Lkw ab 12 Tonnen sollen nun für Lärm, Schadstoffe und Staukosten aufkommen.
Lastwagen sollen künftig in Europa auch für Lärm und Umweltschäden zahlen. Nach jahrelangem Tauziehen haben sich die EU-Verkehrsminister auf mögliche höhere Lkw-Mauten in Europa geeinigt. Die sogenannte "Eurovignetten"-Richtlinie ("Wegekosten-Richtlinie") sieht erstmals vor, dass Lkw ab 12 Tonnen auf europäischen Autobahnen für Lärm, Schadstoffe und Staukosten Aufschläge bezahlen müssen. Es steht den Staaten frei, davon Gebrauch zu machen und auch Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen einzubeziehen.
Parlament muss noch zustimmen
Damit die neue EU-Mautrichtlinie in Kraft treten kann, muss noch das Europaparlament zustimmen, das sich 2009 für noch höhere Mauten ausgesprochen hat. Für die Richtlinie stimmte eine Mehrheit der EU-Staaten, gegen sie waren Italien, Spanien und Portugal. Die Niederlande und Irland enthielten sich. Ermöglicht wurde der Kompromiss schließlich durch längere Ausnahmen für besonders schadstoffarme Lkw der Euro-Klassen 5 und 6 bis 2013 bzw. 2017. Für Staus dürfen die EU-Staaten in Spitzenzeiten fünf Stunden täglich bis zu 175 Prozent aufschlagen, weniger befahrene Strecken müssen aber entsprechend billiger werden, sodass die Berechnung einnahmenneutral ist.
Verkehrsministerin Doris Bures (S) hofft noch auf weitere Verbesserungen durch das Europaparlament. Es sei wichtig, dass die EU erstmals bei der Lkw-Bemautung eine Systemumstellung vornehme, sagte sie. "Mit dem heutigen Tag ist es gelungen, dass tatsächliche Kosten, die der Lkw verursacht, was den Bereich Umweltschutz, Luft und Lärm betrifft, eingerechnet werden können. Das ist ein Schritt zu Kostenwahrheit und zu einem Verursacherprinzip." Österreich habe dafür jahrelang gekämpft.
Für die Brenner-Strecke würde der Beschluss der EU-Verkehrsministern allerdings "nicht sehr viel ändern", sagte Bures. Grund dafür sei ein "Kumulierungsverbot", wonach der derzeit geltende Mautaufschlag zur Querfinanzierung der Bahn-Infrastruktur nicht gemeinsam mit den "externen Kosten" verrechnet werden dürfe. Daher hoffe sie noch darauf, dass das Europaparlament Verbesserungen bei der "Eurovignette" vornehme, sagte Bures. "Da muss schon noch viel geschehen, dass wir tatsächlich mehr Kostenwahrheit zwischen Straße und Schiene haben. Aber wir haben jetzt die Chance. Wir haben den Fuß in der Tür, aber die Tür ist noch nicht offen."
"Guter Deal"
EU-Verkehrskommissar Siim Kallas sprach von einem "sehr guten Deal". Das weitere Verfahren werde nicht einfach sein, "aber wir haben heute einen wichtigen Schritt gemacht". Die EU-Kommission hätte gerne noch "radikalere" Änderungen gesehen. Auch werde das Ergebnis des EU-Verkehrsministerrates auf Kritik in der öffentlichen Meinung und im Europaparlament stoßen, erwartet der EU-Kommissar.
Die Maut-Richtlinie soll nach dem Beschluss der Verkehrsminister optional auf allen Autobahnen und transeuropäischen Strecken gelten. Im wesentlichen ist ein Autobahnnetz von 30.000 Kilometer erfasst. Der Schadstoffaufschlag beträgt je nach Sauberkeit Lkw-Klasse maximal 0-16 Cent pro Fahrzeug und Kilometer auf Stadtautobahnen, auf Fernstraßen fallen 0-12 Cent an. Der Lärmaufschlag beträgt am Tag maximal 1,1 Cent pro Kilometer in Stadtgebieten und 0,2 Cent pro Kilometer auf Fernstraßen. In der Nacht dürfen zusätzliche Mauten von 2 Cent pro Kilometer in Stadtgebieten und 0,3 Cent pro Kilometer auf Fernstraßen aufgeschlagen werden. In Berggebieten dürfen die Lärm-und Schadstoffaufschläge verdoppelt werden, dies war besonders Österreich ein Anliegen.
SPÖ: "Fortschritt"
Der SPÖ-Delegationsleiter im Europaparlament und Verkehrspolitiker Jörg Leichtfried sprach von einem Fortschritt. "Einzelne Berechnungssätze sind noch zu unambitioniert. Ich werde mich darüber hinaus auch dafür einsetzen, dass es zu keinem Kumulierungsverbot kommt, dass also Aufschläge für sensible Zonen und externe Kosten gleichzeitig vorgeschrieben werden können." Die grüne Fraktionsvizechefin Eva Lichtenberger begrüßte, dass das erstmals Verursacher-Prinzip in der Maut Anwendung finde. "Bedauerlicherweise geht die Einigung der europäischen Verkehrsminister dabei jedoch nicht über eine vor allem symbolische Einführung dieses Prinzips hinaus", kritisierte sie. Der Verkehrsclub (VCÖ) sieht in der Entscheidung des EU-Verkehrsministerrats nur einen "sehr kleine Schritt in Richtung Kostenwahrheit im Lkw-Verkehr".