Die Mandatare haben noch immer nicht den Text des Interimsabkommens mit den USA über den Bankdatenaustausch erhalten.
Großteils empört haben Europaparlamentarier praktisch aller Fraktionen in Straßburg auf das Vorgehen von Rat und Kommission bei der schleppenden Übermittlung des Interimsabkommens mit den USA über Bankdatenaustausch (SWIFT) reagiert. Den Ärger bekam der spanische EU-Staatssekretär Lopez Garrido als EU-Ratsvorsitzender zu spüren, der versuchte, die bisher nicht erfolgte offizielle Aushändigung des Textes an die Parlamentarier mit Übersetzungs- und Sprachproblemen seitens der Kommission zu erklären.
Jedenfalls kündigte Lopez Garrido an, das Schreiben am 25. Jänner - nächsten Montag - den EU-Mandataren zu übergeben. Mehrere Parlamentarier drohten ungeachtet dessen mit einer Ablehnung. Das SWIFT-Übergangsabkommen soll ja nach dem Auslaufen des bisherigen Vertrags Ende Jänner mit 1. Februar in Kraft treten und bis Ende Oktober gelten. Bis dahin soll dann unter Mitentscheidung des Parlaments ein endgültiges Abkommen ausgehandelt werden. Die EU-Parlamentarier zeigten sich nicht gerade angetan, dem Interimsabkommen ihre Zustimmung zu geben. Sie erinnerten daran, dass nur einen Tag vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags das Übergangsabkommen im Schnellverfahren beschlossen wurde. Nur einen Tag später hätte das Parlament durch den Lissabon-Vertrag die Mitentscheidung gehabt.
Bei der Aussprache im Parlament sagte der sozialdemokratische Abgeordnete Martin Schulz, die Verzögerungen in derart sensiblen Bereichen mit Problemen bei der Sprachfassung zu begründen, sei bestenfalls eine "Schutzbehauptung". Es müsse jedenfalls der Datenschutz garantiert sein und eine Klagsmöglichkeit von Bürgern im Fall der Verletzung von Grundrechten. "Die Art und Weise, wie der Rat mit diesen Themen umgeht, zeigt, dass ihm das Parlament schnurzegal ist". Martin Weber von der EVP sprach von zwei Seiten der Medaille. Die eine seien europäische Datenschutzstandards, die "greifen müssen, egal wo was gespeichert ist". Die andere Seite sei, "dass wir die Zusammenarbeit mit den USA im Antiterror-Kampf wollen".
Der Chef der Liberalen im EU-Parlament, Guy Verhofstadt, forderte die Aushändigung sämtlicher Informationen. "Ansonsten werden wir mit Nein stimmen", und wenn sich andere Fraktionen hier anschließen, würde dies bedeuten, dass mit 1. Februar das Interimsabkommen nicht in Kraft treten könne. Rebecca Harms von den Grünen beklagte das "Affentempo", mit dem versucht werde, das SWIFT-Abkommen durchzuziehen, und dies sei "nicht nur eine Provokation des Parlaments, sondern auch ein Bruch des Lissabon-Vertrags, gerade nachdem er in Kraft getreten ist. Das ist unveranwortlich". Es dürfe kein "Kamikaze-Vorgehen" geben.
"Wirklich beschämend"
Timothy Kirkhope von den Konservativen beklagte ebenfalls das Vorgehen. "Wenn der Rat uns so behandelt, unterminiert das das demokratische Prinzip. Die Zustimmung des Parlaments darf nicht im Nachhinein verfolgen". Rui Tavares von den Vereinigten Europäischen Linken bezeichnete den Vorgang gegenüber dem Parlament als "wirklich beschämend". "Es gibt nichts anderes als das abzulehnen". Damit würde man sogar der Kommission einen guten Dienst erweisen, da die zuständigen neuen Kommissare in diesem Bereich Cecilia Malmström und Viviane Reding ein besseres Abkommen aushandeln würden. Martin Ehrenhauser von der Liste Martin sprach von einer inakzeptablen Einschränkung von Bürgerrechten, der gestoppt werden müsse.
Lopez Garrido verteidigte das Vorgehen das "völlig legal" sei. Es handle sich auch um keine Ausflucht oder um "Zeitschinden". Das EU-Parlament könne ja "intervieren" und "in letzter Instanz entscheiden, ob das Abkommen durchgeführt wird oder nicht".