OLG muss entscheiden
Immofinanz: Einspruch gegen Anklage
04.01.2012
Petrikovics-Anwälte werfen Staatsanwaltschaft einseitige Ermittlungen vor.
In der Causa Immofinanz hat Ex-Chef Karl Petrikovics wie angekündigt Einspruch gegen die erste Teilanklage der Staatsanwaltschaft Wien erhoben. Seine Anwälte Wolfgang Brandstetter und Otto Dietrich begründeten dies am Mittwoch in einer Aussendung mit "zahlreichen Fehlern in der Anklage selbst, vor allem aber mit schweren Unzulänglichkeiten im Vorverfahren". Sie werfen der Anklagebehörde einseitige und unvollständige Ermittlungen vor.
Petrikovics und vier weitere Beschuldigte - für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung - sind im Zusammenhang mit Aktienoptionsgeschäften u. a. wegen Untreue angeklagt; sie sollen einen Schaden von rund 32 Mio. Euro angerichtet haben.
Die Frist für Einsprüche gegen die Teilanklage ist heute um 0 Uhr abgelaufen. Da das Poststempeldatum vom 3. Jänner gilt, ist es theoretisch möglich, dass in Kürze noch weitere Einwände beim Landesgericht Wien einlangen. Bis dato liegt aber nur Petrikovics' Antrag auf Zurückweisung der Anklageschrift vor, wie Gerichtssprecher Christian Gneist der APA am Mittwoch bestätigte. Der Akt wandert nun zum Oberlandesgericht (OLG) Wien. Wie lange die Entscheidung über die Anklage bzw. den Einspruch dauert, ist unklar.
Petrikovics' Rechtsvertreter orten in der Anklage zahlreiche Mängel. "Wesentliche Beweisanträge wurden bis dato schlicht ignoriert, von einer sachlichen und für eine Hauptverhandlung bei Gericht ausreichenden Aufbereitung der Materie kann keine Rede sein", behaupten sie. Es wäre "für alle Prozessbeteiligten unzumutbar, erst in der Hauptverhandlung mit ungleich größerem Aufwand all das nachholen zu müssen, was die Staatsanwaltschaft im Vorverfahren verabsäumt hat." Statt die offenen Beweisanträge und Ermittlungsschritte zu erledigen, habe man sich in eine "vorschnelle Anklage" geflüchtet - "vielleicht auch, um weiteren Rechtsmitteln gegen die Nichtbehandlung von Beweisanträgen und auch weiteren Beweisanträgen zuvorzukommen."
Ex-Immofinanz-Manager Thornton indes will sich "der Hauptverhandlung stellen und in Richtung nicht schuldig plädieren", sagte sein Strafverteidiger Lukas Kollmann der "Wiener Zeitung" (Mittwoch). "Der damalige Informationsstand und die damaligen Hintergründe waren für Herrn Thornton massiv anders gelagert als nach der Durchsicht des Strafaktes." Thornton sei mit "Nicht-Informationen" versorgt worden, so sein Anwalt.
Neben Petrikovics, Thornton und Schwager sind noch Ex-Vorstand Norbert Gertner und der ehemalige Steuerberater Ernst Hable angeklagt. Alle fünf haben die Vorwürfe bisher bestritten.