Goldman-Sachs-Umfrage

Europas Banken brauchen 29 Milliarden €

06.06.2011


Banken in Griechenland, Spanien und Deutschland brauchen am meisten.

Zur Vollversion des Artikels
© TZ ÖSTERREICH / Niesner
Zur Vollversion des Artikels

Neun europäische Kreditinstitute werden einer Umfrage der US-Bank Goldman Sachs zufolge den Stresstest in der Branche nicht bestehen. Von der amerikanischen Bank befragte Investoren und Hedgefonds gehen im Durchschnitt davon aus, dass der Belastungstest zu einem Rekapitalisierungsbedarf von insgesamt 29 Milliarden Euro bei den Geldhäusern führen werde. Banken in Spanien, Deutschland und Griechenland dürften den höchsten Geldbedarf haben, teilte Goldman am Montag auf Grundlage der Erhebung fest.

32 Prozent der Teilnehmer gingen davon aus, dass Europas Banken als Konsequenz aus den Stresstestergebnissen zehn bis 25 Milliarden Euro an frischem Kapital benötigen werden. 27 Prozent erwarteten weniger als zehn Milliarden Euro Kapitalbedarf. 25 Prozent rechneten mit 25 bis 50 Milliarden Euro als notwendige Refinanzierungssumme. An der Umfrage beteiligten sich 113 Experten. Davon stammten 67 Prozent aus Europa und 27 Prozent aus den USA. 35 Prozent der Umfrageteilnehmer schätzten, dass die Kapitalerhöhungen nach dem Stresstest immer noch nicht genügen werden. Die restlichen 65 Prozent der Befragten sehen die Banken nach den Stresstest-Kapitalerhöhungen ausreichend oder gar überkapitalisiert.

Mit den Ergebnissen des Stresstests für die größten 90 europäischen Banken wird für Anfang Juli gerechnet. Der Test soll die Belastungsfähigkeit der wichtigsten Finanzinstitute in einer Wirtschafts- und Finanzkrise testen, Schwächen einzelner Institute aufzeigen und die Investoren beruhigen. Im vergangenen Jahr hatten sie an der Aussagekraft des Tests gezweifelt, weil nur sieben von damals 91 Instituten durchgefallen waren. Für Unmut sorgt auch in diesem Jahr wieder, dass ein dauerhafter Ausfall europäischer Staatsanleihen aus politischen Gründen nicht Teil der Stress-Szenarien ist. Die Banken hatten die Zahlen Mitte April bei den nationalen Aufsehern abgeben müssen, die sie Ende April nach einer ersten Überprüfung an die neu geschaffene europäische Bankenaufsicht EBA weiterreichten.

Deutsche Bankenaufsicht sieht Stresstests mit Skepsis
Die deutsche Bankenaufsichtsbehörde Bafin hält nicht viel vom laufenden Stresstest für die Institute. Bafin-Chef Jochen Sanio griff in dem am Montag veröffentlichten Jahresbericht die für die Überprüfung zuständige neue europäische Aufsichtsbehörde EBA scharf an. Sie versuche die künftigen Eigenkapitalstandards (Basel III) "auszuhebeln". "Ohne jede gesetzliche Zuständigkeit, geschweige denn Legitimation, hat die EBA eine neue Eigenkapitaldefinition gestrickt, die sowohl die geltende Rechtslage als auch die vom Baseler Ausschuss konzedierten Übergangsfristen für Basel III einfach beiseite schiebt - mit Folgen, die niemand abzuschätzen vermag", sagte Sanio.

Die Verfahrensweise lasse für die Zukunft einiges befürchten. "Es wäre bedauerlich, wenn die europäische Bankenaufsicht gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit in Misskredit geriete." Mit dem Stresstest will die Politik Vertrauen in die Stabilität der Finanzmärkte schaffen. Das war beim ersten Test nicht gelungen. Stattdessen gab es viel Kritik. Die erst zu Jahresbeginn gegründete EBA will nun härter vorgehen. Untersucht wird unter anderem, ob die Banken bei einem Wirtschaftsabschwung und einem Zinsschock genug Kapital haben.

Maßgeblich ist die sogenannte harte Kernkapitalquote von Banken (Core Tier 1), die nicht unter fünf Prozent sinken darf. Nicht dazu zählt sogenanntes Hybridkapital. Dies kann weder dem Eigen- noch dem Fremdkapital klar zugeordnet werden. Dazu zählen etwa Genussscheine, nachrangige Anleihen und die besonders in Deutschland verbreiteten Stillen Einlagen. Deshalb mussten etwa die an den Landesbanken Helaba und NordLB beteiligten beteiligten Bundesländer ihre Einlagen umwandeln, damit die Institute nicht durchfallen.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel