BAWAG macht am Land 350 Agenten-Filialen auf
03.05.2010
Die BAWAG war in kleinen Landgemeinden bisher nicht vertreten, seit Montag prangt auf einer aufgelassenen Postfiliale in Schiefling am See (nahe Velden) in Kärnten das Logo der BAWAG PSK. Weil die Post immer mehr Postämter schließt und nicht alle Kunden den Greißler im Dorf als Bankberater wollen, war die Cerberus-Bank BAWAG PSK gezwungen, neue Vertriebswege auf die Beine zu stellen, um nicht Kunden zu verlieren.
Zu einer möglichen größeren Vertriebsexpansion über eine Fusion mit der Volksbank-Gruppe wollte sich BAWAG-Vorstandsdirektorin Regina Prehofer mit keinem Wort äußern. Dem Vernehmen nach ist die BAWAG bei der zum Verkauf stehenden ÖVAG gerade in der Due-Diligence-Phase. Die BAWAG gilt als klarer Wunschpartner der Volksbanker.
Bis Mitte 2012 will Prehofer bis zu 350 einstige Postämter am Land in "eigene" Bankfilialen umwandelt haben. Heuer zumindest 50. Ganz neu an dieser Vertriebsschiene ist, dass für die Leitung dieser Standorte ("Bankpartner" am Muster von Agenten in vergleichbaren Modellen im Ausland) Inhaber von Gewerbescheinen als Vermögensberater mit Berechtigung zur Versicherungsvermittlung bzw. von Krediten rekrutiert werden, möglichst lokal gut vernetzt und mit langjähriger Finanzerfahrung. Ein bei der BAWAG angestellter Bankmitarbeiter für BWG-pflichtige Geschäftsabwicklungen ersetzt die Banklizenz.
Selbstständiger Bankpartner und angestellter Bankmitarbeiter teilen sich die Arbeit in den Filialen vor Ort - Wertpapier-/Versicherungs-/Kreditvermittlung einerseits und Einlagen-und Zahlungsverkehrsgeschäfte anderseits. Laut Wertpapieraufsichtsgesetz ist dieser Vertriebstypus der so genannte "vertraglich gebundene Vermittler", mit Exklusivvertrag und und Back-office-Unterstützung der BAWAG PSK.
In Österreich betritt die Bank damit Neuland. Eines, das man sich "kostenmäßig leisten" könne, wie Prehofer und Vertriebsmanager Manfred Feichter erklärten. Die "Bankpartner"-Standorte kosten nur halb so viel wie klassische Filialen. Vor allem aber können so kleine Niederlassungen betrieben werden, die ansonsten unrentabel wären, weil die kritische Masse fehlt. Unter einem Dach sollen auch weiter Postdienste angeboten werden. Mit den Gemeinden ist die Bank im Gespräch um Arten der "Unterstützung". Das ist angesichts klammer Gemeindekassen und im Konkurrenzumfeld mit anderen Banken aber ein heikles Thema.
Als die BAWAG die Postsparkasse übernahm und Anfang des Jahrtausends der aktuelle Postvertriebsvertrag abgeschlossen wurde, gab es noch 2.331 Postfilialen. Heute kann sich die BAWAG im klassischen Standortgeschäft zu ihren 155 eigenen Bank-Filialen nach mehreren Postämter-Schließungswellen nur noch 1.125 Postfilialen für den Bankvertrieb sowie der Dienste von aktuell 627 Postpartnern bedienen.
Mittelfristig will die Post auf etwa 400 eigene Post-Filialen zurückgehen. Beide, BAWAG und Post, bräuchten diesen neuen Kanal mit Bankpartnern, hieß es heute. Für die Nutzung der Postämter für Bankdienstleistungen zahlt die BAWAG PSK jährlich Gebühren an die Post, im Vorjahr waren es 92 Mio. Euro. Der an sich unbefristete Vertrag wäre erstmals 2012 kündbar.
Heute startete die Bank mit dem ersten Bankpartner in Kärnten am Wörthersee, im Juni folgen weitere in Kärnten, der Steiermark und Niederösterreich. Am 28. Juni ist Wolfsberg am Programm. Dass in den ersten Wochen gleich mehrere Standorte in Kärnten aufmachen, sei "Zufall", versicherte das BAWAG-Management auf Fragen, ob man im Süden gerade die Hypo-Alpe-Adria-Kunden im Auge hat.
An allen Standorten in der Pipeline würden Postfilialen ersetzt, also bestehende Bank- und Post-Kunden bedient. Man wolle aber auch wachsen, wurde eingeräumt. Von den 1,6 Mio. Privatkunden der BAWAG PSK nutzen derzeit rund 900.000 den Postamtsvertrieb fürs Bankgeschäft.