Staatliche Beihilfen

EU-Banken erhielten 4.500 Milliarden Euro

06.06.2012

EU-Binnenmarktkommissar Barnier will Steuerzahler entlasten.

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© APA/dpa
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EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hat einen Vorschlag für die künftige Vermeidung einer Bankenkrise in der Europäischen Union präsentiert. Mit den drei Pfeilern Prävention, frühzeitiges Eingreifen und nottfalls einer Abwicklung von Banken sollen auch die Steuerzahler entlastet werden.

Barnier erklärte am Mittwoch in Brüssel, der Vorschlag in Richtung Bankenunion, der noch gut ein Jahr zur Umsetzung brauche, liege auch im Interesse von bald 28 EU-Staaten (Kroatien soll 2013 beitreten, Anm.), nicht nur der 17 Euroländer.

4.500 Milliarden an Banken
Die Finanzkrise habe gezeigt, dass die Behörden noch immer nicht über die nötigen Instrumente verfügten, um Probleme bei angeschlagenen Banken auf den heutigen globalen Märkten in den Griff zu bekommen. Durch die Krise seien Banken in der EU in noch nie dagewesenem Ausmaß mit öffentlichen Gelder unterstützt worden. So habe es von Oktober 2008 bis Oktober 2011 staatliche Beihilfen von 4.500 Milliarden Euro gegeben, die die Kommission genehmigt habe. Damit sei es zwar gelungen, einen massiven Bankenausfall und Verwerfungen für die Volkswirtschaft zu verhindern, doch seien die Lasten dem Steuerzahler aufgebürdet worden.

Vorschläge von Barnier
Mit den nun vorgelegten Vorschlägen zur Sanierung und Abwicklung von Banken werde sichergestellt, dass die Behörden künftig die nötigen Mittel haben, um entscheidend eingreifen zu können.

Konkret sollen Banken Sanierungspläne aufstellen müssen, in denen sie darlegen, welche Maßnahmen bei einer Verschlechterung ihrer Finanzierung greifen würden, um ihre Lebensfähigkeit wiederherzustellen. Dann sind Abwicklungspläne auszuarbeiten, die Optionen für das weitere Vorgehen bei nicht mehr lebensfähigen Banken in finanzieller Notlage enthalten. Außerdem könne eine Behörde im Fall von Abwicklungshindernissen von einer Bank verlangen, ihre rechtlichen oder operationellen Strukturen zu ändern. Damit soll sichergestellt werden, dass kritische Funktionen und Finanzstabilität nicht gefährdet und die Steuerzahler von Kosten verschont werden. Schließlich können Finanzgruppen Vereinbarungen über gruppeninterne Unterstützung schließen, um die Ausweitung einer Krise in Grenzen zu halten.

Interventionen
Frühinterventionen sollen dann einsetzen, wenn ein Institut die regulatorischen Eigenkapitalanforderungen nicht mehr erfüllt. Es kann auch ein Sonderverwaltunger für eine Bank bestellt werden, wenn sich die Finanzlage drastisch verschlechtert. Eine Abwicklung soll dann erfolgen, wenn durch Prävention oder Frühintervention nicht verhindert werden kann, dass sich die Lage so verschlechtert, dass die Bank von einem Ausfall betroffen oder bedroht ist. Durch harmonisierte Abwicklungsinstrumente und -befugnisse, die sowohl für national als auch für grenzübergreifende Institute bereits im Vorfeld aufgestellt werden, erhalten die nationalen Behörden einen einheitlichen Ablaufplan für den Umgang mit Bankenausfällen. Barnier führte dabei auch "harte Maßnahmen" an. So könne es ein Verbot bestimmter Bankentätigkeiten oder einen Austausch von Verwaltungsratsmitgliedern und den Einsatz von Spezialmanagern geben.

Abwicklungs-Fonds
Was die Abwicklungsfinanzierung betrifft, sollen Mittel durch einen Abwicklungsfonds zur Verfügung gestellt werden können. Die Fonds müssen ausreichende Kapazitäten aufbauen, um in zehn Jahren ein Prozent der gedeckten Einlagen zu erreichen. Sie werden ausschließlich zur Unterstützung einer geordneten Reorganisation und Abwicklung in Anspruch genommen.

Sofortige Aktionen
Barnier verwies auch auf die Bedeutung der Regelung für grenzüberschreitend tätige Banken. "Das sind 50 Prozent" aller 8.300 Institute in der EU. Jedenfalls "braucht die Bankenunion auch sofortige Aktionen, sowie mittel- und langfristige". Der Kommissar verwies auf die Bankenkrisen mit den "Katastrophen der vergangenen Jahre bei Fortis, Lehman, Dexia und Bankia". Ein Mechanismus wie heute vorgeschlagen hätte schon vor 15 Jahren greifen sollen.

Bei dem sogenannten "bail in" soll der Anwendungsbereich ein breiter sein. Barnier sagte, "da sind alle Pflichten drin, auch bei den Derivaten. Ausgenommen sind aber Einlagen, Garantien, die Titel von weniger als drei Monate dauern, Sozialabgaben, Gehälter, Pensionen der betroffenen Banken". Was die Verpflichtung der Banken für das Anlegen von Reserrven betreffe, müsse es eine "Garantie mit 100.000 Euro für jeden Anleger" geben. Dies werde Priorität haben. Jedenfalls müsse auch alles kontrolliert und der nationalen Aufsichtsbehörde unterliegen.

Beim Fonds sagte Barnier, hier könnte man in Zukunft noch weiter gehen. Aber "man darf jetzt nicht zu schnell vorangehen, sonst erreicht man gar nichts". Die Abwicklungswerkzeuge könnten auch genutzt werden, um eine Pflicht zur Gewährung gegenseitiger Anleihen zwischen den nationalen Fonds zu erreichen. "Wenn der politische Wille da ist, kann man mit einem europäischen Fonds noch weiter gehen, mit einem Pooling".


 
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