Die G-20-Staaten wollen zudem den Währungs-Abwertungswettlauf stoppen.
Die Finanzminister der Gruppe der 20 einflussreichsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) haben sich auf eine Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) geeinigt. Demnach wollten die europäischen Industrieländer Stimmgewicht zugunsten von Schwellenländern wie China abgeben. Damit ist vor dem Weltfinanzgipfel der G-20-Staats- und Regierungschefs in drei Wochen in Seoul ein großer Streitpunkt ausgeräumt. Die wichtigsten Wirtschaftsmächte (G-20) wollen außerdem einen Abwertungswettlauf bei den Währungen verhindern. Die Verständigungen wurden auf einem zweitägigen Treffen in Südkorea erzielt, das am Samstag zu Ende gegangen ist. Es gab auch eine Einigung der G-20 bei der Reform des globalen Bankensystems.
Zur IWF-Reform teilte dessen Chef, Dominique Strauss-Kahn, im südkoreanischen Gyeongju mit, es handle sich um eine "sehr historische" Vereinbarung. Es sei die bisher "größte Reform" des Währungsfonds, sagte der Franzose. Strauss-Kahn bestätigte, dass die Europäer auf zwei Sitze im IWF-Direktorium verzichten wollen. Dazu hatten sie sich bereits Anfang Oktober bereiterklärt.
Abwertungswettlauf verhindern
Die G-20 wollen einen Abwertungswettlauf zwischen Währungen verhindern. Außerdem sollten globale Ungleichgewichte reduziert werden, die die wirtschaftliche Erholung bedrohten, gaben die Finanzminister und Notenbankchefs der G-20 nach ihrer Konferenz bekannt. Das Treffen am Freitag und Samstag diente der Vorbereitung des Gipfels im November. In ihrer Erklärung heißt es, die G-20 wollten zu "stärker vom Markt bestimmten Wechselkursen kommen" und "von der wetteifernden Abwertung von Währungen Abstand nehmen".
Damit soll offenbar einem drohenden Währungskrieg vorgebeugt werden, der in den vergangenen Wochen Politikern und Wirtschaftsexperten Sorgen bereitet hatte. Die USA und zunehmend auch Vertreter der EU stoßen sich an der angeblichen Unterbewertung des chinesischen Yuan, der China einen Wettbewerbsvorteil verschaffe. In der Folge kündigten mehrere Staaten an, ihre Währungen schwächer machen zu wollen, um ihre Exporte anzukurbeln.
Bankensystem reformiert
Auch eine Reform des globalen Bankensystems wurde akkordiert. Bei der "Vereinbarung einer Reform der finanziellen Regulierung" habe es "kaum Unstimmigkeiten" gegeben, sagte ein südkoreanischer Vertreter. Eine schärfere Bankenregulierung war angestrebt worden, um einen neuerlichen Kollaps wie bei der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 zu vermeiden.
Bei den Verhandlungen in Gyeongju ging es um schärfere Risiko-Vorschriften für Banken, die sogenannten "Basel III"-Regeln, die bereits im September im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht beschlossen worden waren. In dem Ausschuss sitzen Finanzmarktwächter und Notenbanker der großen Wirtschaftsnationen. Das Regelwerk verlangt von den Banken einen größeren Kapitalpuffer zum Schutz vor Notsituationen. So müssen Banken ihr Kernkapital erhöhen. Die Kernkapitalquote beschreibt das Verhältnis vom Kapital einer Bank zu ihren risikobehafteten Geschäften, also zu den vergebenen Krediten und den getätigten Geldanlagen. Die Europäischen Staaten wollen nun sichergehen, dass die USA die "Basel III"-Regeln wie beschlossen einführen. Sie sehen einen Grund für die letzte Finanzkrise darin, dass die USA den Vorgänger von "Basel III", "Basel II", nicht umgesetzt hatten.
Ab 2011
Die Reform des IWF soll 2011 in Kraft treten. Formal müssen noch der IWF-Direktoriumsrat und andere Länder zustimmen. Die G-20 vertreten aber 80 Prozent der IWF-Stimmrechte. Die Chinesen werden künftig der drittgrößte Anteilseigner des IWF sein. Die Neuordnung der Stimmrechte und Anteile der 187 Mitgliedstaaten soll sich das wachsende Gewicht boomender Schwellenländer in der Weltwirtschaft auch beim Währungsfonds widerspiegeln. China hatte vor kurzem Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft hinter den USA abgelöst. Die bisher überrepräsentierten Staaten verlieren an Einfluss im IWF. Auch Deutschland, die viertgrößte Wirtschaftsmacht, gibt Quotenanteile ab. Größter IWF-Eigner bleiben die USA. Sie hatten zuletzt einen Anteil von rund 17 Prozent.
Differenzen bereinigt
Bis zuletzt gab es erhebliche Differenzen zwischen Europäern, den USA und Schwellenländern. Es ging nicht nur um eine Umverteilung der IWF-Quoten von über- zu unterrepräsentierten Ländern, sondern auch um neue Abstimmungsregeln sowie Spitzenpositionen. Die USA wollten den Einfluss der Europäer im IWF-Verwaltungsrat begrenzen. Die G-20 verständigten sich nun darauf, dass es weiter bei 24 Sitzen im IWF-Exekutivdirektorium bleibt und die Zahl nicht auf 20 Posten verkleinert wird. Die Europäer verzichten aber auf zwei Sitze. Sie kamen - einschließlich der Schweiz - bisher auf neun Sitze. Deutschland behält jedoch seine Position in dem Top-Gremium.
Die EU hatte auch einen Verzicht auf die bisherige Machtteilung zwischen Europäern und den US-Amerikanern ins Spiel gebracht. Dies betrifft die bisher übliche Regel, wonach der IWF-Chef aus Europa und der Weltbank-Präsident aus den USA kommt. Eine Vereinbarung dazu haben die G-20 aber nicht getroffen.
In Sachen Währungspolitik wollen sich die G-20 in Richtung von Wechselkurssystemen bewegen, die stärker von den Marktkräften bestimmt seien. Fortgeschrittene Volkswirtschaften sollten sich mit Blick auf "exzessive Schwankungen und regellose Bewegungen in den Wechselkursen" wachsam verhalten, hieß es in dem gemeinsamen Abschlusskommunique. "Diese Maßnahmen werden helfen, das Risiko exzessiver Schwankungen in Kapitalzuflüssen in aufstrebenden Ländern zu verringern." Außerdem versprachen die Teilnehmer des Treffens, dass sich die G-20 allen Formen protektionistischer Maßnahmen enthalten wollen.
Fragile Erholung
Zwei Jahre nach dem Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise sei die wirtschaftliche Erholung noch fragil, hieß es. Während das Wachstum in vielen aufstrebenden Ländern stark sei, sei das Tempo in zahlreichen fortgeschrittenen Wirtschaftsnationen eher bescheiden.