Bei Banken stehen wegen der Krise Zehntausende Stellen auf der Kippe.
Die Schatten der Euro-Schuldenkrise reichen über den Atlantik: Die US-Großbank JPMorgan Chase bekommt die Flaute im Investmentbanking deutlich zu spüren. Die Erlöse im Kapitalmarkt-Geschäft schrumpften im dritten Quartal um fast ein Drittel, obwohl die Bank sich weltweit auf Platz eins der größten Investmentbanken behauptete. Unternehmen zögern wegen der Unsicherheit mit Übernahmen oder Kapitalerhöhungen. Im Handel mit Aktien und Anleihen büßte die Bank 14 Prozent ein. In den nächsten eineinhalb Jahren sollen nun 1.000 Investmentbanker gehen, wie Vorstandschef Jamie Dimon am Donnerstag ankündigte. Bei Banken stehen wegen der Krise Zehntausende Stellen auf der Kippe.
Nur ein technischer Bilanzeffekt hielt den Gewinnrückgang in Grenzen: Das Nettoergebnis sank nur um vier Prozent auf 4,3 Mrd. Dollar (3,13 Mrd. Euro). Ohne Sondereffekte hätte JPMorgan rund ein Viertel weniger verdient als ein Jahr zuvor. Die Anleger gaben ihm die Quittung: Die JPMorgan-Aktie rutschte zum Handelsstart um 3,5 Prozent auf 31,86 Euro ab und riss die Papiere anderer Investmentbanken mit nach unten.
Die Zahlen sind schlechte Vorzeichen für die Konkurrenten, die nächste Woche über das dritte Quartal berichten wollen. "Der zugrundeliegende Trend ist ziemlich gedämpft für JPMorgan, und ich sehe keinen Grund, warum das bei Goldman oder Morgan Stanley anders sein sollte", sagte Analystin Nancy Bush von SNL Financial.
Ein paradoxer Bilanzeffekt hübschte die Bilanz von JPMorgan allein um 1,9 Mrd. Dollar auf. Die Bank darf ihre eigenen Verbindlichkeiten - etwa Derivate - in ihren Büchern geringer bewerten, weil die Anleger im Vergleich zu US-Staatspapieren höhere Risikoaufschläge dafür zahlen. Ähnliche Entwicklungen bei ihren Kunden kosteten die Bank fast 700 Mio. Dollar Abschreibungen. Ohne Sondereffekte wäre der Gewinn um rund ein Viertel gesunken, im Investmentbanking wäre weniger als eine Milliarde Dollar übrig geblieben. Im Private-Equity-Geschäft verlor JPMorgan durch Wertverluste ihrer Investments mehr als eine halbe Milliarde Euro.
Aktien-Rückkauf
Ein milliardenschwerer Aktienrückkauf besänftigte die Investoren etwas: Im dritten Quartal kaufte JPMorgan eigene Papiere für 4,4 Mrd. Dollar - mehr als sie verdient hatte. "Das zeigt ein gewisses Selbstvertrauen. Sie erwarten keine Liquiditätsklemme", sagte Chefstratege David Dietze von Point View Wealth Management. "Wir haben riesige Mengen an Kapital", sagte Dimon vor Analysten.
Mut macht Dimon ein Kreditwachstum von einem Prozent. Die US-Konjunktur entwickle sich besser als gedacht: "Die Erholung ist noch da", sagte er. Die vor der Finanzkrise vergebenen Hypothekenkredite, die die Häuslebauer nicht mehr zurückzahlen können, belasten die Bank aber weiter. Rechtsstreitigkeiten kosteten JPMorgan allein im dritten Quartal eine Milliarde Dollar. Und Dimon rechnet nicht mit einem deutlichen Rückgang der Ausfallraten.