Buwog-Affäre
Grasser erhielt Geheim-Dokument von ÖVP
28.05.2010
Das Protokoll, das der Ex-Finanzminister Mitte Mai zur eigenen Entlastung präsentiert hat, soll ihm unerlaubterweise zugespielt worden sein. Außerdem sucht die Korruptionsstaatsanwaltschaft nach einem Maulwurf, der Hausdurchsuchungen vorab verraten haben soll.
Neue brisante Details zur Causa Buwog aus Politik und Justiz: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser soll ein vertrauliches Protokoll aus dem Rechnungshof-Unterausschuss im Jahr 2003, das er Anfang Mai in einer Pressekonferenz präsentierte, von der ÖVP erhalten haben. Außerdem soll die Korruptionsstaatsanwaltschaft brisante Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat und Amtsmissbrauch führen. Medienberichten zufolge wird ein "Maulwurf" gesucht: Ermittelt wird, ob jemand aus Kreisen der Ermittler wie Justiz, Polizei oder Finanz möglicherweise bevorstehende Hausdurchsuchungen den Verdächtigen verraten habe.
Kennzahl 1
Durch die Vorlage des geheimen Ausschussprotokolls bei
seiner Pressekonferenz sah sich Grasser von den Vorwürfen entlastet, die
sein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter Michael Ramprecht erhoben hatte, wonach
die Buwog-Privatisierung ein "abgekartetes Spiel" gewesen sei. Grasser hat
Ramprecht wegen "Übler Nachrede" geklagt, nächster Verhandlungstermin ist am
10. Juni. Nun hat Nationalratspräsidentin Barbara Prammer nach einer Anfrage
des Grün-Mandatars Dieter Brosz den Klubchefs mitgeteilt, das Protokoll sei
der ÖVP zuzurechnen, weil es die Kennzahl 1 trage. Damals sei jeder Fraktion
eine Kennzahl zugewiesen worden.
"Gefunden"
Laut Geschäftsordnung des Parlaments dürfen
Protokolle aus dem Rechnungshof-Unterausschuss nur jene haben, die ihm
angehören; sie zu veröffentlichen, ist verboten. Grasser hatte bei der
Pressekonferenz gesagt, er habe seine Unterlagen durchforstet und das
Protokoll gefunden. Er war in den Regierungen unter Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel ab Februar 2000 bis Jänner 2007 auf einem ÖVP-Ticket Finanzminister.
Anonymer Hinweis
Die Suche nach einem "Leck" in einer Behörde,
das den Buwog-Verdächtigen bevorstehende Hausdurchsuchungen verraten haben
könnte, hat die Korruptionsstaatsanwaltschaft übernommen. Seit ungefähr zwei
Monaten hat die Korruptionsstaatsanwaltschaft ein Verfahren "mit besonderen
Ermittlungsmaßnahmen" laufen. Angesucht wurde um Rufdatenerfassung, also
Auswertung von Telefongesprächen und E-Mail-Korrespondenz. Tätig wurde die
Korruptions-Staatsanwaltschaft aufgrund einer anonymen E-Mail, auf die sie
aufmerksam gemacht wurde: Darin wurde eine dritte Person auf die
bevorstehenden Hausdurchsuchungen hingewiesen - so wie offenbar andere auch.
Im Zusammenhang mit den über Liechtenstein geflossenen Buwog-Provisionszahlungen wurden im Jänner 15 Hausdurchsuchungen, zwölf in Österreich und drei in Liechtenstein, durchgeführt: Unter anderem bei den Lobbyisten und Grasser-Vertrauten Walter Meischberger und Peter Hochegger sowie beim Immobilienmakler und Ex-Buwog-Aufsichtsratschef Ernst-Karl Plech. Plech war auch Mitglied jener Kommission, die die Aufgabe hatte, ein Investmenthaus für die technische Abwicklung des Verkaufes der Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog) zu suchen.