Einige Änderungen

Seit Sonntag gelten neue Bahnfahrpläne

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Erstmals private Züge im Fernverkehr, Einschnitte im Intercity-Netz.

Jede Menge Neuerungen kommen ab Sonntag auf Österreichs Bahnfahrer zu: Wie in ganz Europa werden auch hierzulande die Fahrpläne der Bahn und der meisten übrigen öffentlichen Verkehrsmittel geändert. Erstmals sind mit der WESTBAHN auch private Fernverkehrszüge im Angebot, außerdem fahren mit dem WESTBUS jetzt auch private Fernbusse zwischen einigen österreichischen Städten. Die Zahl der Railjet-Verbindungen auf der Südbahn wird bis zum Frühjahr schrittweise weiter ausgebaut. Massive Einschnitte erwarten hingegen die Fahrgäste auf der Strecke Graz-Salzburg. Und auch bei der Suche nach der passenden Verbindung müssen sich die österreichischen Bahnfahrer umgewöhnen: Nach einem Streit mit dem privaten Konkurrenten WESTBAHN haben die ÖBB beschlossen, das gedruckte Kursbuch nicht wieder aufzulegen und die übersichtlichen Fahrplantabellen im Internet abzuschaffen.

Erstmals private Züge auf der Westbahn
Eine historische Premiere erwartet die Fahrgäste ab Sonntag auf der Westbahn: Die WESTBAHN, ein Gemeinschaftsunternehmen des ehemaligen ÖBB-Personenverkehrschefs Stefan Wehinger, des Baunternehmers Hans-Peter Haselsteiner und der französischen Staatsbahn SNCF, fährt mit modernen Doppelstock-Zügen elf Mal pro Tag von Wien nach Salzburg und zurück, die meisten Züge fahren sogar bis und ab dem bayerischen Grenzbahnhof Freilassing. Frühmorgens und spätabends gibt es außerdem Kurz-Verbindungen Linz-Wien bzw. Salzburg-Linz. Ergänzt wird das Angebot der WESTBAHN durch Busverbindungen des Partners WESTBUS von Wien nach Klagenfurt, von Linz nach Prag und Graz sowie von Salzburg nach Villach.

Verkehrsministerin Doris Bures begrüßt neuen Anbieter
Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) begrüßte am Sonntag am Wiener Westbahnhof den neuen privaten Bahnanbieter: "Wir haben die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Westbahn hier heute erstmals einfahren kann. Als Verkehrsministerin freue mich über ein zusätzliches Angebot auf der umweltfreundlichen Schiene. Das ist gut für die Fahrgäste und gut für die Umwelt." Zum mit zunehmender Härte geführten Konkurrenzkampf zwischen dem ÖBB-Personenverkehr und der WESTBAHN meint die Ministerin: "Ich sehe ÖBB und WESTBAHN in erster Linie als Partner. Nämlich wenn es darum geht, im Wettbewerb gegen das Auto zu gewinnen." Um die Bahn gegenüber dem Auto attraktiver zu machen, versprach Bures den schrittweisen Ausbau der Südbahn zu einer modernen Hochleistungs-Strecke.

Massive Einschnitte auf der Strecke Graz-Salzburg
Unerfreuliche Neuerungen gibt es für die Fahrgäste auf der Strecke Graz-Salzburg: Von bisher sechs Intercity-Verbindungen bleiben nur drei erhalten. Nach zähen Verhandlungen und durch den massiven Einsatz von Steuergeldern konnten die Bundesländer Salzburg und Steiermark mit den ÖBB ein Ersatzkonzept aushandeln: Anstatt der gestrichenen Intercitys fahren Schnellzüge, die allerdings an den meisten Tagen nur Teilstrecken (etwa Graz-Bischofshofen) bedienen und mit beinahe 20 Jahre alten Nahverkehrswagen ohne Klimaanlage und ohne 1. Klasse geführt werden. Der von den ÖBB ebenfalls zur Einstellung vorgesehene letzte direkte Tageszug Innsbruck-Graz fährt nach heftigen Protesten der Tiroler Landesregierung weiterhin.

Der Wegfall vieler Fernzüge im steirischen Ennstal hat auch fatale Auswirkungen auf den Regionalverkehr: Viele der von den Ländern Oberösterreich und Steiermark bestellten und bezahlten Regionalexpress-Züge im Salzkammergut haben in Zukunft keinen direkten Anschluss mehr in Stainach-Irdning, die Fahrgäste müssen dort bis zu zwei Stunden lang warten. Durch die Streichung einzelner Züge am Wochenende ist außerdem ein Tagesausflug für Skifahrer und Wanderer von Graz nach Schladming bzw. Bad Aussee nicht mehr möglich. Außerdem ist die gesamte Obersteiermark von Wien aus am Wochenende kaum mehr per Bahn erreichbar. Die betroffenen Regionen befürchten deshalb massive Einbrüche im Tourismus.

De facto-Einstellung der Zugverbindung Graz-Maribor
Kaum mehr möglich ist ab dem 11. Dezember ein Ausflug per Bahn von Graz ins nur rund 60 Kilometer entfernte Maribor, immerhin zweitgrößte Stadt Sloweniens und im Jahr 2012 eine der beiden Kulturhauptstädte Europas: Der bisherige Zweistunden-Intercity-Takt  Wien-Graz-Maribor wird auf zwei durchgehende Zugverbindungen pro Richtung und damit auf das Niveau in der Zeit des Kalten Krieges gekürzt. Schuld daran ist laut ÖBB die schlechte Auslastung und die angespannte wirtschaftliche Situation der Slowenischen Eisenbahnen.

Fahrgastvertreter kritisieren aber auch die mangelnde Abstimmung zwischen dem Land Steiermark und Slowenien: So führen die Slowenischen Bahnen (SŽ) am Nachmittag einen ihrer schnellen ICS-Züge von Ljubljana über Maribor in Zukunft bis in den Grenzbahnhof Spielfeld-Straß weiter. Dort müssen die Fahrgäste dann allerdings fast eine Dreiviertelstunde auf die nächste S-Bahn in Richtung Graz warten. Wer mit diesem Zug von Graz Richtung Maribor oder Ljubljana fahren will, wartet in Spielfeld ebenfalls 20 Minuten. Der steirische Verkehrverbund "Verbund Linie" verweist auf Nachfrage zu diesen Fahrplan-Problemen auf die Zuständigkeit des  Verkehrslandesrates Gerhard Kurzmann (FPÖ); in dessen Büro war für Money.at allerdings bisher niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Mehr Regionalzüge im Westen, Streichungen im Süden

Erneut ausgebaut wurde der bereits sehr dichte Regionalverkehr in Vorarlberg, mehr Züge fahren auch in Osttirol und auf der Stubaitalbahn von Innsbruck nach Fulpmes. In der Steiermark und Kärnten stehen einzelnen Fahrplanverdichtungen hingegen zum Teil deutliche Angebotsverschlechterungen im Regionalverkehr gegenüber: Von Graz nach Übelbach und Weiz fahren in Zukunft schon ab Samstagmittag keine Züge mehr, deutlich weniger Züge fahren am Wochenende auch entlang des Wörthersees. Beinahe völlig eingestellt wird der regionale Bahnverkehr auf der steirischen Seite des Semmerings sowie am Wochenende über den Neumarkter Sattel zwischen Kärnten und der Steiermark.

Fahrplan-Streit auf dem Rücken der Bahnkunden
Bereits im Vorfeld des Fahrplanwechsels hat sich der harte Konkurrenzkampf zwischen ÖBB-Personenverkehr und WESTBAHN für Aufregung gesorgt: Per Einstweiliger Verfügung erzwang der private Mitbewerber die Aufnahme seiner Züge in das ÖBB-Kursbuch und die elektronische Fahrplanauskunft "Scotty". Der ÖBB-Personenverkehr entschloss sich daraufhin, das gedruckte Kursbuch nicht mehr herauszugeben und schaffte auch gleich die Fahrplantabellen zum Download im Internet ab. Zugfahrpläne gibt es deshalb in Zukunft nur mehr in der elektronischen ÖBB-Fahrplanauskunft, auf den Seiten einiger regionaler Verkehrsverbünde sowie beim ÖBB-Infotelefon 05/1717. Über die Fahrpläne ihrer eigenen Züge und Busse informiert auch die WESTBAHN auf ihrer Homepage.

Fahrgast-Vertreter sehen jetzt das Verkehrsministerium gefordert, um in dem Streit  eine für die Bahnkunden akzeptable Lösung zu finden. Laut Ministeriums-Sprecherin Marianne Lackner ist das Kursbuch Angelegenheit des fahrenden Unternehmens. Das solle sich im Interesse der Steuerzahler auch nicht ändern, so Lackner. Fakt ist: In anderen Ländern mit privatem Bahnverkehr sind die Züge aller Anbieter gleichberechtigt im Kursbuch und in der Online-Fahrplanauskunft vertreten, so etwa in Tschechien, wo sich die Staatsbahnen ČD und der private Betreiber RegioJet seit Wochen einen erbitterten Konkurrenzkampf um die lukrative Verbindung Prag-Ostrau liefern. In Tschechien sind allerdings nicht die Tschechischen Bahnen (ČD), sondern das Verkehrsministerium bzw. die unabhängige staatliche Schienennetz-Verwaltung SŽDC für die Fahrgastinformation zuständig.

VCÖ fordert landesweiten Taktfahrplan

Sowohl Kritik als auch Lob gibt es vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) für den neuen Bahn-Fahrplan: Mit dem neuen Plan werde auf der Westbahn das bereits gute Angebot deutlich verbessert, während es im inneralpinen Verkehr und auf einigen Regionalstrecken Verschlechterungen gibt, hieß es in einer Aussendung des VCÖ, der mehr Bahnverbindungen mit einem bundesweiten Taktfahrplan nach Schweizer Vorbild fordert. "Aus Sicht der Fahrgäste sollte das Ziel sein, dass es zwischen den Landeshauptstädten zumindest einen Zwei-Stunden-Takt gibt", so VCÖ-Expertin Bettina Urbanek.

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