Bedeutung Österreichs als "Offshore-Land" nimmt ab
02.09.2009
Am Private Banking-Sektor stehen in Österreich nach Ansicht der Experten von Booz & Company große Veränderungen bevor. Aufgrund der Lockerung des Bankgeheimnisses wird die Bedeutung Österreichs als "Offshore-Land" abnehmen und die Gelder werden durch den Wegfall der "Steuerersparnis" zumindest teilweise wieder in ihre Herkunftsländer zurückfließen.
Auch könnte es zu einem Vertrauensverlust in den Bankenplatz kommen, etwa in Zusammenhang mit der Diskussion um Amnestie und Stiftungsrecht. "Die Gelder sind zurückfließend", sagte Johannes Bussmann, Partner und Leiter der Financial Services Practice in Deutschland, Schweiz und Österreich. Generell liege der Anteil ausländischen Gelder deutlich unter 10 Prozent des in Österreich veranlagten Geldvermögens.
"Die Lockerung des Bankgeheimnisses und der Druck der OECD unterstreichen die Rolle des traditionellen Offshore-Bankings als Auslaufmodell. Innerhalb der EU ist dafür langfristig kein Platz", betonte auch Projektleiter Gerhard Wunderer.
Fokus auf "deklariertes Offshore-Geschäft"
Die Zukunft liegt laut den Booz-Experten im von der OECD forcierten "deklarierten Offshore-Geschäft" und damit dem Anpreisen legaler Steuervorteile, der Stabilität des Bankenplatzes sowie spezieller Services wie Hilfe bei der Steuererklärung. Einer der Vorteile Österreichs liege dabei im Erbschafts- und Stiftungsrecht. Generell gehe der Trend bei den sehr vermögenden Privatkunden aber immer mehr in die Richtung, das Geldvermögen auf mehrere Länder und Währungen zu verteilen.
Der heimische Private Banking-Markt ist 2008 um 18 Prozent oder 21 Mrd. Euro von 116 auf 95 Mrd. Euro geschrumpft. Damit fielen die Einbußen deutlich geringer aus als in Deutschland (-27 %) oder der Schweiz (-25 %). Die Erträge werden von 2007 auf 2009 um rund 30 Prozent zurück gehen - in Deutschland um rund 40 Prozent. Kunden ab 300.000 Euro verfügbarem Anlagevermögen werden als Private Banking-Kunden angesehen.
"Die bisherigen Geschäftsmodelle mit schönen Büros und überbezahlten Beratern müssen überdacht werden", sagte Bussmann. Es gelte, das Angebot durch verbesserte Beratungsqualität aufzuwerten, die Kostenbasis zu reduzieren, die Produktportfolios zu verschlanken und für mehr Transparenz und Information zu sorgen.
Komplexere Produkte werden beliebter
Die Nachfrage nach komplexen Produkten habe zwar nachgelassen, Bussmann geht aber davon aus, dass die Anleger in Erwartung höherer Zinsen auch wieder in komplexere Produkte gehen werden. Die Profitabilität dürfte aber weiter unter Druck bleiben, weswegen die Banken ernsthaft ihre Kostenbasis anpassen müssten. Dies dürfte auch zu einem Abbau von Mitarbeitern führen.
Bussmann beziffert die Überkapazitäten auf 20 Prozent. "Bei Ertragsrückgängen von 30 Prozent ist es nur mehr eine Frage der Zeit, wann sie fallen gelassen werden", so der Experte. Auch dürfte sich das Gehaltsniveau "normalisieren".
Gewinner der Krise waren die lokalen Sparkassen, Raiffeisen- und Volksbanken, die ihren Marktanteil beim Private Banking laut Studie per Ende 2008 um 1 bis 2 Prozentpunkte auf 38 Prozent ausbauen konnten. Dagegen mussten die klassischen in- und ausländischen Privatbanken - darunter die Meinl Bank oder Constantia Privatbank - teilweise starke Geldabflüsse hinnehmen. Sie verloren in Summe 2 Prozent Marktanteile und lagen Ende 2008 bei 40 Prozent. Die integrierten Groß- und Universalbanken blieben relativ unverändert bei 22 Prozent.
Die Krise wird von den befragten Bankern als die schwerste Krise seit Jahrzehnten angesehen. Eine Erholung erwarten sie nicht vor 2010. Die Auswirkungen wurden in diesem Ausmaß nicht erwartet, dementsprechend wenig Vorkehrungen wurden getroffen oder Kunden rechtzeitig informiert. Für die Zukunft geht die Branche durch den Trend zu einfacheren, margenärmeren Produkten und weniger riskanten von einem geringeren Ertragspotenzial aus.