Komplettübernahme der BMG-Anteile kostete 700-800 Mio. €.
Ob Bruno Mars, Gossip oder Duran Duran: Bei Europas größtem Medienkonzern Bertelsmann spielt künftig wieder die Musik. Bertelsmann verleibt sich die Musikrechtefirma BMG Rights Management vollständig ein und übernimmt dafür den 51-prozentigen Anteil des Mehrheitseigners KKR, wie die Unternehmen am Freitag mitteilten. Finanzkreisen zufolge lässt sich Bertelsmann das zwischen 700 und 800 Mio. Euro kosten. "Für Bertelsmann ist heute ein guter Tag: wir holen die Musik zurück in den Konzern", erklärte Konzernchef Thomas Rabe.
Rabe hatte den Wiedereinstieg ins Musikgeschäft, aus dem sich der Konzern 2008 eigentlich verabschiedet hatte, maßgeblich betrieben. Bislang war Bertelsmann aber nur mit 49 Prozent an BMG beteiligt. Nach der Komplettübernahme, die im ersten Halbjahr über die Bühne gehen soll, wollen die Gütersloher das Geschäft eigenständig weiterentwickeln. Bertelsmann strebe keine Kooperation an. "Wir wollen langfristig das Geschäft ausbauen. Wir haben keine Absicht, Anteile an BMG abzugeben", sagte Rabe im Gespräch mit Reuters. Das Musikrechtegeschäft sei ein wachsender Markt. Wachstumspotenzial sieht Rabe in immer neuen Angeboten, Musik in digitaler Form zu verbreiten, sowie in Schwellenländern. Rabe will weitere kleinere und mittlere Akquisitionsmöglichkeiten am Markt nutzen. "Wir wollen aktiver Konsolidierer sein", sagte er.
Dass Bertelsmann mehr Einfluss übernehmen könnte, hatte sich angedeutet. Erst im Dezember hatte Rabe erklärt: "Sollte KKR ausscheiden wollen, dann werden wir wohl die Mehrheit an BMG anstreben, gegebenenfalls mit anderen Partnern." Das Unternehmen mit Sitz in Berlin ist nicht im Plattengeschäft selbst aktiv, sondern verwaltet Musikrechte - und hält beispielsweise die Hand auf, wenn ein Song im Radio läuft. Operativ arbeite BMG "sehr profitabel", erklärte Bertelsmann. Rabe gab die Gesamtbewertung der Musikrechtefirma inklusive Finanzschulden mit rund 1,1 Mrd. Euro an.
Der Medienkonzern stemme die Übernahme aus eigenen liquiden Mitteln. Dividendenzahlungen der Fernsehtochter RTL sowie ein möglicher Verkauf von Anteilen an RTL seien davon unberührt, erklärte Rabe. Bertelsmann hält über 92 Prozent der RTL-Anteile und will ein Paket von bis zu 17 Prozent verkaufen, um Geld für Investitionen in neue Geschäftsfelder hereinzubekommen. Trotz eines Gewinneinbruchs verdoppelt RTL die Ausschüttung auf 1,6 Mrd. Euro.
Bertelsmann zahlt mit der Transaktion vertrauten Personen zufolge für die vollständige BMG-Übernahme inklusive Schulden 700 bis 800 Mio. Euro. Für KKR war die Aufbauhilfe ein gutes Geschäft. Dem Insider zufolge hat der Finanzinvestor im Laufe der vergangenen dreieinhalb Jahre 209 Mio. Euro Eigenkapital in BMG investiert und nun das Eineinhalb- bis Zweifache wieder herausgeholt. Für seine Investoren hat KKR damit eine Rendite von mehr als 20 Prozent erwirtschaftet.
Bertelsmann nannte keine konkreten Zahlen. Der Konzern zahle einen "niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenbetrag" und übernehme zudem Schulden im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich, sagte ein Sprecher. Durch Sondereffekte durch die Zuschreibung von BMG-Eigenkapital bleibe ein Buchgewinn im niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Die Wettbewerbshüter müssen der Übernahme noch zustimmen.
Bertelsmann und KKR haben BMG durch kleinere Akquisitionen zum weltweit viertgrößten Musikrechteunternehmen ausgebaut. Der ganz große Wurf blieb BMG 2011 allerdings verwehrt. Beim Milliarden-Wettbieten um die Musikrechte-Kataloge des Traditionslabels EMI und von Warner Music ging die Firma leer aus. Einem früheren Medienbericht zufolge will BMG zusammen mit Sony nun gemeinsam für EMI-Sparten bieten, die Universal Music wegen Auflagen der Wettbewerbshüter verkaufen muss.
Für KKR ist es nicht der einzige Rückzug in jüngster Zeit. Der Finanzinvestor bereitet in Deutschland bereits einen Ausstieg aus dem Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 vor und hat sich dort jüngst von einem ersten Aktienpaket getrennt.