll keine Höchstgrenzen für
Tier-2 im Verhältnis zu Tier-1 mehr geben.
- Sogenanntes "hartes
Kernkapital" muss mindestens die Hälfte von Tier-1 ausmachen. Bei
Aktiengesellschaften gelten nur Stammkapital und Kapitalrücklagen als hartes
Kernkapital, bei anderen Banken auch "entsprechende Instrumente"
wie Genossenschaftsanteile und Stille Einlagen von Sparkassen oder
Genussrechte, wenn sie einen Katalog von 14 Kriterien erfüllen. Für deutsche
Landesbanken gelten damit unterschiedliche Regeln - je nach deren Rechtsform.
-
Entscheidend für die Anerkennung von Kernkapital ist, ob die Banken damit
Verluste im laufenden Geschäft tragen können. Ergänzungskapital muss für
Verluste im Insolvenzfall einstehen.
- "Abzugsposten" wie
immaterielle Vermögenswerte oder Minderheitsbeteiligungen, um die das
Kernkapital in der Rechnung der Aufseher vermindert wird, werden jetzt nicht
mehr vom gesamten, sondern nur noch vom harten Tier-1 abgezogen. Das
bedeutet eine Verschärfung.
- Hybride Kapitalinstrumente -
Mischformen von Eigen- und Fremdkapital - sollen sich künftig für die Banken
nicht mehr lohnen.
LEVERAGE RATIO:
- Sie gibt an,
wie stark eine Bank im Vergleich zu ihrem risikogewichteten Eigenkapital
verschuldet ist. Die Banken sollen nach weltweit einheitlichen Kriterien
eine bestimmte Verschuldungsquote nicht mehr überschreiten, um keine
übersteigerten Risiken mehr eingehen zu können.
-
Kritiker wenden ein, dass die Quote das mit den Schulden verbundene Risiko
außeracht lässt. Staatsanleihen gehen in die Rechnung in gleichem Maße ein
wie riskante Hochzinsanleihen.
- Die Einführung der Leverage Ratio
war ausdrücklich Auftrag der G20-Staaten beim Gipfel in Pittsburgh.
-
Sie soll allerdings zunächst nicht verbindlich werden, bei Verstößen müssen
keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen ergriffen werden.
LIQUIDITÄTSPUFFER:
-
Geplant sind zwei neue Kennziffern: eine Liquidity Coverage Ratio (LCR) und
eine Net Stable Funding Ratio (NSFR).
- Die Einhaltung der LCR soll
sicherstellen, dass die Bank jederzeit ausreichende Vermögenswerte zu Geld
machen kann und damit die kurzfristige Liquidität sicherstellen. Dazu zählen
hauptsächlich Zentralbankguthaben und Staatsanleihen. Offen ist noch, ob
erstrangige Unternehmensanleihen oder Pfandbriefe auch dazugerechnet werden
dürfen.
- Die NSFR soll verhindern, dass Banken kurzfristige
Verbindlichkeiten zu langfristig refinanzieren.
ANTIZYKLISCHER
KAPITALPUFFER:
- Die Banken sollen in guten Zeiten Kapital
aufbauen, um in Krisen ausreichend davon zu haben. Dazu sollen sie ihre
Vorsorge konsequenter auf den zu erwartenden Verlust ausrichten.
-
Damit sollen die Folgen von Krisen auf die Branche und die Realwirtschaft
gedämpft werden.
- Die krisenverschärfende Wirkung von Ratings
soll gemildert werden.
- Die Aufsicht soll mehr Handhabe bekommen,
um Banken an der Ausschüttung von Gewinnen zu hindern.