Die Deutsche und die New Yorker Börse schließen sich zusammen.
Die Deutsche und die New Yorker Börse haben ihre Fusion beschlossen. Die Frankfurter haben das Heft in der Hand, auch wenn sie Zugeständnisse machten. Die Deutsche Börse steigt mit ihrer Partnerin zur Nummer eins in der Welt der Aktien auf: Am Dienstag haben die Börsenbetreiber in Frankfurt und New York ihre Fusion beschlossen. Die Deutsche Börse wird dabei die Rolle des Seniorpartners übernehmen. "Diese Transaktion bringt zwei der am meisten respektierten und erfolgreichsten Börsenbetreiber der Welt zusammen", sagte Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni am Dienstag.
19,2 Mrd. Euro Marktwert
Der neue Börsenriese mit einem Umsatz von zusammen 4,1 Mrd. Euro und einem Marktwert von rund 26 Mrd. Dollar (19,2 Mrd. Euro) werde globaler Marktführer im Derivatehandel, Risiko-Management, sowie der bekannteste und größte Börsenplatz für Aktienplatzierungen und Aktienhandel sein. Die Altaktionäre der Deutschen Börse sollen 60 Prozent der Anteile, die der NYSE Euronext 40 Prozent halten. Eine NYSE-Euronext-Aktie soll in 0,47 Aktien der neuen Gesellschaft getauscht werden. Kreisen zufolge sieht die Einigung einen zehnprozentigen Aufschlag auf den Aktienkurs der NYSE Euronext vor. Der amerikanische Marktbetreiber werde damit mit gut 10 Mrd. Dollar bewertet.
Stoßrichtung Asien
Die Aufsichtsgremien der Deutschen Börse und der New York Stock Exchange oder kurz NYSE Euronext hatten am Nachmittag in Frankfurt beziehungsweise in der Früh in New York getagt und ihr Okay gegeben. Eine Stoßrichtung der beiden neuen Partner sind die boomenden asiatischen Märkte.
Aktionäre der Deutschen Börsen halten 60 Prozent
Die Aktionäre der nach Börsenwert gewichtigeren Frankfurter werden wie erwartet 60 Prozent am neuen gemeinsamen Unternehmen halten, das seinen rechtlichen Sitz in den Niederlanden findet. Die deutsche Seite bekommt auch 10 der 17 Posten im Verwaltungsrat. Dafür stellen die New Yorker von der Wall Street mit Duncan Niederauer den ersten Konzernchef. Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni wird wie geplant Vorsitzender des Verwaltungsrats. Aus dem aktuellen Anlass wurde die Bilanz-Pressekonferenz der Deutschen Börse an diesem Mittwoch abgesagt.
Streit um Namen
Die beiden Börsenbetreiber hatten in der vergangenen Woche ihre Fusionsgespräche öffentlich gemacht und dabei auch bereits Eckpfeiler des Zusammengehens festgelegt. Als Streitpunkt erwies sich bis zuletzt die Frage des Namens. Vor allem Politiker in den USA pochten auf eine Betonung von New York als Symbol des amerikanischen Kapitalismus. Die einzelnen Handelsplätze sollen nun ihre Bezeichnungen behalten, auch die Zentralen in Frankfurt und New York bleiben. Arbeitstitel für die Dachgesellschaft ist "The Premier Global Exchange Group", wie es aus der Deutschen Börse hieß.
Fusion 2008 gescheitert
Bereits 2008 hatte die beiden Börsenbetreiber einen Anlauf zu einer Fusion genommen, waren aber gescheitert. Der zunehmende Wettbewerb - auch durch alternative Handelsplattformen - veranlasst die Konzerne aber zum Bündeln ihrer Kräfte. Erst in der vergangenen Woche hatten die Börsen in London und Toronto ihren Zusammenschluss angekündigt.
Abschluss bis Jahresende
Bis Ende dieses Jahres soll die Fusion von Deutscher Börse und NYSE Euronext abgeschlossen sein. Allerdings müssen noch Aktionäre sowie Aufsichtsbehörden in beiden Ländern dem Vorhaben ihren Segen geben. Die hessische Börsenaufsicht hat bereits eine genaue Prüfung angekündigt. Möglich ist auch, dass eine konkurrierende Börse ein Gegenangebot vorlegt. Am Montag und Dienstag hatten Gerüchte über ein mögliches Angebot der Chicagoer CME Group die Runde gemacht. Allerdings signalisierte die CME selbst, dass sie eher auf Wachstum aus eigener Kraft setzt.
Kostensenkung
Durch das Ausklammern kritischer Punkte wollen die beiden Fusionspartner erst einmal verhindern, dass die Megafusion von Frankfurt und New York wie beim letzten Anlauf scheitert. So ist neben dem Namen auch noch unklar, wie genau die Kosten gesenkt und welche Technologien bevorzugt würden. Doch den beiden Börsenbetreibern bleibt kaum eine andere Wahl, als sich zusammenzuraufen: Steigender Kostendruck und zunehmende Konkurrenz von alternativen Handelsplattformen, die ihnen mit günstigen Preisen die Butter vom Brot nehmen, zwingen die Börsen zu einem Schulterschluss. Auch an anderen Handelsplätzen wird deshalb fieberhaft an Zusammenschlüssen gefeilt: So kauft die Londoner LSE die kanadische TMX, die Konkurrenz aus Singapur buhlt um die australische ASX.
Anleger wenig begeistert
Die Anleger zeigten sich wenig begeistert: Die Aktien der Deutschen Börse rutschten um 1,7 Prozent ins Minus auf 60,27 Euro, die der NYSE an der New Yorker Wall Street um über drei Prozent auf 38,05 Dollar. Nur die zeitweise vom Handel ausgesetzten NYSE Euronext-Aktien in Paris lagen rund ein Prozent höher.