Weltgrößte Börse entsteht

Deutsche Börse & NYSE Euronext vor Fusion

09.02.2011

Auch die Börsen von London und Toronto streben eine Fusion an.

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Am Mittwoch wurden gleich zwei milliardenschwere Börsefusionen bekannt gegeben: In der Früh die beabsichtigte Fusion der Börsen von London und Toronto - mit Mehrheit für die Briten - und am Nachmittag wurden Fusionsvorbereitungen zwischen Deutscher Börse und NYSE Euronext bestätigt. Hier hätten die Deutschen die Mehrheit.

Deutsche Börse/NYSE Euronext: "Fortgeschrittene Verhandlungen"
Die Deutsche Börse und die NYSE Euronext haben am Mittwochnachmittag "fortgeschrittene Fusionsverhandlungen" bestätigt. Es gebe aber noch keine Übereinkunft, teilte die New Yorker Börse auf ihrer Website mit. Es sei noch nicht sicher, dass es zu einem Zusammenschluss kommen werde. Organbeschlüsse gibt es noch nicht.

Mehrheit für Deutsche Börse

Sollten sich die beiden Seiten sauf eine Fusion einigen, würden die Anteilseigner der Deutschen Börse 59 bis 60 Prozent am neuen Unternehmen halten. Konzernchef soll allerdings NYSE-Lenker Duncan Niederauer werden, Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni würde Verwaltungsratschef. Die Zentralen sollen in Frankfurt und New York sein.

Kostensynergien
NYSE Euronext und Deutsche Börse erhoffen sich den Angaben zufolge Kostensynergien in Höhe von 300 Millionen Euro. Zudem werde eine deutliche Steigerung der Umsätze erwartet etwa durch Clearing-Dienstleistungen oder aufgrund der Zusammenarbeit zwischen den globalen Kassa- und Derivategeschäften der beiden Börsen.

London (LSE)/Toronte (TMX): Mehrheit für Briten
Im Wettstreit um internationale Investoren will sich die traditionsreiche Börse London (LSE) durch den Kauf ihres kanadischen Rivalen TMX stärken. Dadurch soll der weltweit viertgrößte Handelsplatz und die Nummer eins im lukrativen Geschäft mit Rohstoffaktien entstehen.

Übernahmeoffert: 3,2 Mrd. US-Dollar
Das am Mittwoch bekanntgemachte Übernahmeoffert der LSE bewertet den kanadischen Börsenbetreiber TMX mit rund 3,2 Mrd. US-Dollar. Der fusionierte Konzern wäre auf Basis der jüngsten Aktienkurse 6,9 Mrd. Dollar (5 Mrd. Euro) schwer. Die LSE will 55 Prozent an der neuen Gesellschaft halten.

Befreiungsschlag für Londoner
Für die Londoner könnte der Schritt einen Befreiungsschlag bedeuten. LSE-Chef Xavier Rolet will verlorene Marktanteile zurückerobern, nachdem Vorgängerin Clara Furse vor allem mit der Abwehr unliebsamer Übernahmeangebote beschäftigt war. Neben der Deutschen Börse hatten auch die Rivalen Euronext und Nasdaq die Finger nach der LSE ausgestreckt, deren Anfänge ins Jahr 1698 zurückreichen. Seit der Deregulierung 2007 sorgen in der Branche alternative Handelsplattformen wie Chi-X und BATS für eine zusätzliche Verschärfung des Wettbewerbs.

LSE und TMX wären weltweit Nr. 4
Das Bündnis aus LSE und TMX würde gemessen am Handelsvolumen international auf Rang vier liegen. Legt man die Börsenwerte aller gelisteten Firmen zugrunde, käme der neue Konzern gar auf Platz zwei. Dabei würde ihm insbesondere die Konzentration auf Boombranchen helfen. "Wir schaffen den weltgrößten Börsenplatz für die Sektoren Rohstoffe, Energie und natürliche Ressourcen sowie den Premiummarkt für kleine, mittelgroße und Wachstumsunternehmen", erklärte Rolet, der von London aus auch den neuen Konzern führen soll. Als Finanzchef soll ihm dabei von Toronto aus Michael Ptasznik assistieren, der dieses Ressort bisher schon bei TMX leitet. Die TMX kehrte im abgelaufenen Quartal in die Gewinnzone zurück und wies am Mittwoch einen Überschuss von knapp 50 Millionen Dollar aus.

Investoren begrüßten die Fusionspläne zwischen London und Toronto. Der LSE-Aktienkurs stieg um mehr als 3 Prozent. "Der Deal sieht aus wie ein defensiv orientierter Zusammenschluss, der durch den Konkurrenzdruck und geografische Beschränkungen motiviert ist, das heißt die Notwendigkeit, mehr internationales Geschäft anzuziehen", erläuterten die Analysten von Oriel Securities.

Beim zweiten Aufgebot des Tages konnten die Anleger bisher nicht reagieren. Der Aktienhandel in Titeln der Deutschen Börse und der NYSE Euronext war ausgesetzt.
 

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