Aufregung um Finanzministerin Maria Fekter in Breslau.
Kein ruhiges Wochenende für die EU-Finanzminister: Seit gestern versuchen sie mit Hochdruck, einen Alarm-Plan zur Rettung Griechenlands zu finden. Ort der Beratungen: das polnische Breslau. Die Ernsthaftigkeit zeigt sich auch an der Einladungsliste: Sogar der US-Finanzminister Timothy Geithner wurde gebeten, zu kommen.
Für Aufregung sorgte aber unsere ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter. Sie ließ zu einigen Themen laute und harte Worte los.
Aufreger 1: Wut auf Banken ist wie der Hass auf Juden
Ein wohl äußerst unglücklicher Vergleich der Ministerin wird noch lange im Gespräch bleiben. Fekter verglich im ÖSTERREICH-Interview die derzeitige Wut auf Banker mit der Verfolgung von Juden zur Nazizeit: „Wir bauen enorme Feindbilder in Europa gegen die Banken und die Reichen, die Vermögenden, auf. So etwas hatten wir schon einmal, damals verbrämt gegen die Juden, aber damals waren ähnliche Gruppierungen gemeint. Es hat das zwei Mal in einem Krieg geendet.“
Der Historiker Gerhard Jagschitz ist ob dieser Äußerung erzürnt: „Dieser Vergleich ist absolut unpassend und zeugt von historischer Ahnungslosigkeit. Diese Aussage geht weit über ein normales politisches Statement hinaus, es ist eine unangenehme Äußerung, die viele Vorurteile wieder hervorholt.“
Aufreger 2: US-Minister hat ‚eigenartiges Verhalten‘
Fekter war beim Ministertreffen äußerst verwundert über die Ideen von US-Ministerkollegen Timothy Geithner: „Ich hätte mir doch erwartet, wenn er uns die Welt erklärt, dass er sich anhört, was wir den Amerikanern erklären wollen.“
Der Ratschlag Geithners: Der Rettungsschirm soll mehr Geld bekommen. Fekter war erzürnt: „Er hat sehr dramatisch dargestellt, dass wir Geld in die Hand nehmen sollen, um das System nicht in Schwierigkeiten zu bringen.“
Einen EU-Vorschlag – die Finanztransaktionssteuer – lehnen die USA wiederum strikt ab. „Also, das habe ich doch als eigenartig empfunden, wenn die Amerikaner uns erklären, obwohl sie selber wesentlich schlechtere Fundamentaldaten haben als die Eurozone, dass uns dann Amerika erklärt, was wir zu tun hätten“, so Fekter.
Entscheidung im Oktober
Fast schon zum Nebenschauplatz wurde gestern der wahre Grund des Treffens – die Rettung Griechenlands. Die EU-Minister wollen erst im Oktober über die nächste Kreditrate an das Pleiteland entscheiden. Griechenland muss noch stärker den Willen zum Sparen zeigen.
Fekter: "Hat zum Krieg geführt"
ÖSTERREICH: Frau Minister, der polnische Finanzminister und EU-Ratsvorsitzende Jacek Rostowski meinte, dass Europa gar auf einen Krieg zusteuere, wenn man die europäische Schuldenkrise nicht in den Griff bekommt. Würden Sie diesem furchtbaren Szenario zustimmen?
Maria Fekter: Ja, leider muss man sich diese Gedanken, wenn die Eurozone wirklich auseinanderbricht, machen. Auch ich mache mir derzeit große Sorgen um Europa. Vor allem im Hinblick auf die immer stärker werdenden Nationalismen, die sehr gefährlich werden können, wenn wir nicht alle achtsam sind.
ÖSTERREICH: Was genau meinen Sie damit?
Fekter: Was derzeit passiert, ist bedenklich, denn es werden im Moment wirklich große Feindbilder aufgebaut, vor allem gegen Banken und gegen die Reichen oder Vermögenden. So etwas hatten wir schon einmal. Damals ging es gegen die Juden, aber
in Wahrheit waren ähnliche Gruppierungen gemeint.
ÖSTERREICH: Wollen Sie wirklich die Situation der Juden vor dem Zweiten Weltkrieg mit jenen von Banken oder Vermögenden heute vergleichen?
Fekter: Man muss es vor einem philosophisch-geschichtlichen Hintergrund sehen – das ist schon klar. Gerade wir sollten aus dieser unserer Geschichte gelernt haben und nicht in dasselbe Fahrwasser geraten. Wir in Europa müssen uns alle sehr anstrengen, damit es zu so einem Aufbau von Feindbildern und so einer Art von Hetze nicht wieder kommt. Denn das hat bereits zwei Mal in den Krieg geführt.
Barbara Haas