Der Streit um die Finanzierung des Brennerbasistunnels eskaliert.
Der Streit um die neuen Schulden der Bahn wegen des Brennerbasistunnels (BBT) ist eskaliert. Am Montagmittag haben die ÖBB kurzfristig den für morgen angesetzten Sonderaufsichtsrat der ÖBB-Holding abgesagt, bei dem die Weichen für den Bau des Mammutprojekts gestellt hätten werden sollen. Konkret sollte morgen die Grundlage für Projektfinanzierung geschaffen werden.
Weitere 5 Mrd. Euro Schulden
Laut ÖBB bedeutet dies, dass die Bahn weitere 5 Mrd. Euro an Schulden für den Finanzminister übernehmen müssen. "Gleichzeitig übt das Finanzministerium massive Kritik an den Schulden der ÖBB, obwohl es diese selbst beauftragt hat." Die ÖBB bestehen nun auf einem "verbindlichen Rechtsakt", wie sie in einer Aussendung festhielten.
"Unzumutbares Risiko"
"Ohne detaillierte Finanzierungsvereinbarung sind die ÖBB nicht bereit, das Unternehmen einem unzumutbaren Risiko auszusetzen", hieß es in der Mitteilung.
Als "Erfüllungsgehilfe der Republik" sei die Bahn grundsätzlich bereit, den Tunnel zu bauen. Die dafür notwendigen Rahmenbedingungen seien aber erst zu schaffenfen.
Platter informiert
Die ÖBB haben Montagfrüh den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) per Brief über die Absage des morgigen Sonderaufsichtsrats zur Finanzierung des Brennerbasistunnels (BBT) informiert.
Verkehrministerium: Kenie Verschiebung
Aus Sicht des Verkehrsministeriums gibt es "noch keine Verschiebung des Zeitplans", wie eine Sprecherin von Ministerin Doris Bures (SPÖ) auf Anfrage sagte.
ÖBB: Pröll am Zug
Bei der Bahn sieht man nun jedenfalls Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) am Zug. "Wir warten auf eine Reaktion aus dem BMF", hieß es aus dem Unternehmen. Die Bahn stelle das Projekt nicht grundsätzlich infrage, brauche aber eine verbindliche Finanzierungszusage.
Zuschussvertrag noch nicht unterzeichnet
Beim Sonderaufsichtsrat am Dienstag hätte die ÖBB beschließen sollen, die 25 Prozent, die das Land Tirol an der Brenner-Durchführungsgesellschaft BBT SE hält, zu übernehmen. Damit wäre die Hälfte der Finanzierungskosten, die Österreich aufzubringen hat, nämlich 5 Mrd. Euro, bei der Bahn gelegen. "Das sind Schulden, die wir im Auftrag des Finanzministeriums aufnehmen", so eine ÖBB-Sprecherin.
Finanzminister Pröll hat den sogenannten Zuschussvertrag aber noch nicht unterzeichnet.
Auch im Verkehrsressort verwies man auf das Finanzministerium: "Die ÖBB-Aufsichtsräte weisen zu Recht darauf hin, dass sie die Verbindlichkeiten ohne Unterschrift nicht eingehen können."
Fix ist bisher nur die Finanzierung des Erkundungsstollens, mit dem im April gestartet werden soll. Die Kosten dafür belaufen sich laut Bahnangaben von heute auf 1,25 Mrd. Euro.
Seite 2: ÖBB schließen Preiserhöhungen im Nahverkehr nicht aus
ÖBB-Chef Christian Kern hat Preiserhöhungen im Fern-, nicht aber im Nahverkehr ausgeschlossen. Bei letzterem hätten auch die regionalen Verkehrsverbünde eine Stimme: "Was dort passiert, bestimmt nicht die ÖBB, nicht die ÖBB alleine", sagt Kern am Montag. "Also alles das, was nicht Nahverkehr ist, den wir gemeinsam mit den Verkehrsverbünden abschließen, dort gehen wir davon aus, dass es eine stabile Preisentwicklung geben wird."
Bures schließt Tariferhöhungen nicht aus
Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) hatte in der "Pressestunde" am Sonntag Tariferhöhungen nicht ausgeschlossen.
Kern will 3.000 Stellen abbauen
Kern will wie berichtet beim Güterverkehr und bei den technischen Services in den nächsten vier Jahren rund 3.000 Stellen abbauen. Diese Ziel beinhaltet offenbar aber auch andere Kostenpositionen: Die ÖBB wollten "Überstunden, Leasingkräfte und Mitarbeiter im Güterverkehr im Ausmaß von 3.000 reduzieren (...) - also das sind nicht nur Mitarbeiter, sondern auch andere Kostenpositionen in dem Bereich", sagte Kern.
ÖVP-Infrastruktursprecher Ferdinand Maier bezeichnete mögliche Preiserhöhungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt als "eine Provokation der ÖBB gegenüber den Bahnkunden". "Wer keine Preiserhöhungen ausschließt, spielt mit dem Gedanken, an den Tarifen zu drehen und den Kunden noch mehr in die Tasche zu greifen", so Maier, der Kern als "Ankündigungsmanager" bezeichnete.
Lopatka zweifelt an schwarzen Zahlen bis 2013
Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) bezweifelte in Radio das von Bures ausgerufene Ziel, bis 2013 wieder schwarze Zahlen zu erreichen. Der entscheidende Punkt bei den ÖBB liege beim Personalkostenanteil." Wenn man das macht, was man im letzten Jahr gemacht hat, das führt zu keiner Reduktion. Wenn auf 700 Pensionierungen 2.144 Neuaufnahmen folgen". Die ÖBB sollten "endlich diesen konzerninternen Arbeitsmarkt aufbauen".