Absturz unter 1,40 US-Dollar. Rekordtief zum Schweizer Franken.
Nachdem die US-Ratingagentur Standard & Poor’s Italiens Kreditwürdigkeit heruntergestuft hat, stürzte der Euro massiv ab.
Während EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn gestern in Wien weilte – er traf sich unter anderem mit Finanzministerin Maria Fekter und Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny –, erlebte der Euro-Kurs ein Desaster. Die europäische Gemeinschaftswährung stürzte zeitweise unter 1,40 Dollar ab – der tiefste Stand seit zwei Monaten. Und zum Schweizer Franken fiel der Euro mit 1,2349 Euro sogar auf den tiefsten Stand aller Zeiten.
Ratingagentur vertraut Italiens Bonität nicht mehr
Auslöser des Euro-Absturzes ist die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P). Im Headquarter des mächtigen Unternehmens in New York sitzt Executive Managing Director Paul Coughlin. Der Australier ist im Topmanagement der Agentur verantwortlich für die Ratings von Unternehmen und ganzen Ländern. Eine negative Äußerung aus seiner Abteilung kann große Volkswirtschaften ins Wanken bringen.
Genau das passiert jetzt mit Italien und dem Euro. S&P hat Zweifel an der Kreditwürdigkeit Italiens und stufte den Ausblick für die Bonität bei unserem südlichen Nachbarn von „stabil“ auf „negativ“ herunter. Die Begründung: das schwache Wirtschaftswachstum. Italien ist nach Deutschland und Frankreich die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone. Prompt krachte der Euro nach dieser Hiobsbotschaft auf den Devisenmärkten tief ins Minus.
Anleger haben Angst vor dem Zerfall der Euro-Zone
Die Standard-&-Poor’s-Zweifel an Italien waren aber nicht alleiniger Grund für den Kurseinbruch. Auch dass Griechenland wegen seiner Schulden kaum mehr handlungsfähig scheint und neue Lösungen auf EU-Ebene weiter fehlen, schwächt das Vertrauen in die Europa-Währung weiter. Dazu komme die unsichere Situation in Spanien mit Massenprotesten gegen den Sparkurs und einer Wahlschlappe der Regierung.
Unter Anlegern gehe laut Experten wieder verstärkt die Angst um, dass die Eurozone zerfallen könnte. Zumindest die Ratingagenturen Moody’s und Fitch – Konkurrenten von S&P – vertrauen derzeit noch auf Italiens Bonität. S&P sei laut Börsianern Italien gegenüber traditionell besonders kritisch.
Athen: Neues Sparpaket
Griechen beschlossen allein für heuer zusätzliches Sparprogramm von 6 Mrd. Euro.
Athen, Wien. Die griechische Regierung hat gestern Abend in einer Sondersitzung ein neues Sparpaket beschlossen. Allein für heuer kommen zusätzliche Maßnahmen in Höhe von 6 Mrd. Euro.
Privatisierungs-Fahrplan
Auch den Verkauf von Staatsbesitz, der bis 2015 50 Mrd. Euro bringen soll, geht Athen an. Die Staatsanteile an den zwei größten Häfen Thessaloniki und Piräus sollen "sofort" versilbert werden, berichtet die Zeitung To Vima online. Ehestmöglich verkauft werden zudem u. a. Anteile am Telekomkonzern OTE, an der Postbank, ein Kasino bei Athen.
Die Griechen haben nur noch bis Mitte Juli Geld; sie brauchen dringend die nächsten 12 Mrd. Euro aus dem Hilfspaket von EU und IWF – die gibt es aber nur bei ausreichenden Sparmaßnahmen.
Rehn in Wien
Auch beim Besuch von EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn gestern in Wien ging es vor allem um das Griechenland-Problem. Rehn traf u. a. OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny und Finanzministerin Maria Fekter.