Gefahr einer Kreditklemme steigt in Euro-Zone
25.09.2009Die Gefahr einer Kreditklemme in der Euro-Zone wird immer realer. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt mitteilte, stagnierte die Kreditvergabe der Banken in den 16 Euro-Ländern nahezu. Die Summe der an Firmen und Haushalte vergebenen Darlehen stieg den EZB-Daten zufolge im August nur noch um marginale 0,1 Prozent. Das ist das kleinste Plus seit Einführung der Statistik 1992. Im Juli waren es noch 0,7 Prozent. Analysten hatten mit einem Plus von 0,3 Prozent gerechnet.
Hinter den nackten Zahlen dürften vor allem rückläufige Investitionen der Unternehmen stehen, da diese in der Krise kaum mehr Geld für neue Projekte ausgeben und deshalb weniger Kredit nachfragen. Analysten und Notenbanker halten mittlerweile eine Kreditklemme aber nicht mehr für undenkbar. So hatte Anfang der Woche bereits die Bundesbank vor einer möglichen Kreditklemme gewarnt, dies allerdings als eher unwahrscheinliches Szenario heruntergespielt. EZB-Ratsmitglied Yves Mersch wollte schwerwiegendere Kreditprobleme für die Zukunft ebenfalls nicht völlig ausschließen: "Wir können (aktuell) keine Kreditklemme sehen, aber wir können sie auf der anderen Seite aber auch nicht ausschließen", sagte der Chef der Luxemburger Zentralbank.
BHF-Chefvolkswirt Uwe Angenendt sagte, er rechne in den kommenden Monaten mit schrumpfenden Zahlen bei den Kreditaggregaten. "Es ist nicht völlig auszuschließen, dass es künftig zu einer Kreditklemme kommen könnte. Ich sehe vor allem ein Risiko, wenn sich die Konjunktur erholen sollte, die Kreditnachfrage von den Banken aber nicht ausreichend bedient werden kann. Die Geldinstitute werden sich wohl zunächst auf sich selbst konzentrieren, da weitere Kreditausfälle drohen und die Kapitalpuffer schwinden."
Ökonom Michael Schubert von der Commerzbank erwartet deshalb, dass die EZB auf der Hut bleibt: Die jüngsten Daten trügen "in keinster Weise dazu bei, die Befürchtungen der EZB zu lindern, dass ein eingeschränktes Angebot die Kreditvergabe immer mehr limitieren könnte." Die EZB sorgt sich, dass die Rezession in den kommenden Quartalen in den Unternehmensbilanzen tiefe Spuren hinterlassen wird und die Banken bei der Kreditvergabe immer strengere Kriterien anlegen. Zudem zwinge die Aufarbeitung der Finanzkrise die Institute dazu, ihre Bilanzsumme radikal zu senken, "was ebenfalls die Kreditvergabe beschränkt".
Einer zu Wochenbeginn veröffentlichten Studie von EZB und EU-Kommission zufolge ist dies bereits der Fall. Demnach haben vor allem kleinere Firmen erhebliche Schwierigkeiten, Kredite zu bekommen. Im ersten Halbjahr sei gut jeder achte Kreditantrag von Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern abgelehnt worden. Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der Wirtschaft in der EU. Sie stehen laut EZB für 99,8 Prozent der Unternehmenslandschaft, 60 Prozent der Umsätze und 70 Prozent der Arbeitnehmer. Im Gegensatz zu Konzernen hängen sie bei ihrer Finanzierung fast ausschließlich von den Banken ab.