Insider-Verdacht

"Bierbarone"-Prozess startet mit Freispruch

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Angeklagte sollen beim Verkauf der BBAG/Brau Union Insider-Infos missbraucht haben.

Die Wiederholung des Bier-Insiderprozesses hat heute Montag am ersten Prozesstag überraschend mit einem Freispruch für einen der zwölf Angeklagten begonnen. Paul Kretz wurde vom Vorwurf des Insiderhandels freigesprochen, nachdem Staatsanwalt Bernhard Löw die Anklage gegen ihn zurückzog.

Damit bleiben noch elf Beschuldigte, die sich wegen Verdacht auf Insiderhandel rund um die Übernahme der BBAG/Brau Union durch den niederländischen Heineken-Konzern im Jahr 2003 verantworten müssen. Die sogenannten früheren "Bier-Barone" bzw. deren Angehörige weisen alle Vorwürfe zurück.

Insiderwissen
Staatsanwalt Bernhard Löw wirft den Angeklagten vor, sie hätten Insiderwissen über den geplanten bevorstehenden Verkauf der BBAG/Brau Union für lukrative Aktienkäufe ausgenutzt - bevor noch die Öffentlichkeit über die Pläne des börsenotierten Konzerns etwas erfahren habe. Die Angeklagten werden dabei in Primär- und Sekundärinsider eingeteilt: Primärinsider sollen aufgrund ihrer Funktion bzw. ihres Eigentums die vertrauliche Information selbst erlangt haben, Sekundärinsider - im konkreten Fall Familienmitglieder - erhielten die Infos demnach von den Primärinsidern. Insiderhandel sei kein Kavaliersdelikt, argumentierten der Staatsanwalt und die Vertreterin der Finanzmarktaufsicht (FMA), Ingrid Wilfing. Für den Börseplatz Wien sei Transparenz eine unverzichtbare Bedingung, um allen Anlegern gleiche Voraussetzungen für ihre Aktientransaktionen zu verschaffen.

Zwölf Angeklagte saßen heute zu Prozessbeginn auf der Anklagebank im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts. Elf davon waren bereits im Jahr 2007 in einem ersten Prozess von Richter Thomas Kreuter freigesprochen worden, das OLG hatte die Freisprüche aber gekippt. Den Sekundärinsidern unter den Angeklagten wurde heute gleich ein Angebot auf Diversion gemacht. Alle lehnten das Angebot jedoch ab.

Richter Georg Olschak hatte den Fall eigentlich bereits durch Diversion erledigen wollen, das OLG Wien hatte jedoch entschieden, dass die vereinbarte Diversion mit Spendenzahlungen von 600.000 Euro zu milde gewesen wäre. Für die Sekundärinsider wäre jedoch eine Diversion möglich, aber nur wenn sie tatsächlich "angemessene Summen" zahlen würden. Das Diversionsangebot wurde jedoch heute früh zu Verfahrensbeginn von allen betroffenen Angeklagten abgelehnt.

Der Freispruch für den mitangeklagten Paul Kretz, Cousin des weiterhin angeklagten Nikolaus Kretz, ergab sich aus dem Urteil des OLG. Denn darin war Nikolaus Kretz der Bestimmungstäterschaft für Insiderhandel freigesprochen worden - logischerweise sei daher Paul Kretz nicht mehr anzuklagen, argumentierte dessen Anwalt erfolgreich. Nikolaus Kretz werden auch Insider-Aktiengeschäfte zum eigenen Nutzen vorgeworfen.

Angeklagt sind der ehemalige Sprecher der syndizierten Kernaktionäre, Ludwig Beurle, dessen Vater und Bruder, Christian und Stefan, Ex-Brau-Union-General Karl Büche, dessen Ehefrau und Schwiegertochter, Ulrike und Astrid, der Sohn von Ex-Brau-Union-Vorstand Fritz Kretz, Nikolaus Kretz sowie Wilhelm Mathes und Heinz Peter Mathes, Ex-Brau-Union-Aufsichtsrat Christian Atzwanger sowie dessen Ehefrau Irene.

Rechtsvorschrift ungenau?
Ihre Verteidiger argumentierten in ihren Plädoyers, dass die anzuwendende Rechtsvorschrift ungenau sei. Außerdem hätten die Angeklagten wohl größere Geschäfte gemacht, wenn sie die Motivation gehabt hätten, Insiderwissen auszunutzen. Dass sie nur einen Teil ihrer beträchtlichen Vermögen in Brauerei-Aktien gesteckt hatten, werteten die Rechtsanwälte als Zeichen, dass kein Insiderhandel vorlag. Denn wären sich die Angeklagten sicher gewesen, dass es zur Übernahme kommen würde, dann hätten sie wohl ihre ganzen Vermögen in Bier-Aktien gesteckt. Laut den zu Prozessbeginn offengelegten Vermögensverhältnissen sind die meisten der Angeklagten Millionäre.

Der Verkauf der Brau Union an den holländischen Heineken-Konzern im Mai 2003 war mit einem Volumen von insgesamt 1,9 Mrd. Euro einer der größten Deals der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. Zu den Insider-Geschäften soll es zwischen Oktober 2002 und Mai 2003 gekommen sein. Da das Verfahren nach der alten Fassung des Paragraf 48 Börsegesetz verhandelt wird, drohen den Primärinsidern maximal zwei Jahre Haft, den Sekundärinsidern maximal ein Jahr Haft. Auch Geldstrafen wären möglich.

Der Prozess wird am Mittwoch um 9 Uhr im Großen Schwurgerichtssaal fortgesetzt.
 

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