In der Eurozone ringt man mit der Schuldenkrise, in den Staaten drohen nun auch Probleme.
Griechenland droht ein Schuldenschnitt, Irland und Portugal brauchen Milliardenhilfen und die Gefahr eines Dominoeffekts in der Eurozone ist längst nicht gebannt. Die Staatsschuldenkrise hält Europa in Atem, und nun geraten auch noch die USA ins Schwanken. Kommt ein Finanzmarkt-Tsunami, der über den Atlantik schwappt und Euroländer mitreißt? Dass die USA den Status als sicherer Schuldner einbüßen könnten, hat die Finanzmärkte schockiert und das Misstrauen gegen Schuldensünder wie Griechenland, Portugal und Irland neu befeuert.
"Wenn selbst die USA - die lange als Maßstab galten - nicht mehr sicher sind, fragen sich Investoren: Welches Land ist denn jetzt überhaupt noch sicher?", sagt Volkswirt Daniel Gros, der die Brüsseler Denkfabrik Centre for European Policy Studies leitet.
Dunkle Wolken am Horizont
Noch glaubt niemand ernsthaft, dass die weltgrößte Volkswirtschaft Finanzierungsprobleme bekommen könnte. Aber die Märkte sind extrem nervös und nicht immer rational. "Wenn der Markt etwas möchte, erzwingt er das auch", sagt Unicredit-Analyst Andreas Rees. Das hätten die vergangenen Monate gezeigt. Portugal habe auch wegen der Dynamik an den Märkten unter den Rettungsschirm schlüpfen müssen: "Das war zum Teil eine sich selbsterfüllende Prophezeiung."
Doch EU-Diplomaten sehen keinen Anlass zur Panik: Man dürfe die Fähigkeiten Brüssels nicht unterschätzen. "Die USA werden nicht wackeln, weil sie eine lange Tradition und ein funktionierendes politisches System haben", sagt Volkswirt Guntram Wolff vom Brüsseler Wirtschaftsforschungsinstitut Bruegel. "Europa wird nicht wackeln, weil Europa politische Lösungen finden wird. Dabei geht es vor allem um die Frage der Lastenteilung."
Wie rational ist der Markt?
Auf rationale Märkte hofft zwar auch Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). "Sicher ist dies aber nicht, denn das Geld lockt", sagte er am Dienstag laut Handelsblatt Online. Eine Herabstufung setze oft eine Verkaufswelle für die Anleihen des Staates in Gang. Gewinner sei nur, wer Kreditausfallversicherungen (CDS) für US-Anleihen im Angebot habe. Hingegen müssen Staaten für frisches Geld höhere Zinsen bezahlen. "Gewinner dürften wohl Bundesanleihen sein", sagt Rees.
Holger Schmieding von der Berenberg-Bank ist zudem überzeugt, dass die US-Notenbank eine straffere amerikanische Fiskalpolitik mit extrem billigem Geld unterstützen würde - auch auf Kosten einer höheren Inflation. In Europa wurde die Zinswende bereits eingeläutet, in den USA werde sich die Fed noch Monate Zeit lassen: Das stärkt den Euro, schwächt aber die hiesige Exportwirtschaft.
Damoklesschwert über den USA
Den mächtigen Ratingagenturen war zuletzt eine Mitschuld für die Zuspitzung der Staatsschuldenkrise in Europa gegeben worden. Nun droht Standard & Poor's, auch über die Kreditwürdigkeit der USA den Daumen zu senken. Das könnte die Lage in Europa etwas entschärfen, glaubt Rees: "Zuletzt hatten die Investoren sehr einäugig europäische Länder im Visier, jetzt kommen auch die USA in den Fokus." Vor allem angelsächsische Investoren hätten die US-Verschuldung unterschätzt.
Die bloße Androhung einer Herabstufung kann die Märkte gewaltig aufwirbeln - und Länder in enorme Schwierigkeiten stürzen. Glaubt man den Märkten, an denen griechische Staatsanleihen derzeit mit extrem hohen Risikoprämien gehandelt werden, steht Hellas sogar kurz vor der Umschuldung, die auch private Gläubiger treffen würde - auch wenn Athen das vehement bestreitet.
"Wahre Finnen" könnten Probleme bereiten
Doch bei den Menschen im Euroraum kommt die Botschaft der Politik nicht an, wie nicht nur der Wahlerfolg der Eurogegner in Finnland zeigt. Der Sieg der EU-Skeptiker bei den finnischen Parlamentswahlen könnte es künftig erschweren, verschuldete Euro-Länder vor der Pleite zu retten. "Wenn Finnland sich an der Rettung Portugals nicht beteiligen will, hat das vor allem symbolische Bedeutung und lädt zur Nachahmung ein", warnt Volkswirt Wolff.
Das Vertrauen scheint dahin, nachdem entgegen aller Versicherungen erst Griechenland, dann Irland und dann Portugal Milliardenhilfen beantragen mussten. Spanien ist auch nicht aus dem Schneider, obwohl die Madrider Regierung die jüngsten Turbulenzen auf den spanischen Finanzmärkten als relativ unbedeutend einstuft. Wirtschaftsministerin Elena Salgado sagte: "Die Fundamente der spanischen Wirtschaft sind unverändert stabil." Die EU-Kommission, aber auch Volkswirte teilen diese Auffassung und verweisen auf Reformen und Sparprogramme. Ob das reicht, um Spaniens Gang als Bittsteller nach Brüssel zu verhindern, stehe aber in den Sternen, meint Ralph Solveen von der Commerzbank: "Das Problem ist, dass nicht der Analyst überzeugt werden muss, sondern der Investor."